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Kurt Ostbahn - Platzangst

Kurt Ostbahn - Platzangst

Titel: Kurt Ostbahn - Platzangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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Dusche an und entscheide mich für Best. Nr. 120047.
    So einfach geht das.

35
    „Gitti!“
    Nach dem dritten, schon leicht verzweifelten Ruf nach der Dame des Hauses, dreh ich das warme Wasser ab und schiebe die Kabinentüre auf.
    Walter Kaltenbeck steht in der Küche, und seine Nase leuchtet in allen Farben des Regenbogens.
    „D’Ehre“, sage ich.
    Er sagt vorerst garnix, steht nur da und starrt mich an, als hätte er seine erste Begegnung mit einem Außerirdischen.
    „Hab ich mich jetzt im Stock geirrt, oder was?“ erkundigt er sich, legt den Retourgang ein und macht ein paar Schritte in Richtung Wohnungstür. Dabei setzt er umständlich zu einer Entschuldigung an.
    „Alles in Ordnung“, versuch ich ihn zu beruhigen, steige aus der Dusche und schlüpfe, in Ermangelung eines sauberen Hand- oder Badetuchs, in Gittis rosa Bademantel mit den vielen blauen Elefanten.
    Walter Kaltenbeck läßt mich dabei nicht aus den Augen und kratzt sich im Nacken, ein Hinweis darauf, daß er ganz viel nachdenken muß.
    „Und wo is die Gitti?“ fragt er schließlich.
    „Es is was vorgefallen“, sage ich.
    „Und der Walter? Is der Walter da?“
    Ich biete Walter Kaltenbeck seinen Stuhl in seiner amerikanischen Einbauküche an, er hockt sich artig hin und schüttelt eine Zeitlang den Kopf. Dabei kramt er aus seinem Anorak eine zerknitterte Packung Hobby hervor und ein Wegwerffeuerzeug.
    „Alles palletti mit der Gitti und dem Kleinen“, sage ich, während er sich umständlich seine Zigarette anraucht. „Die sind bei der Schwester. Und ich komm runter duschen, weil ich oben grad kein Wasser hab. Baustelle, weißt eh.“
    Mein Blick fällt auf den Versandkatalog und Gittis handschriftliche Bestellvorschläge.
    „Warum?“ fragt Walter Kaltenbeck.
    „Warum was?“
    „Warum sind die Gitti und der Walter ned da?“
    Ich setze den Familienvater davon in Kenntnis, daß ein Boxer, ein Würger und eine Frau Rita in der Zeit seiner Abwesenheit nicht nur Frau und Kind, sondern auch mich in Angst und Schrecken versetzt haben. Und Walter Kaltenbeck entspannt sich endlich, ja findet, was ich ihm zu sagen habe, sogar irgendwie lustig.
    „Alles gepegelt“, grinst er und zeigt dabei das schwarze Loch rechts oben, wo es bis vor wenigen Tagen noch einen Eckzahn gegeben hat. „Die Rita und ich sind seit gestern fusioniert, wie man sagt. Ich als stiller Teilhaber, quasi.“ „Gratuliere“, sage ich, setze mich zu ihm an den Küchentisch und kann endlich Gittis Wäschekatalog zuklappen und ihren Bestellvorschlag in der Tasche ihres Jumbotumbomantels verschwinden lassen.
    „Aber das Ärgste is ja“, wird Walter Katenbeck plötzlich gesprächig und bietet mir eine zerknautschte Hobby an. „Vorige Woche krieg ich auf meine Anzeigen einen drei Seiten langen Brief vom Alfons, dem sierigen Hund! Mein eigener Stiefbruder, absolut seriös, schwer unter der Fuchtel von seiner Alten, irgendwas abteilungsleitermäßiges bei der Krankenkassa, sucht Anschluß an eine Dame, bei der er den strengen Herrn Oberlehrer spielen kann. Beim ersten Rendezvous wird er ihr seine ganze Sammlung von Bambusstecken und Holzlinealen mitbringen, und sie darf sich dann aussuchen, womit er ihr in der Mittagspause den Arsch verdrischt, daß sie eine Woche lang nicht gscheit sitzen kann. Solche Sachen schreibt der Alfons, das Zniachtl. Ich hab glaubt, ich brich nieder, auf der Stelle, Kurtl.“
    „Das Leben steckt oft voller Überraschungen“, sage ich.
    „Wann mir der Alfons noch einmal im Leben deppert kommt, so wie damals mit der Verlassenschaft, wie der Vater gestorben ist, dann reib ich ihm den Brief unter die Nase. Was glaubst, wie schnell der brennen wird, weil er sich vor seiner Alten anscheißt bis übers Kreuz.“
    Walter Kaltenbeck zieht genüßlich und zufrieden an seiner Hobby. Er ist wieder obenauf. Alles im Griff. Alles unter Kontrolle. Sollte ich einmal jemand brauchen, der mir beibringt, wie man sich in den eigenen Sack lügt, dann weiß ich jetzt, der Kaltenbeck ist eine der ersten Adressen.
    „Und die 50.000 .-?“ erkundige ich mich, weil mich interessiert, wie realistisch er seine Überlebenschancen bei Nichteinbringung seiner Spielschulden einschätzt.
    „Welche 50.000 .-?“ sagt Walter Kaltenbeck. Dann erinnert ihn seine Zahnlücke oder die verschwollene Nase daran, daß diese Angelegenheit noch nicht gepegelt ist. Aber auch diesbezüglich sieht er bereits einen Silberstreif am Horizont. „Deswegen brauch ich ja die Gitti. Ich muß

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