Küstenfilz
blonden Strähnen im
nussbraunen Haar bat Lüder um ein wenig Geduld.
Etwa zehn Minuten
später öffnete sich die Tür, und zwei Männer verließen das Büro.
Ein grau melierter
Endvierziger im mausgrauen Anzug und mit dunkler Hornbrille schüttelte einem
hochgewachsenen Mann die Hand.
»Auf Wiedersehen,
Herr Buurhove«, verabschiedete der Abteilungsleiter seinen Gast. Der warf Lüder
einen kurzen Blick zu, konzentrierte sich dann aber wieder auf den leitenden
Beamten.
Lüder musterte den
Besucher. Der Mann war in einen dunkelblauen Maßanzug gekleidet. Ein farblich
darauf abgestimmtes Hemd mit dem Signet eines Edelschneiders passte ebenso
hervorragend dazu wie die tadellos gebundene Krawatte mit dem dezenten
Streifenmuster. Die Füße steckten in handgenähten Schuhen. Unter dem linken Arm
hielt der Mann eine schwarze Ledermappe. Am meisten beeindruckte Lüder aber der
Kopf. Der war rundum von einer gesunden Bräune, die mehr nach der sorgfältigen
Arbeit eines Maskenbildners aussah als nach südlicher Sonne. Besonders markant
war die maskulin wirkende Glatze, die von der Sonne verwöhnt war.
»Ich danke Ihnen für
das offene Gespräch. Wir bleiben in Verbindung«, sagte der Mann zum
Abteilungsleiter, verbeugte sich leicht und verließ, ohne die anderen Personen
im Raum eines Blickes zu würdigen, das Zimmer.
Der Abteilungsleiter
wandte sich nun Lüder zu und reichte ihm die Hand.
»Diedrichsen«,
stellte er sich vor. Lüder hatte auf dem Schild im Flur gelesen, dass
Diedrichsen promoviert hatte.
»Guten Tag, Herr Dr.
Diedrichsen«, erwiderte er. »Mein Name ist Lüders. Ich komme vom Landeskriminalamt.
Es geht um einen Fall, an dem Ihr Minister ein besonderes Interesse hat.«
»Kommen Sie bitte«,
bat Dr. Diedrichsen und legte seine Hand auf Lüders Rücken, um ihn sachte in
sein Büro zu schieben. Auf dem Besprechungstisch waren zwei gebrauchte Tassen
sowie eine silberfarbene Thermoskanne abgestellt. Auf einem Tablett fanden sich
Zucker, Milch und eine Keksauswahl.
Bevor Lüder einen
Blick auf die Notizen, die sich der Abteilungsleiter handschriftlich
angefertigt hatte, werfen konnte, räumte Dr. Diedrichsen die Unterlagen zur
Seite und legte sie auf seinen übergroßen Schreibtisch. Das Büro war stilvoll,
aber praktisch eingerichtet. Durch das Fenster hatte man einen herrlichen Blick
auf die Förde und die Schwentinemündung. Am gegenüberliegenden Ufer ragten der
hohe Schornstein und die Anlagen des Kraftwerks in den Himmel. Im Ostuferhafen
wurde ein Ro-Ro-Schiff beladen. Der Blick zum Ostufer wurde ihm genommen, als
die Norwegenfähre »Color Fantasy« majestätisch am Fenster vorbeizog.
»Es besteht seitens
der Landesregierung Interesse, einen Kontakt zu Dr. Windgraf herzustellen«,
stapelte Lüder hoch. »Ich bin mit diesem Vorgang betraut.«
»Aha«, war Dr.
Diedrichsens ganzer Kommentar.
»Ich suche nach
Anhaltspunkten, wo sich Ihr ehemaliger Chef aufhalten könnte.«
Der Abteilungsleiter
spitzte seinen Mund, bevor er antwortete. »Ich habe mit Herrn Windgraf eng und
vertrauensvoll zusammengearbeitet. Das ging aber nicht so weit, dass wir
Vertraulichkeiten ausgetauscht hätten. Sein Rücktritt hat mich genauso überrascht
wie seine temporäre Abwesenheit.«
»Kennen Sie
politische Freunde, die etwas über den derzeitigen Aufenthaltsort von Windgraf
wissen könnten?«
»Ich sagte schon,
dass es keinen persönlichen Draht zum Staatssekretär gab. Politische Freunde,
wie Sie es nennen, sind mir schon gar nicht bekannt. Wir sind eine Behörde, und
ich bin Beamter. Da gibt es keine parteipolitisch geprägten Beziehungen.«
Lüder musterte Dr.
Diedrichsen. Diese Aussage wollte er ihm nicht abnehmen.
»Kennen Sie den
Grund, weshalb Dr. Windgraf für alle überraschend zurückgetreten ist?«
»Darüber wird hier
im Ministerium viel spekuliert«, wich der Abteilungsleiter aus.
»Was erzählt man
sich so?«
»Da es nichts
Fundiertes ist, weigere ich mich, Gerüchte weiterzutragen.«
»Die würden mich
aber dennoch interessieren.«
Doch Dr. Diedrichsen
blieb hartnäckig. »Es ist nicht meine Art, unbestätigten Tratsch zu
verbreiten.«
»Woran hat Dr.
Windgraf aktuell gearbeitet?«, wechselte Lüder das Thema.
»Ein Staatssekretär
beschäftigt sich mit vielen Dingen.«
»Konkret?«
»Viele.«
»Gibt es ein
besonders herausragendes Projekt, das Dr. Windgraf am Herzen lag?«
Dr. Diedrichsen sah
demonstrativ auf seine Uhr. »Ich fürchte, in diesem Punkt bin ich nicht der
richtige
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