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Kurtisanen leben gefaehrlich

Kurtisanen leben gefaehrlich

Titel: Kurtisanen leben gefaehrlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Natascha Weber
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hat, dessen Namen er niemals nennt. Sein Herz ist von einer anderen Frau besessen, einer Frau, über die er niemals spricht. Vielleicht ist sie tot, vielleicht lebt sie noch, das weiß ich nicht ...«
    Sadiras Worte verklangen und sie blickte traurig zu Boden. Auch ich schwieg und sann über ihre Erzählung nach.
    Also behielt der Narbenmann seine Geheimnisse sogar einer Frau gegenüber für sich, die sein Leben seit vielen Jahren begleitete und der er sicher vorbehaltlos vertrauen konnte. Ihre Geschichte konnte das Dunkel um sein Schicksal kaum erhellen, aber ich war ihr dankbar dafür, dass sie ihr Wissen mit mir geteilt hatte, auch wenn es nur wenig war.
    Wir redeten für eine Weile über recht belanglose Dinge, denn ich wollte sie von ihren alten Wunden ablenken, bevor sie gehen musste, um ihre Pflichten auf dem Schiff zu erfüllen und Verducci zu dienen. Dem Mann, dem sie viel lieber auf eine andere Weise nahe sein wollte.
    Ich grübelte noch lange über ihre Erzählung, nachdem sie mich verlassen hatte, versuchte, die wenigen Anhaltspunkte, die ich nun besaß, zu einem Ganzen zusammenzufügen, aber es gelang mir nicht. Zu groß waren die Lücken und ich war auf Vermutungen angewiesen.
    War der Adelige Andrea Luca? Und um was ging es bei der Wette? Sadiras Worte drehten sich in meinem Kopf, doch sie gaben mir keine Antworten. Nur eines wusste ich sicher – meine einsamen Tage auf der Promessa waren gezählt.
     
     

Kapitel 12
    S
eit jenem Nachmittag mit Sadira hatte sich unser Verhältnis grundlegend verändert. Die Marabeshitin suchte mich auf, wann immer ihre Pflichten sie entkommen ließen und wir redeten über vieles, waren wir doch beide froh, die Gesellschaft der anderen zu haben. Sie zeigte mir die Kunst des Heilens, die sie in ihrer Zeit als Dienerin der Sarmadee ausgeübt hatte und erzählte über ihre Heimat, was in mir den Wunsch aufkeimen ließ, die von ihr beschriebene Pracht mit eigenen Augen zu sehen.
    Ich war verwundert, wie ähnlich der Glaube an die Göttin Sarmadee dem meinen war, auch wenn sich in Marabesh niemand um das Geschlecht der hohen Mutter, wie Edea oft bei uns genannt wurde, den Kopf zerbrach. Es gab keine rivalisierenden Kirchen, die deswegen den Glauben der jeweils anderen als Unsinn abtaten und sich bei Tag und bei Nacht stritten.
    Edea wurde seit Jahrtausenden als die Mutter allen Lebens verehrt und es war niemals jemandem in den Sinn gekommen, ihr Geschlecht infrage zu stellen und es als minderwertig abzutun. Zumindest, bis ein Gelehrter, der sich selbst Bruder Antonius nannte, eines Tages in den Kirchen seine Vision predigte, die ihm – wenn man seinen Worten Glauben schenken wollte – von Edea selbst gesandt worden war.
    Er stellte eine Theorie über die Verblendung aller Gläubigen auf und gab der hohen Mutter das Geschlecht eines hohen Vaters, der die Welt an ihrer Stelle erschaffen hatte. Ich hatte mich mit seinen Vorstellungen niemals wirklich anfreunden können, ebenso wie die meisten Menschen in Terrano. Wir blieben Anhänger des alten Glaubens und überließen es den anderen, Antonius Vorstellungen zu ihren eigenen zu machen.
    Ich trug die Kette mit der kleinen elfenbeinernen Figur meiner Göttin oft in diesen Tagen und sie tröstete mich, wenn ich einsam oder verzweifelt war. Man sah es in Terrano nicht gerne, wenn eine Kurtisane dieses Zeichen trug, beschuldigte man uns doch häufig, dass wir Edea zugunsten des schönen Schmuckes, der uns zierte, und unserer angeblichen Zügellosigkeit entsagt hatten. Die Wirklichkeit sah jedoch in vielen Fällen anders aus.
    Immer, wenn Sadira gegangen war, kehrten Stille und Einsamkeit zurück und ließen mich nachdenken. Es gab nur wenig Abwechslung auf einem Schiff. Das Meer, so schön und kraftvoll seine Wassermassen auch waren, blieb an jedem Tage gleich und man sah nur selten etwas anderes als seine Wellen und ab und an das Leben darin. Die Männer verrichteten Tag für Tag ihre Arbeit und trieben ihre Späße, aber auch das konnte die Leere in meinem Inneren nicht vertreiben, die seit meiner Trennung von Andrea Luca allgegenwärtig war und immer in meinem Herzen schmerzte, wenn ich an ihn dachte.
    So kam es mir in meiner gegenwärtigen Lage sehr entgegen, als die Promessa eine kleine, verlassen aussehende Insel ansteuerte, deren dichter Bewuchs im Licht der heißen Sonne wie ein Meer aus Smaragden glänzte. Weißer Sand umgab den hohen Urwald und ging in das saphirblau leuchtende Wasser über, dessen Wellen leise gegen

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