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Küstenfilz

Küstenfilz

Titel: Küstenfilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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Protokoll nehmen. Am besten ist es, Sie warten noch ein
wenig, bis die Kripo da ist.«
    »Kripo?«, fragte der Mann erstaunt.
    »Reine Routine«, sagte der Polizist. »Wenn der Wagen
geklaut und von den Dieben hier in Brand gesteckt wurde, interessiert das die
Kriminalpolizei.«
    »Donnerlüttchen. Natürlich hab ich noch Zeit. Is ja
Bürgerpflicht, in so ‘n Fall zu helfen, nich wahr?«
    Eine Weile später traf Frauke Dobermann mit ihrem Team
ein. Die Hauptkommissarin sah überarbeitet aus. Die Ringe unter ihren Augen
fielen aber nicht auf, auch wenn die Feuerwehr den Brandort gut ausgeleuchtet
hatte. Die Polizei konnte die Neugierigen zwar nicht ganz vertreiben, hatte sie
aber so weit zurückgedrängt, dass die Menschen den verbrannten Körper nicht
sehen konnten.
    Nahezu zeitgleich war auch Klaus Jürgensen mit seinen
Kriminaltechnikern angekommen.
    »Schon wieder so eine ›Iihh-Bähh-Leiche‹«, fluchte der
Hauptkommissar. »Warum immer ich?«
    Nachdem sie einen Sichtschutz aufgebaut hatten,
begannen die Männer in den weißen Schutzanzügen mit ihrer Arbeit, während der
Zeuge Frauke Dobermann gegenübersaß und mit wichtiger Miene seine Beobachtungen
erneut erzählen durfte.

FÜNF
    Das Hoch »Hektor«
hielt sich hartnäckig. Ein mildes, sonniges Frühlingswetter erfreute schon seit
Tagen die Menschen und schenkte ihnen das Lebensgefühl, das man gern mit dem
»Wonnemonat Mai« verbindet. Eine leichte Brise wehte von Nordwest herüber und
streichelte mehr das Grün der Bäume, als dass sie es in Bewegung setzte.
Irgendwie roch es nach Wasser, aber ohne den für die Westküste typischen
Salzgeschmack.
    Lüder hatte das
Fenster in seinem Büro geöffnet, genoss den Kaffee aus dem großen Henkelbecher
und blätterte die Morgenpresse durch. Natürlich war das Entführungsdrama immer
noch eine Erwähnung auf der ersten Seite wert, es hatte aber in der
Boulevardzeitung der Schlagzeile »Warum isst der Ministerpräsident keinen
Hering mehr?« weichen müssen. Daneben war eine Fotomontage abgebildet, die den
weißbärtigen Landesvater zeigte, wie er einen Hering betrachtete. Lüder legte
die Zeitung zur Seite. Er verspürte nicht die geringste Neugierde zu erfahren,
ob und warum der erste Mann im Land seine Essgewohnheiten geändert haben
sollte. Wenn das unsere Probleme wären, dachte er, dann wären wir ein
glückliches Völkchen.
    Davon war die
Familie Joost weit entfernt. Und deren Kinder durchlebten sicher alles andere
als glückliche Tage.
    Lüder rief in
Flensburg an. Dort erhielt er aber nur die Auskunft, dass Frauke Dobermann
nicht im Büro sei. Auf ihrem Handy meldete sich nur die Mobilbox. Er hinterließ
die Nachricht, dass sie ihn bitte zurückrufen möge.
    In der Sache des
verschwundenen Staatssekretärs war er noch nicht weitergekommen. Er beschloss,
das Wirtschaftsministerium aufzusuchen und sich dort umzuhören.
    Die Fahrt zum
Düsternbrooker Weg war kurz. Dort, an der Förde, lagen das Landeshaus und eine
Reihe der Ministerien wie an einer Perlenkette aufgereiht. War es schon
schwierig, die Eingangskontrolle zu überwinden, gestaltete sich die Suche nach
einem Ansprechpartner als aussichtsloses Unterfangen. Lüder war enttäuscht. Das
nördlichste Bundesland war sonst ein Musterbeispiel für bürgernahe Verwaltung
und eine volkstümliche Politik, aber heute hatte er keinen Erfolg. Niemand
erklärte sich für zuständig oder kompetent, ihm Auskünfte zu erteilen. Lüder
bat schließlich um einen Termin beim zweiten Staatssekretär. Das ließ sein
Gegenüber aufhorchen.
    »Beim
Staatssekretär?«, wiederholte der Beamte.
    »Ja, und zwar
kurzfristig. Ich bin im Auftrag des Ministers unterwegs, und wenn wir nicht
sehr schnell zu einem Ergebnis kommen, wird es sicher unangenehme Folgen haben.
Wie war Ihr Name?«
    Der Mann zuckte
zusammen, unterließ es aber, seinen Namen zu nennen. Stattdessen griff er zum
Telefon und führte ein paar Gespräche.
    »Der Herr
Staatssekretär kann Sie leider nicht empfangen«, fasste er das Ergebnis seiner
Bemühungen zusammen. »Aber wenn Sie mit dem Abteilungsleiter für Technologie
und Energie sprechen möchten …?«
    Lüder sah
demonstrativ auf seine Uhr. »Wenn es in den nächsten zehn Minuten geschieht –
ja. Sonst werde ich meinen Bericht über die mangelhafte Mitwirkung des Hauses
an den Minister abfassen.«
    Der Beamte
schluckte, zog sich sein Sakko über und bat Lüder, ihm zu folgen. Er führte ihn
zum Vorzimmer des Abteilungsleiters. Eine junge Frau mit

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