Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Titel: Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem , Daniel E. Mroz
Vom Netzwerk:
kriechen, das ist eine Sache für die schwere Artillerie, nicht für mich. Mein Gegner muß stark und wild, flink und behende sein, vor allem aber voller Tücke und Hinterlist, so daß ich mein ganzes jagdliches Können aufbieten muß, wenn ich ihn zur Strecke bringen will. Es muß eine durchtriebene, hochintelligente Bestie sein, die die Kunst beherrscht, Spuren zu verwischen und Haken zu schlagen, lautlos im Hinterhalt zu lauern und blitzschnell anzugreifen, das ist mein königlicher Wille!«
    »Verzeiht mir, Königliche Hoheit«, sagte Klapauzius und verneigte sich tief, »was aber, wenn wir die Wünsche Eurer Majestät allzu gut erfüllen, werden wir dann nicht dero Allerhöchstes Leben und Gesundheit in größte Gefahr bringen?«
    Der König brach in solch donnerndes Gelächter aus, daß sich ein Schmuckgehänge vom Kristallkandelaber löste und dicht neben den Füßen der ängstlich zusammenzuckenden Konstrukteure zerschellte.
    »Davor habt keine Furcht, meine edlen Konstrukteure!« sagte er mit grimmigem Lächeln. »Ihr seid nicht die ersten, und ihr werdet auch nicht die letzten sein, wie ich meine. Ihr müßt wissen, daß ich ein gerechter, aber äußerst anspruchsvoller Herrscher bin. Allzu oft schon haben ausgesuchte Spitzbuben, Hochstapler und Schwindler versucht, mich zu betrügen, allzu oft, sage ich, haben sie sich als erstklassige Jagdingenieure ausgegeben, nur um meine Schatztruhen zu leeren und sich die Taschen mit Kleinodien und Edelsteinen vollzustopfen; als Gegenleistung ließen sie dann ein paar erbärmliche Vogelscheuchen zurück, die schon beim Anblick eines Jägers in sich zusammenfielen … Nein, nein, es gab allzu viele von diesen Scharlatanen, so daß ich mich gezwungen sah, gewisse Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Seit nunmehr zwölf Jahren halte ich es so, daß jeder Konstrukteur, der meine Wünsche nicht erfüllt, der mehr verspricht, als er halten kann, zwar seinen versprochenen Lohn erhält, jedoch gemeinsam mit der Belohnung in diesen tiefen Brunnen hier geworfen wird – es sei denn, er hat die Kühnheit, mir selbst als Jagdbeute dienen zu wollen. In einem solchen Falle jedoch benutze ich, wie ich euch versichern kann, keinerlei Waffen, sondern nur meine bloßen Hände, die ihr hier vor euch seht …«
    »Und … und hat es schon viele von diesen Unglücklichen gegeben?« fragte Trurl mit merklich leiser gewordener Stimme.
    »Viele? An alle kann ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern. Ich weiß nur, daß mich bis jetzt noch keiner zufriedengestellt hat, und daß die Entsetzensschreie, die sie unweigerlich von sich geben, wenn sie in den Brunnen hinabstürzen und dieser Welt Lebewohl sagen, nicht mehr so lange dauern wie früher – das muß wohl daran liegen, daß sich die Überreste dieser Scharlatane mittlerweile am Grund des Brunnens zu Bergen türmen. Aber keine Angst, meine Herren, auch für euch wird sich dort unten noch ein Plätzchen finden!«
    Nach diesen entsetzlichen Worten herrschte tödliches Schweigen; die beiden Freunde blickten unwillkürlich in die Richtung des schwarzen, unheilverheißenden Brunnens. Der König nahm seine rastlose Wanderung durch den Saal wieder auf, seine Stiefel donnerten auf das silberbeschlagene Parkett wie Schmiedehämmer in einer Echokammer.
    »Aber, Majestät, mit Eurer Erlaubnis, wir haben ja nicht … ich meine, wir haben ja noch keinen Vertrag geschlossen«, brachte Trurl schließlich stotternd hervor. »Könnten wir nicht noch ein, zwei Stunden Bedenkzeit haben, denn wir müssen ja zunächst die profunden Worte Eurer Hoheit in unserem Herzen bewegen, und danach wird sich zeigen, ob wir die Bedingungen annehmen oder aber ob wir …«
    »Ha, ha!« lachte der König donnernd, »oder ob ihr nach Hause fahrt, wie? Nein, nein, meine Herren, ihr habt die Bedingungen akzeptiert, als ihr an Bord der Infernanda kamt, die, nota bene, ein Teil meines Königreichs ist! Wenn jeder Konstrukteur, der hier eintrifft, gehen könnte, wann immer er wollte, dann müßte ich ja eine Ewigkeit auf die Erfüllung meiner Wünsche warten! Also ihr bleibt und konstruiert mir Ungeheuer für die Jagd … Zwölf Tage gebe ich euch dafür, und jetzt könnt ihr gehen. Sollte es euch nach Annehmlichkeiten und Luxus aller Art verlangen, so wendet euch nur an die Diener, die ich euch zugewiesen habe, es soll euch an nichts fehlen. In ZWÖLF Tagen also!«
    »Mit Eurer Erlaubnis, Hoheit, Annehmlichkeiten interessieren uns im Moment weniger, aber könnten wir nicht

Weitere Kostenlose Bücher