Kultur 08: Der Algebraist
zwischen zwei Atmosphärebändern. Doch
dabei schien es sich eher um ein Extremsportereignis in großem
Stil zu handeln als um einen richtigen Krieg oder das, was Lusiferus
darunter verstand. Es war alles nur ein Spiel.
Man würde ja sehen, ob es ihm gelang, sich die
gebührende Beachtung zu verschaffen. Die Konferenzteilnehmer
hingen über der spektakulären Aussicht, als wollten sie
gleich abstürzen. Darüber patrouillierte Lusiferus’
Leibwache in Exoskeletten, die gepolsterten Klauenfüße
lautlos, aber in präzisem Marschtritt aufsetzend, auf einem Netz
von Laufstegen.
»Kommen wir zur Sache«, sagte Lusiferus, dem der
lustlose Austausch von Belanglosigkeiten schon viel zu lange dauerte.
»Wir wollen den Seher Fassin Taak«, erklärte er den
Dwellern. »Genauer gesagt, wir wollen gewisse Informationen,
nach denen er dem Vernehmen nach seit einiger Zeit sucht.«
»Was denn für Informationen?«, fragte Chintsion.
Der ›Club‹-Chef erwies sich bislang als der
gesprächigste von den drei Dwellern. Sein riesiger Schutzanzug
hing, von unten schwach angestrahlt vom gallig gelben Widerschein des
Planeten, in einer Sitzschlinge über der flachen Wölbung
aus Diamantfolie. Der Anzug war grau mit einem Muster aus grellrosa
Winkeln.
»Wir sind nicht befugt, diese Frage zu beantworten«,
erklärte Lusiferus.
»Wieso denn nicht?«, fragte der Gelehrte Feurich. Sein
Schutzanzug war von einem schmutzigen Weiß.
»Ich kann es Ihnen nicht sagen.« Lusiferus hob die
behandschuhte, beringte Hand. »Bitte fragen Sie nicht weiter.
Akzeptieren Sie es einfach.«
Die Dweller schwiegen. Wahrscheinlich verständigten sie sich
untereinander durch Signale. Seine Techniker hatten ihn davor gewarnt
und versucht, die Sitzschlingen so zu platzieren, dass die Aliens
nicht auf diese Weise in Verbindung treten konnten. Doch die Dweller
hatten sofort heftig protestiert, als sie die Anordnung der Sitze
sahen, hatten unermüdlich an den Schlingen gezerrt und sogar
versucht, sie nach ihren Wünschen neu zu konfigurieren und in
eine andere Position zueinander zu bringen. Lusiferus hatte, mit
seinen Diamantzähnen knirschend, den Technikern bedeutet, den
Dwellern behilflich zu sein, und abgewartet, bis seine Gäste
zufrieden gestellt waren.
Endlich saßen alle in einem großen Kreis. Mehr als die
Hälfte belegten die Dweller, der Hierchon und seine Hand voll
Ratgeber, der Rest blieb für die Menschen einschließlich
des Archimandriten und andere Spezies.
»Wir wissen nicht, wo Seher Fassin Taak ist«, wandte
sich Chintsion an Lusiferus. »Ich hörte, er wolle in eine
Stadt namens Eponia in der Nördlichen Polar-Region. Aber das war
nur ein Gerücht.«
»Eponia?«, fragte Peripule, der dritte Dweller. Sein
Schutzanzug glänzte in einem satten Braun und hatte
seetangähnliche Rüschen. »Nach meinen Informationen
wurde er in Deilte gesehen.«
»In Deilte?«, fragte Chintsion verächtlich.
»Zu dieser Jahreszeit?«
»Er ist ein Alien«, sagte Peripule. »Er hat keine
Ahnung von Modetrends.«
»Erstens«, entgegnete Chintsion, »hat er einen
Aufpasser, und…«
»Meine Herren«, mahnte Lusiferus. Die drei Dweller
fuhren scheinbar erschrocken zurück.
»Der Archimandrit Lusiferus ist ein viel beschäftigter
Mann«, dröhnte der Hierchon Ormilla. »Gespräche
darüber, welche Städte in Nasqueron zu welcher Jahreszeit
in Mode sind, sollten nicht in, sondern zwischen den Sitzungen
geführt werden.«
»Klein-dweller« wandte sich Chintsion an den Hierchon,
»wir sind bemüht, den Aufenthaltsort dieses Taak
festzustellen, um deinen neuesten Herren einen Gefallen zu tun,
obwohl deren Regime wahrscheinlich von geradezu lächerlicher
Kürze sein wird. Der…«
Lusiferus hörte nicht mehr hin. Er wandte sich zu Tuhluer um,
der seitlich dicht hinter ihm saß, und schaute ihm in die
Augen. Tuhluer hielt seinem Blick stand. Lusiferus sah, wie er
schluckte, aber er schlug die Augen nicht nieder. Das hatte Tuhluer
bisher noch nie gewagt. Lusiferus beugte sich etwas näher zu ihm
und sagte leise: »Verzweifelte Zeiten verlangen verzweifelte
Maßnahmen, Tuhluer.«
Sein Adjutant schaute zu Boden, dann nickte er und tippte Befehle
in seinen Handschuh. Der Archimandrit drehte sich wieder um und
schaute nach vorne.
Ein dumpfer Schlag war zu hören, eine Sekunde später
folgte ein zweiter, dann, wie das Ticken einer großen Uhr, ein
dritter.
Die beiden Peregale von Ulubis, alte Männer namens Tlipeyn
und Emoerte, suchten die Dweller mit Schmeicheleien
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