Kullmann
Turnierreiter, war zum A-Kader nach Warendorf nominiert worden. Allerdings waren seine beiden Pferde gesundheitlich nicht in Ordnung. Bei einem lautete die Diagnose: Hufrolle an beiden Vorderbeinen. Damit kann kein Pferd mehr springen, weil es immer Schmerzen hat. Also hat Helmut Keller eine Nervenschnittbehandlung an beiden Vorderbeinen durchführen lassen, weil das Pferd außergewöhnliche Springqualitäten besaß und somit auch eine Kapitalanlage darstellte. Durch diese Behandlung verspürt das Pferd keine Schmerzen mehr. Das ist verboten!«
Kullmann verstand nicht alles, was Erik da von dieser Pferdekrankheit erzählte. Aber er ließ den Kollegen weiterreden, weil er bestimmt noch auf den Punkt zu sprechen kommen würde, den Kullmann besser verstand.
»Sein zweites Pferd – ebenfalls ein sehr wertvolles Springpferd– litt am Kissing-Spines-Syndrom. Das bedeutet, dass die Dornfortsätze der einzelnen Wirbel sich bei jeder Bewegung aneinander reiben. Das Pferd konnte sich nicht schmerzfrei bewegen und bekam ständig schmerzstillende Medikamente, die unter Doping fallen!«
»Und was hat das mit Biehlers Mörder zu tun?«, fragte Kullmann nun, weil er immer noch nicht verstand, worauf er mit diesem Vortrag hinauswollte.
»Peter Biehler hat beobachtet, wie der Tierarzt am Stall die Untersuchungen durchführte. Daraufhin hat er Helmut Keller in Warendorf angezeigt. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung in Warendorf hat auf diese Anzeige hin die Pferde untersuchen lassen und die Diagnosen bestätigt. Helmut Keller wurde aus dem A-Kader gestrichen und für sämtliche Turniere bundesweit gesperrt. Er musste seine beiden Pferde, die sein Kapital waren, einschläfern lassen«, antwortete Erik.
»Oh!«, staunte Kullmann. »Jetzt verstehe ich, was Sie meinen. Mit dieser Anzeige hat Peter Biehler Helmut Kellers Existenz zerstört!«
»Ganz genau, weil Helmut Keller vom Reitsport gelebt hat«, stimmte Erik zu.
Kullmann grübelte eine Weile, bis er anfügte: »Jetzt erinnere ich mich auch wieder ganz klar und deutlich an die Befragung, die Anke direkt nach Peter Biehlers Ermordung mit Helmut Keller durchgeführt hatte. Auf ihre Erklärung hin, dass sie jeden befragte, der Peter Biehler gekannt hat, um festzustellen, ob ein Motiv vorliege, reagierte Helmut Keller auf eine Art und Weise, die völlig untypisch für die Situation war.«
»Was hat er denn gesagt?«, fragte Erik.
»Er sagte: Hier im Stall hatte wohl jeder ein Motiv, dieses verräterische Schwein um die Ecke zu bringen , was für einen Reiterkollegen, der einem gelegentlich in die Quere geritten ist, reichlich übertrieben erscheint«, berichtete Kullmann.
»Wie hat er diese Beschuldigung erklärt?«
»Er versuchte sich herauszureden, indem er Robert Spengler vorschob, den Peter Biehler angeblich wegen Sterbehilfe anzeigen wollte!«
Erik nickte, weil er über diesen Sachverhalt bestens informiert war: »Nach unseren neuesten Erkenntnissen hat sich Helmut Keller mit genau diesen Worten verraten.«
»Und ist vermutlich der Trittbrettfahrer, der den Mord an Peter Biehler genauso aussehen ließ wie den Mord an Walter Nimmsgern. Verdammt raffiniert!«, ergänzte Kullmann.
Erik nickte, doch plötzlich stieß Kullmann entsetzt aus: »Ich habe Anke nirgends erreichen können. Mit Sicherheit ist sie heute völlig ahnungslos an den Stall gefahren, um reiten zu gehen. Hoffentlich hat Helmut Keller noch nicht erfahren, dass der Polizistenmörder nicht der Mörder von Peter Biehler ist!«
»Sehr unwahrscheinlich. Im Radio hört man sonst nichts; und im Fernsehen bringen sie es in allen Kanälen!«, widersprach Erik.
Erneut wählte Kullmann Ankes Handynummer und wieder hörte er den Spruch »Versuchen Sie es später wieder«, was bedeutete, dass sie ihr Handy nicht eingeschaltet hatte. Auch unter ihrer Telefonnummer zu Hause konnte er sie nicht erreichen. Das konnte ihm nicht gefallen, da stimmte was nicht, das musste er sofort überprüfen. Eine dumpfe Ahnung überkam ihn, Anke könne sich in Bedrängnis befinden.
Schnell eilten sie los. Doch Kullmanns Brille fiel von seinem Kopf und landete genau vor seinen Füßen. Schimpfend hob er sie auf, legte sie auf den Schreibtisch und folgte Erik zum Dienstwagen, mit dem sie sich so schnell wie möglich auf den Weg zum Stall machten.
*
Mit letzter Kraft versuchte Anke, sich gegen Helmut Kellers stahlharten Griff zu wehren, aber ihre Kräfte verließen sie. Ihr wurde schwindelig, und je mehr sie sich anstrengte, umso
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