Kurtisanen leben gefaehrlich
gefährlich nahe zu sein, als die Artista ihre majestätische Stimme durch die Kirche dringen ließ und dem Fürsten somit einfach das Wort abschnitt.
»Ihr seid ein noch größerer Narr, als ich dachte, Pascale, wenn ihr denkt, dass Euer Auftreten allein gegen die bewaffneten Männer ankommen kann, die diesen Raum eingenommen haben.«
Betroffenheit machte sich auf einigen Gesichtern breit. Ich befürchtete fast, dass der Fürst zu einer Waffe greifen würde, um die Artista, die es wagte, sich gegen ihn zu stellen und ihn vor seinem Volke zu beleidigen, niederzustrecken. Beatrice zeigte sich von dem wilden Aufblitzen in seinen Augen nicht beeindruckt und fuhr ungerührt in der gleichen Stimmlage fort.
»Doch sei es, wie es will. Ich werde es nicht zulassen, dass Andrea Luca eine Artista zur Ehefrau nimmt, die sich den schwarzen Künsten verschrieben hat und die das Werk aller Artiste Terranos mit ihren Taten besudelt.«
Alesia erblasste sichtlich unter ihrem Schleier. Sie erstarrte in ihren Bewegungen, als sich die Augen aller zuerst auf sie richteten, und dann zur Empore hinauf glitten.
Ihre Mutter schrie in leisem Entsetzen auf. Ich wünschte mir beinahe, ihr etwas Tröstendes sagen zu können, um den Schmerz zu lindern. Doch der Impuls verging schnell, denn die Fürstin von Orsanto wies mich an, mich von meinem Platz zu erheben.
Eine Aufforderung, der ich mit zitternden Beinen nachkam.
»An seiner statt soll der Bund nun mit der Frau geschlossen werden, die das Schicksal für ihn ausersehen hat und die in den Augen Edeas und der ganzen Welt an seine Seite gehört.«
Alle Blicke richteten sich auf mich und die Fürstin bedeutete mir, die Empore hinabzusteigen, um mich an Andrea Lucas Seite zu begeben. Die Augen des Fürsten durchbohrten mich auf meinem Weg, während ich versuchte, so würdevoll wie möglich die Distanz zu dem Altar zu überbrücken. Dort wartete Andrea Luca auf mich, das Rapier fest in der Hand.
Doch Pascale Santorini dachte nicht daran, das Spiel schon aufzugeben. Er stand der Artista gegenüber wie ein Kriegsherr, der sich einen Plan zurechtlegte, die verlorene Schlacht noch zu gewinnen, nachdem ihn seine Gegner überrannt hatten. Ich hielt inne, als seine Stimme wie ein Donnersturm ertönte.
»Wer ist diese Frau, die Ihr über eine Adelige Terranos zu erheben wagt?«
Seine Knöchel waren weiß angelaufen, seine Finger krampften sich um das Geländer. Ein äußeres Anzeichen für den Aufruhr, in dem er sich befand, wurde er doch auf seinem Hoheitsgebiet herausgefordert. Merkwürdigerweise gab mir diese Geste, die anzeigte, dass selbst der Fürst über menschliche Regungen verfügte, endlich den Mut, den ich brauchte, um meinen Weg fortzusetzen und ihn ebenfalls herauszufordern.
In einer fließenden Bewegung ließ ich den Mantel zu Boden gleiten und streifte den Schleier von meinem Haar, um mich vor den Augen der Versammelten zu offenbaren.
Erkennen flammte in einigen Gesichtern auf, die mich kannten, ebenso wie in den Gesichtern jener, die den Ball des Fürsten besucht hatten und dort Zeuge der Verlobung Andrea Lucas geworden waren.
Mit hoch erhobenem Kopf und stolzem Gesicht blickte ich zu dem Fürsten hinüber, der nun endlich herausgefunden hatte, mit wem er es zu tun hatte und verstehend von mir zu Angelina sah. Ein ironisches Lächeln umspielte seine Lippen.
»Es enttäuscht mich, dass Ihr Euch nicht mehr an mich erinnert, mein Fürst, habt Ihr Euch doch schließlich die Mühe gemacht, eine unbedeutende Frau wie mich zu Eurem Ball anlässlich der Verlobung Eures Neffen einzuladen. Habe ich Euch denn so wenig Freude bereitet?«
Sein Lächeln erlosch und ich blickte ihn erwartungsvoll an. Er schwieg für eine Weile und lenkte seine Augen zu Beatrice Santi hinüber, die das Geschehen mit einer ruhigen Miene beobachtete, die kein Gefühl erkennen ließ. Das Amüsement kehrte auf sein kantiges Gesicht zurück, nachdem er mich noch ein weiteres Mal gemustert hatte und dann das Wort an die Artista richtete.
»Ihr möchtet meinen Neffen mit einer Kurtisane verheiraten? Ich beglückwünsche Euch zu diesem amüsanten Spiel, Beatrice. Doch ich befürchte, dass ich dies nicht zulassen kann.«
Zur Überraschung aller lachte Beatrice laut auf. Das einzige Gefühl, das sie gezeigt hatte, seitdem wir Santa Filomena betreten hatten und ein Laut, der mir einen Schauer über den Rücken jagte. Ich setzte meinen Weg jedoch unbeirrt fort. Es gab momentan keinen Ort, an dem ich lieber sein
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