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Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Titel: Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem , Daniel E. Mroz
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seiner Verzweiflung Luft gemacht hatte, und als dies endlich geschehen war, und Trurl erschöpft auf einer prächtigen, perlmuttbesetzten Chaiselongue in sich zusammensank und sein Gesicht in den Händen begrub, da sagte er nur:
    »Ich denke, wir sollten uns allmählich an die Arbeit machen.«
    Diese Worte weckten in Trurl gleichsam neue Lebensgeister, und die beiden Konstrukteure begannen sogleich, die verschiedenen Möglichkeiten durchzugehen, wobei sie auch ihr Wissen um die dunkelsten und tiefsten Geheimnisse der Arkankunst kybernetischer Kreation heranzogen. Sehr rasch waren sie sich darüber einig, ausschlaggebend für den Erfolg seien weder die Panzerung noch die Stärke des zu konstruierenden Ungeheuers, sondern einzig und allein sein Programm, somit gelte es, einen Algorithmus von wahrhaft diabolischer Derivation zu schaffen. Es muß eine echte Ausgeburt der Hölle werden, eine in jeder Hinsicht satanische Kreatur, sagten sie sich, und obwohl sie noch keine klare Vorstellung hatten, wie sie dies bewerkstelligen sollten, stieg ihre Stimmung bei diesem Gedanken beträchtlich. Und als sie sich daran machten, die Bestie zu konstruieren, nach der es den grausamen Monarchen so sehr gelüstete, da waren sie so mit Leib und Seele bei der Sache, daß sie eine Nacht, einen Tag und noch eine Nacht durcharbeiteten, und als die wohlgefüllten Leidener Flaschen unter ihnen kreisten, da waren sie sich ihrer Sache schon so sicher, daß sie einander schadenfroh zublinzelten und hämisch lächelten – das aber nur, wenn sie außerhalb der Sichtweite der Diener waren, die sie (nicht ganz zu Unrecht) verdächtigten, Spione des Königs zu sein. Folglich sprachen sie in Gegenwart der Diener nicht über ihre Arbeit, sondern lobten nur die köstlichen elektrolytischen Getränke über den grünen Klee, desgleichen das herrlich zarte Boeuf Elektroganoff und die schäumende Ionensuppe, die durch wieselflinke Kellner mit flatternden Rockschößen serviert wurden. Erst nach dem Abendessen, als sie auf die Terrasse hinausgegangen waren, von der aus die ganze, in den letzten Strahlen der Abendsonne erglänzende Stadt mit ihren weißen Türmen und schwarzen Kuppeln sichtbar war, wandte sich Trurl Klapauzius zu und sagte:
    »Wir sind noch längst nicht aus dem Schneider, die Sache ist wirklich nicht so einfach.«
    »Wie meinst du das?« flüsterte Klapauzius und sah sich verstohlen nach allen Seiten um.
    »Weißt du, ich sehe es so. Wenn der König unser mechanisches Biest zur Strecke bringt, dann wird er zweifellos sein Versprechen wahrmachen und uns in diesen schrecklichen Brunnen werfen, eben weil wir seine Wünsche nicht erfüllt haben. Wenn uns wiederum die Bestie so gut gelingt … du weißt, worauf ich hinauswill?«
    »Nein. Du meinst, wenn er die Bestie nicht besiegt?«
    »Nein, wenn die Bestie ihn besiegt, lieber Kollege … Wenn das passieren sollte, dann wird uns auch der Nachfolger des Königs nicht ungestraft ziehen lassen.«
    »Du glaubst, wir werden uns dann vor ihm verantworten müssen? Aber normalerweise ist ein Erbe des Throns doch nur allzu froh, wenn dieser vakant wird.«
    »Das stimmt, aber Thronerbe wird sein Sohn sein, und ob er uns nun aus Liebe zu seinem Vater oder nur deshalb den Garaus macht, weil er denkt, daß der Hof das von ihm erwartet, das macht kaum einen Unterschied, zumindest soweit es uns betrifft. Oder bist du anderer Meinung?«
    »Daran habe ich wirklich nicht gedacht.« Klapauzius brütete vor sich hin und brummte schließlich: »Wirklich, die Perspektiven sind nicht eben rosig. Weder so noch so … Siehst du einen Ausweg?«
    »Man könnte die Bestie multimortal konstruieren. Etwa nach folgendem Muster: Der König erschlägt sie, sie stürzt zu Boden, ersteht aber sogleich wieder von den Toten auf. Der König jagt ihr nach, macht ihr erneut den Garaus, und so weiter, bis er der ganzen Sache schließlich überdrüssig wird …«
    »Das wird seine Stimmung nicht gerade heben. Ich jedenfalls möchte ihn nicht erleben, wenn er von solch einer Jagd zurückkehrt«, bemerkte Klapauzius. »Wie willst du im übrigen solch eine Bestie konstruieren?«
    »Ich habe noch keine konkrete Vorstellung, ich skizziere lediglich bestimmte Möglichkeiten … Am einfachsten wäre wohl ein Ungeheuer ohne lebenswichtige Organe. Der König kann es in Stücke hacken, die Stücke aber wachsen sogleich wieder zusammen.«
    »Wie?«
    »Man könnte ein Feld benutzen.«
    »Ein Magnetfeld?«
    »Zum Beispiel.«
    »Ja, aber wie

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