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Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Titel: Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem , Daniel E. Mroz
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Angeblich produziert sie all ihre Geschöpfe blindlings und aufs Geratewohl, also in gleicher Weise die Guten wie die Bösen, die Sanftmütigen wie die Grausamen. Macht man jedoch einmal richtig Inventur bei ihr, so kann man sich sehr schnell davon überzeugen, daß immer nur die Bösen und Grausamen das Feld behaupten, deren feiste Bäuche zum Grab der Guten und Sanften geworden sind. Und wenn diesen Schurken die Häßlichkeit ihres Tuns einmal bewußt wird, erfinden sie mildernde Umstände oder höhere Notwendigkeiten: So sei zum Beispiel das Böse dieser Welt nichts anderes als ein appetitanregendes Gewürz, welches den Hunger nach dem Paradies oder anderen seligmachenden Orten nur noch heftiger werden lasse. Meiner Meinung nach muß damit Schluß gemacht werden. Die Natur ist nicht etwa durch und durch böse, nur dumm wie Bohnenstroh, also geht sie den Weg des geringsten Widerstandes. Wir müssen an ihre Stelle treten und selbst lautere, lichte Wesen produzieren, weil erst ihr Erscheinen im Universum die wahre Heilung all der Gebrechen bedeuten wird, an denen unser Dasein krankt. Das wäre mehr als eine späte Rechtfertigung für die Vergangenheit, die erfüllt war von den Todesschreien der Ermordeten, Schreie, die nur wegen der riesigen kosmischen Entfernungen nicht auf anderen Planeten zu hören sind. Warum, zum Teufel, soll alles, was lebt, unentwegt leiden? Hätten die Leiden eines jeden Opfers nur soviel an kinetischer Energie erzeugt, wie sie ein fallender Regentropfen besitzt, so hätten sie – darauf hast du mein Wort und meine Berechnungen – schon vor Jahrhunderten die Welt in Stücke gerissen. Aber das Leben geht weiter, und der Staub, der über Grüften und verlassenen Palästen liegt, wahrt sein vollkommenes Schweigen, und nicht einmal du könntest mit all deinen kybernetischen Künsten die Spuren von Schmerz und Leid ausmachen, welche einmal jene gequält haben, die heute Staub sind.«
    »Ganz richtig, die Toten haben keine Sorgen«, bestätigte Klapauzius. »Eine tröstliche Wahrheit, denn sie zeigt die Vergänglichkeit allen Leidens.«
    »Aber die Welt bringt doch jeden Tag neue Märtyrer hervor!« sagte Trurl in steigender Erregung. »Begreifst du denn nicht, daß es nur darum geht, ob man einen Funken sozialen Verantwortungsgefühls besitzt oder nicht?«
    »Du glaubst doch wohl nicht ernsthaft, daß deine glücklichen Wesen (angenommen, du schaffst es überhaupt, sie zu konstruieren) in irgendeiner Form eine Wiedergutmachung für die namenlosen Qualen von gestern sein können, geschweige denn für all das Unglück, das auch heute noch den ganzen Kosmos erfüllt? Bedeutet denn die Ruhe des heutigen Tages, daß es den Sturm von gestern nicht gegeben hat? Wird denn die Nacht durch den folgenden Tag annulliert? Merkst du denn gar nicht, welchen Unsinn du daherredest?«
    »Also hältst du es für das beste, die Hände in den Schoß zu legen?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Du kannst die gegenwärtig existierenden Wesen verbessern, zumindest kannst du den Versuch mit all seinen bekannten Risiken unternehmen, für die Opfer der Vergangenheit jedoch kannst du absolut nichts tun. Oder bist du etwa anderer Meinung? Und wenn du den ganzen Kosmos bis zum Bersten mit Glück erfüllst, meinst du, du könntest die Dinge, die dort einmal vorgefallen sind, durch diese Tat auch nur um einen Deut ändern?«
    »Aber ja! Ja doch!« rief Trurl. »Du mußt es nur richtig verstehen! Wenn ich auch nichts mehr tun kann für jene, die nicht mehr sind, so kann ich doch das Ganze ändern, von dem sie ja nur ein Teil sind. Und von diesem Tage an werden alle sagen: ›Die schweren Prüfungen der Vergangenheit, die abscheulichen Zivilisationen, die entsetzlichen Kulturen waren nichts anderes als ein Präludium für das gegenwärtige Reich der Güte, Liebe und Wahrheit! Trurl, dieser luzide Geist, kam in tiefem Nachsinnen zu dem Schluß, man müsse das böse Erbe der Vergangenheit zum Bau einer lichten Zukunft verwenden. Das Unglück lehrte ihn, das Glück zu schmieden, und aus Verzweiflung schuf er eitel Freude, mit einem Wort – die Scheußlichkeit des Kosmos hat ihn dazu gebracht, ein Reich der Güte und Barmherzigkeit zu schaffen!‹ Die gegenwärtige Epoche ist nichts als eine Phase der Vorbereitung und Inspiration, und ihr wird unser Dank in segensreicher Zukunft gelten. Na, bist du endlich überzeugt?«
    »Nicht weit vom Kreuz des Südens befindet sich das Reich des Königs Troglodytos«, sagte Klapauzius. »Der

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