Kurtisanen leben gefaehrlich
Mal über die Reling beugte, um sämtliche Nahrungsmittel, die sie zuvor zu sich genommen hatte, wieder herauszuspucken. Eine Begebenheit, die von Sadira und mir mit einem breiten Lächeln quittiert wurde, das sich noch weitaus mehr erhellte, als Verducci zu seinem alten Selbst fand und der nun mehr nur noch krächzenden Ophélie keine besondere Aufmerksamkeit mehr widmete. Die unheilschwangeren Blicke, mit denen die Mondiénnerin Sadira und mich bedachte, blieben uns dabei nicht verborgen. Sie ließen auf eine baldige und sehr unangenehme Rache von ihrer Seite schließen.
Für den Augenblick war allerdings jegliche Gefahr aus ihrer Richtung gebannt und so ging ich mit Sadira daran, meinen Schlafplatz für diese Nacht, eine der vielen Hängematten bei den Männern, vorzubereiten. Schließlich zauberte ich noch die Hosen und das Rapier aus der großen, braunen Truhe hervor. Sie waren für das Leben auf See und unter Piraten um ein Vielfaches besser geeignet, als ein Seidenkleid und der zugehörige Reifrock.
Es erfüllte mich zwar nicht mit der größten Freude, die Nacht mit einem Rudel Seemänner zu verbringen, doch war es in meinen Augen wesentlich angenehmer, als sich die Kajüte mit Beatrice Santi zu teilen. Überdies lag der Platz, den ich mir mit Sadira ausgesucht hatte, ein wenig weiter von den Männern entfernt und wurde, zumindest an diesem Tag, mit einer Art Vorhang aus einem alten Segel von ihren Schlafplätzen getrennt. Auch Verducci war zwangsläufig an diesem Ort zu finden, nachdem ich ihn aus seiner Kajüte vertrieben hatte. Er war allerdings an seinem Schicksal eindeutig selbst schuld, denn ich hatte mir den Aufenthalt in Marabesh nicht selbst gewählt und ihn nicht gezwungen, mich auf die Promessa zu bringen.
Der restliche Tag verging ohne besondere Ereignisse, wenn man von Ophélies andauerndem Würgen an Deck absah. Trotzdem fand ich in der Nacht keine Ruhe, als die Gedanken in meinem Kopf einmal mehr ihr Eigenleben führten.
Verzweifelt wälzte ich mich auf meiner Hängematte hin und her und lauschte auf das regelmäßige Atmen der Männer, die in der Nacht keinen Dienst versahen. Sie schliefen ruhig an ihrem Platz und ich hörte jede ihrer Bewegungen, jedes Murmeln und jedes Knarren auf dem Schiff, atmete die schlechte, stickige Luft, die von so vielen Menschen auf engstem Raum verursacht wurde, die nicht die gesündeste Nahrung zu sich nahmen und wenig von Hygiene hielten.
Mit jeder Seemeile, mit der wir uns Porto di Fortuna näherten, wurde ich unruhiger, musste an Andrea Luca denken, der mit Bahir irgendwo auf dem Schiff oder schon im Palazzo Santorini sein würde. An Angelina, die sich ebenfalls dort befand und bei dem Fürsten abwartete, ob es jemals ein Lebenszeichen von mir gab. Wie lange würde es dauern, bis sie die Geduld verlor und genügend Informationen gesammelt hatte, um einen Ausbruch zu wagen?
Schon bald würden wir alle wieder vereint sein, doch ob zum Guten oder zum Schlechten, musste sich erst noch erweisen.
Kapitel 40
S
chließlich verging auch diese Nacht und der Morgen brachte das Licht des neuen Tages mit sich, während wir uns unaufhaltsam Porto di Fortuna näherten. Von Beatrice Santi und Ophélie hatte ich seit den frühen Abendstunden nichts mehr gesehen und es wäre mir wesentlich lieber gewesen, ihre Gesichter auch am Morgen nicht erblicken zu müssen. Doch Edea hatte mir über Nacht nicht den Gefallen erwiesen, die beiden Frauen verschwinden zu lassen. So musste ich mich also damit abfinden, dass sie am Morgen, kurz bevor wir endlich in Porto di Fortuna anlegten, ebenfalls den Weg an Deck antraten.
Ophélie wirkte blass und abgespannt. Es sah ganz danach aus, als sei sie in der Nacht nicht zur Ruhe gekommen, was sie jedoch nicht davon abhielt, mir einen reizenden Blick voller Gift zu schenken, den ich mit einem frostigen Lächeln erwiderte.
Beatrice Santi verzog keine Miene, beobachtete unsere stille Kommunikation jedoch sehr genau und ich war mir sicher, dass sie ahnte, was zwischen uns vorgefallen war und somit auch den Grund für die anhaltende Übelkeit ihrer Dienerin erraten hatte.
Ich kümmerte mich nicht allzu sehr um die beiden Frauen und richtete meinen müden Blick lieber auf meine Heimatstadt, die allmählich über den Wellen auftauchte und in meinem Magen eine merkwürdige Reihe sehnsuchtsvoller Stiche auslöste. An diesem Ort hatte alles angefangen und hier würde es nun auch enden. Jetzt, da wir uns der Stadt mit den unzähligen
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