Kurtisanen leben gefaehrlich
den Strand schlugen. Bunte Vögel, die ich noch nie zuvor gesehen hatte, flatterten über die Bäume hinweg und ließen von Zeit zu Zeit ihre schrillen oder leisen, melodiösen oder auch rauen Gesänge erklingen. Ich konnte es kaum erwarten, das Schiff zu verlassen und mich umzusehen, versprach die Insel doch endlich neue Eindrücke und Abwechslung von der täglichen Eintönigkeit, die ich mir schon gar nicht mehr erhofft hatte.
Sadira lief an mir vorbei und ich hielt sie an, um zu erfahren, welcher Ort dies war und was wir hier zu schaffen hatten. Sie erklärte mir in kurzen Worten, dass diese Insel keinen Namen besaß, Verducci sie aber gerne als seine Insel bezeichnete und dass wir hier unsere Süßwasservorräte auffüllen würden, bevor die Reise nach Marabesh weiterging.
Seine Insel
? Ich wunderte mich erneut über Verducci und seine merkwürdigen Ansichten. Die Beiboote wurden unterdessen zu Wasser gelassen und Giuliano, einer der Seemänner, rief mir fragend zu, ob ich mitkommen wolle.
Dies zumindest war keine Frage – selbstverständlich wollte ich und fand schnell meinen Platz unter ihnen, wie immer von einigen Bemerkungen begleitet, deren erheiternder Wirkung die Männer niemals müde wurden. Ich fand ihre Bemühungen, galant wirken zu wollen, stets von Neuem rührend. Die Seebären waren zu rau, als dass es ihnen wirklich gelingen wollte, aber ich war ihnen dankbar für ihren Willen, mich gut zu behandeln. Ebenso wie für ihre besorgten Ermahnungen, mich nicht zu weit von ihnen zu entfernen, wenn wir die Insel erreicht hatten.
Wir legten die kurze Distanz bis zur Insel in wenigen Minuten zurück und alle verließen das erste Boot, während sich das nächste schon auf dem Weg befand. Noch nie zuvor war ich an einem solchen Ort gewesen und so genoss ich das Gefühl, wenn meine Stiefel bei jedem Schritt in dem warmen, weichen Sand versanken, der bei der ersten Berührung trocken durch meine Finger rieselte. Fasziniert jagte ich für eine Weile den schön geformten Muscheln hinterher, die überall halb im Sand verborgen steckten, und sammelte einige davon ein, die mir besonders gut gefielen. Sicher waren einst wunderschöne Perlen in ihrem Inneren gewachsen und vielleicht würde ich sogar eine davon finden.
Es gab so vieles zu entdecken, dass ich kaum bemerkte, wie die Zeit verging. All die fremden Pflanzen und Tiere, deren Farben hier so leuchtend und intensiv waren – ich liebte die kleine Insel vom ersten Augenblick an.
Als ich müde wurde, ließ ich mich im Schatten einer Palme nieder, die ein wenig vor den Männern verborgen war, die die Boote bewachten, von der aus ich aber alles beobachten konnte, wenn ich es wollte. Ich hatte keine Lust, auf einer einsamen Insel verloren zu gehen und nie mehr den Weg nach Hause zu finden, sollten sich die Männer dazu entschließen, zurückzukehren und mich dabei vergessen. Es war vielleicht nicht sehr wahrscheinlich, doch Vorsicht war mir lieber, als ein einsames Leben an diesem Ort.
Die Palmwedel schützten mich vor den heißesten Strahlen der Sonne und es dauerte nicht lange, bis meine Gedanken abschweiften und ich mich in Träumereien verlor.
Ich dachte an Andrea Luca und die Momente, die wir zusammen erlebt hatten, sah sein schiefes Lächeln vor meinem inneren Auge, als stünde er wahrhaftig vor mir. Wie oft war sein Kopf über dem Geländer meiner Terrasse aufgetaucht, seit jenem Spaziergang im Park, als wir uns zum ersten Mal begegnet waren? Damals, als er mir vor den Augen eines anderen Verehrers die erste Rose geschenkt hatte?
Ich konnte noch immer das entrüstete Gesicht meines Begleiters, Baldassare Lorenzini, vor mir sehen, als sich der attraktive, junge Terrano aus der Gruppe seiner Freunde gelöst hatte, die an der Fontana di Allegra zusammengetroffen waren. Zielsicher war er auf uns zugeschlendert, eine Rose, die er zuvor aus der Parkanlage entwendet hatte, locker in der Hand und ein gewinnendes Lächeln auf den Lippen.
Er hatte keinen Respekt vor dem älteren Mann an meiner Seite oder allgemeingültigen Konventionen gezeigt, während er mir offen seine Bewunderung zum Ausdruck brachte. Auch der hochrote Kopf meines Begleiters, bei dem mich das Gefühl beschlich, als drohte er sogleich zu explodieren, hatte ihn nicht beeindruckt. Weder die Drohungen des Mannes, die ihm nur ein müdes Lächeln entlockt hatten noch meine ablehnende Haltung konnten ihn von seinem Ziel abbringen. Noch am gleichen Abend war er auf meine Terrasse geklettert, um
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