Kurtisanen leben gefaehrlich
verwirkt, über dieses Land zu herrschen.«
In Andrea Lucas Stimme schwang eine gefährliche Ruhe mit. Sie war einem Vulkan gleich, der im Begriff war, seine Lavamassen auf die Welt zu ergießen und mit seinem Ausbruch seine ganze Umgebung zu zerstören.
»Ich fordere dich heraus, Pascale Santorini. Ich fordere die Aufgabe deiner Herrschaft über Ariezza und bei Edea! Wenn du sie nicht freiwillig aufgibst, so werde ich dich dort herabholen und dich dazu zwingen!«
Die ganze Welt schien den Atem anzuhalten und richtete ihren Blick auf den Fürsten und seinen Herausforderer.
Die beiden Kontrahenten standen sich in der Stille der Kirche gegenüber, und ein leises: »Nein!«, entwand sich meinen Lippen.
Ich mühte mich auf die Beine, überließ Bahir, der sich trotz seiner Schmerzen ruhig verhielt und seine Behandlung geduldig ertrug, den kundigen Händen Sadiras.
Auch Angelina war zu uns herangetreten, nahm meinen Platz an Sadiras Seite ein.
Der Fürst erhob sich wie eine große Raubkatze und ein Diener reichte ihm das gefährlich scharfe Rapier. Seine Zähne waren vor Wut zusammengebissen, als er Andrea Lucas Herausforderung erwiderte.
»Ich werde dich lehren, wo dein Platz ist, du kleiner, überheblicher Bastard.«
Ohne Hast verließ er die Empore der fürstlichen Familie, um sich seinem Neffen zu stellen. Mit einem Mal wurde mir bewusst, dass der Fürst nur etwa zehn Jahre älter war als Andrea Luca und damit noch in der Blüte seiner Manneskraft stand. Jeder Muskel seines Körpers sprach von seiner blendenden Verfassung, jede seiner Bewegungen von seiner Geschmeidigkeit.
Andrea Luca wich nicht vor ihm zurück. Er trat auf seinen Onkel zu, das Rapier in kampfbereiter Pose erhoben, aber dennoch nicht gewillt, ihn anzugreifen. Er schüttelte den Kopf, als der Fürst sich ihm näherte, bereit, seine infrage gestellte Herrschaft auf der Stelle zu behaupten.
»Nein, Pascale, ich werde das Haus Edeas nicht entweihen. Ich erwarte dich auf den Klippen Santa Filomenas.«
Mit diesen Worten wandte er sich ab, drehte dem Fürsten selbstsicher den Rücken zu und verließ die Kathedrale Edeas ohne ein weiteres Wort. Ich blieb an seiner Seite. Um nichts in der Welt würde ich jetzt noch von ihm weichen.
Red Sam war ebenfalls aus seiner Nische getreten und hatte sich zwischen uns und den Fürsten gestellt, die Hand sicher an seiner Pistole, die mir das Leben gerettet hatte. Er würde dafür Sorge tragen, dass Pascale Santorini keinen falschen Schritt tat.
Kapitel 50
D
ie bereits tief stehende Sonne brannte unbarmherzig auf uns hinab, als ich an Andrea Lucas Seite auf die Klippen hinaustrat, die sich hinter der Kirche erstreckten. Heftige Windböen lösten mein Haar aus der Frisur und ließen es ungebändigt um mein Gesicht tanzen.
Trotz der kühlen Luft, die den eisigen Hauch des Herbstes in sich trug, öffnete Andrea Luca die Schnürungen seines Wamses und entledigte sich des einengenden Kleidungsstückes, das er achtlos fallen ließ. Das weiße Hemd, das darunter zum Vorschein kam, fing den Wind ein, wann immer uns eine der Böen traf und der dünne Stoff flatterte gleich den Flügeln einer Taube.
Ich erschauerte, als auch der Fürst aus der Kirche trat und sich dem freien Platz näherte, auf dem Andrea Luca ihn erwartete.
Die Angst nagte an meinem Herzen, während ich das Geschehen hilflos verfolgte. Ich beugte mich nieder, um Andrea Lucas Wams vom Boden aufzunehmen und es an meine Brust zu pressen, als sei es alles, was mir auf dieser Welt etwas bedeutete.
Pascale Santorini war als Fechter von tödlicher Präzision und Meisterschaft bekannt. Ich fürchtete um Andrea Luca, der zwar ebenfalls ausgezeichnet focht, aber im Gegensatz zu dem Fürsten kein Meister war, dessen Namen man nur voller Ehrfurcht zu flüstern wagte. Er würde alles aufbringen müssen, was er an Geschick und Mut besaß, um seinen Onkel zu besiegen. Ich zweifelte nicht daran, dass dieser dem Leben seines Neffen bei dem kleinsten Fehler ohne jede Reue ein Ende bereiten würde.
Die beiden Männer starrten einander in höchster Konzentration an, nachdem der Fürst sein Ziel endlich erreicht hatte und vor seinem Neffen zum Stehen gekommen war. Im Gegensatz zu Andrea Luca hielt er es nicht für notwendig, das prunkvoll bestickte, weiße Wams abzulegen und machte damit deutlich, was er von seinem Gegner hielt. Andrea Luca war die Mühe nicht wert.
Dieser nahm die unterschwellige Beleidigung gelassen entgegen, reagierte mit der Andeutung
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