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Kurtisanen leben gefaehrlich

Kurtisanen leben gefaehrlich

Titel: Kurtisanen leben gefaehrlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Natascha Weber
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langen Moment machte sie Anstalten, meinen Redefluss zu unterbrechen. Ich hielt ihr ein rotes Kleid entgegen und sie streckte vorsichtig die Hand danach aus. Die dunkelhaarige Frau wirkte unbeholfen in der ungewohnten Situation, in der ihr das feurige Temperament nichts nutzte.
    »Eure Kleider sind sehr schön ... Ich habe so etwas nie besessen.«
    Sie leckte sich nervös über die trockenen Lippen, während ich ihr prüfend den Stoff entgegenhielt und dann den großen Spiegel herbeiholte, den Verducci in seiner Kajüte verwahrte. Das Rot passte perfekt zu Sadiras natürlichen Farben und unterstrich sie, ließ sie förmlich glühen. Ich drehte sie mit einer geübten Handbewegung zu dem Spiegel um, damit sie hineinsehen konnte.
    »Es ist ein wenig zu groß für Euch, aber ich bin mir sicher, dass wir es mit einigen Nadelstichen schnell an Eure Maße anpassen könnten.«
    Sadira sah verzückt auf ihr Spiegelbild und ich fragte mich erneut, wie eine Frau wie sie zu dieser Gesellschaft gekommen war. Es lag jedenfalls nicht daran, dass sie kein Interesse an ihrer Weiblichkeit besaß, ganz im Gegenteil. Ein verträumter Ausdruck lag auf ihrem Gesicht und ließ es weicher erscheinen. Sie lächelte selbstvergessen. Ich konnte mir gut vorstellen, wovon sie in diesem Moment träumen mochte und war überrascht, als sie mich nach den holprigen Anfängen unserer Konversation von selbst ansprach.
    »Ihr liebt ihn nicht. Habe ich recht?«
    Ich sah mein eigenes Spiegelbild vor mir, den Blick meiner Augen auf das ihre gerichtet und konnte das Erstaunen über die offene Frage kaum verbergen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie mich von allein auf dieses Thema ansprechen würde, und schüttelte verneinend den Kopf, um ihre letzten Zweifel zu zerstreuen.
    »Nein, Sadira, ich liebe ihn nicht und seid versichert, er liebt mich ebenso wenig. Wir sind durch unglückliche Umstände verbunden und das wird kein Zustand für die Ewigkeit sein.«
    Sadira stieß erleichtert den Atem aus und drehte sich zu mir herum. Die großen, schwarzen Augen musterten mich genau, überprüften meine Worte auf ihren Wahrheitsgehalt. Dann ging sie zu dem Sessel hinüber und setzte sich. Das Kleid legte sie sorgsam auf dem Schreibtisch des Kapitäns ab. Zögerlich setzte sie erneut zum Sprechen an.
    »Man sagt, Ihr seid eine Kurtisane in Eurer Heimat. Ist das wahr?«
    Neugier stand in ihrem Blick, ebenso wie eine gewisse Scheu, die sie nicht ganz ablegen konnte. Ich setzte mich auf mein Nachtlager, mit Sicherheit ebenso neugierig wie sie selbst, jedoch um einiges weniger schüchtern. Eine leichte Hitze war aufgrund ihrer unverblümten Offenheit in mein Gesicht gestiegen und wärmte meine Wangen.
    »Ja, ich habe in der Tat die Wege einer Kurtisane erlernt, auch wenn ich nicht sicher bin, ob ich noch zu ihnen gehöre.«
    Sadira nickte kurz über meine Bestätigung, ließ sich von meiner Aussage aber keineswegs beirren und machte keine Anstalten, das Thema dabei bewenden zu lassen.
    »In meiner Heimat gibt es Frauen wie Euch, aber sie sind anders. Sie verbergen ihre Gesichter hinter Schleiern und flüstern den Männern, die ihnen verfallen sind, giftige Worte ins Ohr, damit sie tun, was sie wünschen. Ihr seid nicht wie diese Frauen ... Lukrezia.«
    Natürlich gab es auch in Terrano Kurtisanen, die dem Bild entsprachen, das die Marabeshitin von den Frauen ihrer Heimat malte. Manche waren womöglich noch weitaus schlimmer, doch das erwähnte ich nicht.
    Die Silben meines Namens kamen unsicher über ihre Lippen und sie stockte, schien nach einer Möglichkeit zu suchen, wie sie weitersprechen sollte. Sadiras ganzer Körper war in Bewegung, wenn sie redete. Selten zuvor hatte ich einen Menschen mit einer solch stark ausgeprägten Körpersprache erlebt und ich beobachtete sie fasziniert. Ihre Bewegungen hatten etwas Tänzerisches.
    Beherrschte sie den Schleiertanz, von dem in Terrano nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen wurde? Ich wollte sie fragen, doch sie unterbrach mich, noch bevor ich einen Laut von mir gegeben hatte. Unsicherheit war auf ihre Züge getreten und die Worte kamen nur langsam, als sei ihr unangenehm, was sie zu sagen hatte.
    »Könnt Ihr ... Habt Ihr jemals Eure Künste gelehrt? Ist es möglich, Euer ... Wissen weiterzugeben oder ist Euch das verboten?«
    Ich sog zischend den Atem ein, denn mit dieser Frage hatte ich nicht gerechnet. Erhoffte sich Sadira etwa, Verducci mit den Künsten einer Kurtisane verführen zu können? Ich konnte mir

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