Kuss des Apollo
würde es spüren. Und wenn es zehnmal ein Gott wäre.«
Daran dachte er jetzt, aber das konnte man nicht aussprechen. Amphitryon und Alkmene waren gegenwärtig im Gartenzimmer des Dahlemer Hauses, das dem Filmproduzenten Dr. Herbert Frobenius und seiner Frau Jana gehörte. Draußen schüttelte der Wind inzwischen alle Bäume.
»Es wird heute Nacht regnen«, sagte Jana.
Das brachte Evi zurück in diese Welt und diese Zeit.
Sie sprang auf. »Die Gartenmöbel sind noch draußen. Ich stell sie schnell rein.« Und weg war sie.
»Haben Sie denn schon ein Drehbuch, Herr Klose?«, fragte Will.
»Davon kann noch keine Rede sein«, sagte Sebastian. »Ich habe keine Ahnung, was ich schreiben werde. Ich weiß nur, dass ich den Amphitryon machen will. Das ist wie eine fixe Idee bei mir.«
»Dann eilt es ja nicht so«, stellte Will befriedigt fest. »Mit dem Drehbuch haben Sie noch eine Weile zu tun. Wenn es fertig ist, werden wir darüber reden. Falls Sie bei dem Stoff bleiben. Sicher könnte man einiges verändern. Und vor allem müssten Sie tolle Schauspieler haben.« Er sah Frobenius an. »Das wäre dann deine Aufgabe. Nicht solche Sternchen, wie sie uns das Fernsehen heutzutage vorsetzt. Und nicht solche halbgaren Sporttypen mit einem Kräuselbart im Gesicht. Na, warten wir mal ab. Dann könnte ich ja eigentlich bald zu Bett gehen. Morgen habe ich noch zwei Termine. Wenn ich schon in Berlin bin, will ich das ausnutzen.«
»Du wohnst wieder im Kempinski?«, fragte Frobenius.
»Klar, wo sonst.«
Blieb die Frage, wo die beiden anderen wohnten. Das heißt, Frobenius wusste, dass Sebastian bei seiner Freundin, der Sängerin, wohnte.
Er hatte keinen festen Wohnsitz, mal war er in Hamburg, mal in München, am liebsten aber in Paris, wo er angeblich ein kleines Appartement besaß. Und war er wie jetzt in Berlin, kampierte er bei seiner Freundin. Frobenius fragte sich, wie lange die das noch mitmachen würde. Wo Geraldine wohnte, mochte er nicht fragen, aber sie war mit Sebastian in seinem Wagen gekommen, also würde er es wohl wissen.
Sebastians Taktgefühl war nicht so ausgeprägt, sie erfuhren es gleich darauf.
Zunächst fragte er Will höflich: »Darf ich Sie ins Hotel bringen, Herr Loske?«
»Danke, nein. Wir bestellen dann ein Taxi. In Berlin fahre ich immer Taxi. Berliner Taxifahrer sind einfach immer höchst unterhaltsam. Und wie Sie wissen, habe ich für gute Unterhaltung viel übrig.«
»Geri wohnt bei ihrem Vater. Da bringe ich sie erst mal nach Hause.«
Keiner widersprach, denn es war offensichtlich, dass Will noch eine Weile mit Jana und Frobenius allein sprechen wollte.
»Geris Vater ist zurzeit auch ohne Engagement, und da hat sich die Familie wieder zusammengefunden. Sie leben drüben, vor drei Jahren war es noch der Osten, aber jetzt …«
»Ksch!«, machte Geraldine. Ihre Augen waren jetzt wirklich grün und funkelten vor Wut.
Jana machte ein Ende, sie stand auf.
»Ich bringe euch hinaus. Seht ihr, was habe ich gesagt, es fängt gerade an zu regnen.«
Frobenius ging mit, brachte die beiden zu ihrem Wagen, einem altersschwachen VW.
Will blieb sitzen, und als die beiden wieder ins Zimmer kamen, sagte er: »Die Kleine kann einem leidtun. Sie war sicher mal ein ganz hübsches Mädchen.«
»Sie ist nicht dumm«, sagte Jana. »Aber total verbittert. Und unglücklich.«
»Ein hoffnungsloser Fall«, sagte Frobenius. Worin er sich täuschen sollte.
Ein erster Anlauf
Herbst und Winter gingen vorbei. Sebastian ließ lange nichts von sich hören, was Frobenius aber nicht störte, hatte er doch immer genug zu tun. Noch im November beendete er die Produktion einer höchst amüsanten Kriminalgeschichte, und gleich im neuen Jahr begann die Arbeit an einem Roman, den eine junge Autorin geschrieben hatte, ein ziemlich armseliger Stoff, aber die Dame hatte eine gute Presse. Beide Filme waren Auftragsarbeiten fürs Fernsehen.
Ende Februar brachte Sebastian ein Drehbuch, das Frobenius rundweg ablehnte.
»Das ist unmöglich. Du hast den Giraudoux noch hineingewurschtelt, dazu diese flapsige Sprache, das passt einfach nicht. Freche Sprüche allein reichen nicht aus, um die Story in der Gegenwart spielen zu lassen. Es ist nun mal ein Gott, der eine Menschenfrau liebt. Ein gewisser Zauber muss schon dabei sein.«
»Gott! Wer glaubt denn heute noch so einen Blödsinn. Und freche Sprüche, da müssen Sie mal den Plautus lesen.«
»Wenn du nicht daran glaubst, dass es Zeus war, dann lass es bleiben.«
»Das werde
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