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Kurschattenerbe

Kurschattenerbe

Titel: Kurschattenerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Neureiter
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an sich herunter. Sie war bis auf die Haut durchnässt. Das Gewitter hatte sich zwar so rasch wie es gekommen war wieder verzogen, dafür prasselte der Regen unaufhörlich auf sie herab. Auch das Laub der Bäume bot keinen ausreichenden Schutz. Am besten, sie radelte zurück ins Hotel und nahm endlich die Dusche, die sie sich längst hatte gönnen wollen.
    Bei dem Gedanken, den steilen Weg auf der gegenüberliegenden Flussseite wieder hinaufradeln zu müssen, graute Jenny. Der durch das Laub und das Regenwasser glitschig gewordene Asphalt machte die Sache nicht einfacher. Sie verspürte ein Frösteln. Es hatte merklich abgekühlt.
    Missmutig und am ganzen Körper zitternd wendete sie ihr Rad. Plötzlich kam ihr eine Idee. Hatte sie nicht gestern in der Gilf einen Geräteschuppen gesehen? Mit einem Mal erinnerte sie sich wieder an die Hütte. Die Aussicht, dort das Ende des Regens abzuwarten, schien Jenny verlockend. In der Hütte war es mit Sicherheit wärmer. Und selbst wenn der Schuppen verschlossen sein sollte, würde sie zumindest das Vordach vor der Nässe schützen.
    Ja, der Schuppen war in ihrer jetzigen Lage eindeutig die beste Option. Rasch war sie unterwegs in Richtung Gilf.
    Obwohl es Nachmittag war, wirkte die Umgebung düster. Jenny bezweifelte beinahe, den Schuppen bei diesen Lichtverhältnissen zu finden, doch plötzlich sah sie durch die Blätter den niederen Holzbau. Sie schob das Rad durch das dichter werdende Buschwerk auf den Eingang zu. Im Näherkommen fielen ihr zwei Räder auf, die an einer der Außenwände lehnten. Umso besser. Sie war nicht die Einzige, die hier Schutz vor dem Regen suchte. Dass sie im Freien niemanden sah, konnte nur bedeuten, dass die Tür offen war. Sie wollte auf den niedrigen Eingang zugehen, blieb jedoch abrupt stehen. Durch die halb geöffnete Tür konnte sie einen Mann erkennen, der sich über eine Frau beugte. Störte sie etwa jemanden beim Liebesspiel?
    Lenz und Viola waren die ersten beiden Namen, die Jenny in den Sinn kamen. Sie schalt sich in Gedanken. Das war absurd. Lenz hätte sie wohl kaum angerufen, wenn er vorgehabt hätte, sich mit Viola auf ein Schäferstündchen zu treffen. Sie konnte der Versuchung nicht widerstehen, nachzusehen, wer sich da im Schuppen aufhielt. Darauf bedacht, kein Geräusch zu verursachen, schlich sie näher. Der Mann hatte ihr den Rücken zugewandt. Dafür konnte sie die Frau deutlicher erkennen. Jenny kniff zweimal die Augen zusammen. Sah sie Gespenster? Nein, das war tatsächlich Viola. Und der Mann, der Mann …
    Jenny stockte der Atem. Die drahtige Gestalt mit dem kurzen Pferdeschwanz im Nacken gehörte eindeutig Tony Perathoner. Wie kam er hierher? Er war doch zusammen mit Beppo festgenommen worden. Ganz offensichtlich war er wieder auf freiem Fuß …
    Arme Kateryna, dachte Jenny gerade, als sie plötzlich gewahr wurde, dass es sich hier keineswegs um ein Liebesspiel handelte. Viola hatte die Augen nicht in Ekstase aufgerissen, nein, sie waren Schreck geweitet. Der Mann hatte seine Hände um den Hals der Frau gelegt, die verzweifelt versuchte, sich aus dem Würgegriff zu befreien.
    Jenny schlug die Hand vor den Mund, um nicht laut aufzuschreien. Was sollte sie tun? Sich auf Tony stürzen und riskieren, dass sie sein nächstes Opfer wurde? Jenny sah sich nach einem Gegenstand um, mit dem sie sich nötigenfalls verteidigen konnte. An der Wand gegenüber sah sie einen Spaten. Um den zu erreichen, hätte sie an den beiden vorbeigehen müssen. Das würde Tony mit Sicherheit bemerken.
    Ob sie per Handy Hilfe herbeirufen sollte? Jenny verwarf den Gedanken sofort wieder. Bis jemand kam, war es längst zu spät.
    Sie sah Violas Körper erschlaffen.
    »Nein«, schrie Jenny auf. In dem Moment wurde ihr bewusst, dass sie sich verraten hatte. Augenblicklich drehte sie sich um und rannte davon. Sie hatte nur eine Chance: den Mann von der Frau wegzulotsen und dabei zu hoffen, dass er sie nicht einholte. Sie überlegte, ob sie ihr Rad nehmen sollte. Aber sie hörte Schritte hinter sich. Sie musste weiter, raus aus diesem Gebüsch, auf die Promenade. Vielleicht begegnete ihr dort ein Mensch oder es gelang ihr, den Täter abzuschütteln. Wenn sie erst aus diesem Irrgarten mit seinen zahlreichen Zu- und Abgängen heraus war, brauchte sie nur die Gilfpromenade entlangzulaufen und konnte nach ein paar Metern beim ersten Haus Alarm schlagen.
    Jenny war auf dem Hauptweg, der die Insel mit den Pflanzenfiguren umrundete, angelangt. Sie hielt kurz

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