Kurtisanen leben gefaehrlich
bis Sadira die Sprache wiedergefunden hatte und als sie sich zu mir umdrehte, klang ihre Stimme rau und dunkel. Ein Schatten hatte sich über sie gelegt.
»Wer ist diese Frau?«
Ich wandte mich zu der temperamentvollen Marabeshitin um, in der etwas Unheil Verheißendes köchelte, und legte nachdenklich den Kopf schief.
»Sie nennt sich Ophélie und dient der Fürstin von Orsanto – zu weiteren Auskünften wollte sie sich nicht herablassen. Doch ich befürchte, dass noch mehr hinter ihrer hübschen Fassade schlummert.«
Sadira nickte bedächtig und stützte ihre Arme auf die Reling, schien zu überlegen. Schließlich wandte sie ihren Kopf erneut zu mir um.
»Ihre Stimme ... Es liegt etwas Seltsames darin, ein singender Ton ...«
Sie brach ab, als sie nicht die richtigen Worte fand, um ihre Empfindungen zu beschreiben. Ihre Hände bewegten sich in einer hilflosen Geste, fielen dann ratlos hinab. Sie sah mich Hilfe suchend an.
Auch ich hatte bereits diese merkwürdige Wandlung in Ophélies Stimme bemerkt und machte mir meine eigenen Gedanken über die Bedeutung dieses singenden Tonfalles, den sie eingesetzt hatte und der Verducci so merkwürdig reagieren ließ. Es war, als besäße ihre Stimme eine magische Anziehungskraft.
Konnte es das sein? Magie? Ich hatte Gerüchte über Mondiénner gehört, deren Stimme so wunderschön sein sollte, dass sie eine wahre Zaubermacht ausüben konnte und die Menschen in ihren Bann schlug, wann immer sie es wollten. Es waren Gerüchte, die mir immer zu unglaublich erschienen waren und denen ich niemals eine große Bedeutung beigemessen hatte, doch vielleicht war das ein Fehler gewesen.
Ohne sofort zu antworten, dachte ich für eine Weile über meine Erlebnisse im Palazzo Santi nach und beobachtete, wie sich das Schiff nach dem Beladen in Bewegung setzte, um Porto di Fortuna, anzusteuern. Ich brauchte nicht lange, um zu einem Schluss zu gelangen, der Ophélie ganz und gar nicht gefallen würde. Wenn ich mich nicht sehr täuschte, hatte der Wein, den mir die Artista serviert hatte, einige Stoffe enthalten, die nicht dazu beigetragen hatten, mein Wohlbefinden zu steigern. Und Beatrice Santi hatte mir bereits verraten, dass Ophélie sich bestens mit Giften auskannte. Zu dumm, dass sie ihre Künste an einer Kurtisane versucht hatte.
Mit einem versonnenen Lächeln, das mir einen misstrauischen und nicht minder neugierigen Blick von Sadira einbrachte, wandte ich mich zu der Marabeshitin um. Ich senkte meine Stimme zu einem Flüsterton, um nicht von einem der Männer gehört zu werden, die um uns herum ihrer Arbeit nachgingen.
»Wenn das Vögelchen aus Mondiénne eine solch bezaubernde Stimme besitzt, müssen wir dafür sorgen, dass sie ihren Mund hält, bis sie das Schiff verlassen hat.«
Sadiras Augenbrauen schnellten in die Höhe, als ich ihr meinen Plan erklärte. Nachdem ich geendet hatte, erwiderte sie mein Lächeln auf eine dämonische Weise, die ich niemals von der Marabeshitin erwartet hätte. Dann nickte sie zustimmend und unser Pakt war geschlossen.
»Ich habe die betreffenden Kräuter vorrätig. Ich habe allerdings nicht gewusst, dass man sie zu diesem Zweck einsetzen kann.«
Ihre Worte brachten ein stilles Schmunzeln auf meine Lippen. Ich malte mir vor meinem inneren Auge Ophélies Schicksal in leuchtenden Farben aus.
»Nun, wenn sie nicht von allein seekrank wird, müssen wir eben ein wenig nachhelfen. Ansonsten hört die Mannschaft schon bald allein auf ihr Kommando, nachdem sie ihr süßes Liedchen gezwitschert hat. Und das wollen wir doch vermeiden, nicht wahr?«
Wir teilten noch einmal ein gemeinsames Lachen, was Red Sam, der gerade in unserer Nähe stand, dazu veranlasste, sich nach uns umzudrehen und sich verwundert am Kopf zu kratzen. Schließlich gingen wir getrennte Wege, um Ophélie bis zu unserer Ankunft den Schmollmund zu stopfen.
Tatsächlich verlief die Ausführung unseres Planes reibungslos. Sadira verabreichte Ophélie und der Fürstin einen Tee, der in Ophélies Fall jedoch nicht allein die Inhaltsstoffe enthielt, die ihr versprochen worden waren. Es war ein recht riskantes Unterfangen, wenn man bedachte, dass die Tassen an die richtige Person gelangen mussten. Die mangelnde Vertrautheit beider Frauen mit den Sitten auf einem Schiff half uns dabei, eine schnelle Ausrede dafür zu finden, die in alten Traditionen begründet war, die jedem Seemann die Haare gesträubt hätten.
Es dauerte nicht lange, bis sich die schlanke Mondiénnerin zum ersten
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