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Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Titel: Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem , Daniel E. Mroz
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in Indochina sind und weshalb die Nadojderer aus Flutorsien stets behaupten, sie seien verweht worden. Doch da schloß er die Augen und erstarrte, erdrückt von der Informationslawine, der Dämon indes wickelte ihn weiter in die Papierstreifen ein und strafte somit auf entsetzlichste Weise den diplomierten Räuber Mäuler für seine maßlose Gier nach jedwedem Wissen.
    So hockt jener Mäuler bis auf den heutigen Tag auf dem Grunde seiner Müllhaufen und Schutthalden, bedeckt mit Bergen von Papier, im Halbdämmer des Kellers aber zittert und vibriert der winzige Brillantschreiber und notiert alles, was der Dämon Zweiter Ordnung aus den atomaren Tänzen der Luft, die durch das kleine Loch im alten Faß strömt, herausfischt; und so erfährt der unglückselige Mäuler, genötigt durch die Streifenflut der Information, von den Pompons und von den Karakons und von seinem eigenen Abenteuer, das auf diesen Seiten ebenfalls geschildert wurde, wo es sich auf irgendeinem Kilometer des Papierstreifen befindet – auch noch andere Geschichten und Prophezeiungen der Geschichte aller Wesen bis zum Verlöschen der Sterne; und es gibt für ihn keine Rettung, denn so streng haben ihn die Konstrukteure für seinen räuberischen Überfall bestraft – es sei denn, daß schließlich das Band wegen Papiermangels zu Ende geht.
     
     
     
    Die siebente Reise oder
Wie Trurls Vollkommenheit zum Bösen führte
     
     
    Das Weltall ist unendlich, aber begrenzt, und deshalb kehrt ein Lichtstrahl, wohin er auch aufbricht, nach Milliarden von Jahrhunderten an seinen Ausgangspunkt zurück, sofern er nur genügend Kraft hat; nicht anders ist es mit den Nachrichten, die zwischen den Sternen und Planeten kreisen. Eines Tages erreichte Trurl aus großer Ferne die Kunde von zwei mächtigen Konstrukteuren-Benefaktoren, die über soviel Vernunft und soviel Vollkommenheit verfügten, daß niemand ihnen gleichkomme. Alsbald begab er sich zu Klapauzius. Der aber erklärte ihm, die Nachricht spreche nicht von geheimnisvollen Rivalen, sondern von ihnen selbst, sie habe den Kosmos umkreist. Der Ruhm jedoch hat es so an sich, daß er über Niederlagen gewöhnlich schweigt, sogar wenn die höchste Perfektion sie hervorgerufen hat. Wer daran zweifelt, möge sich der letzten von Trurls sieben Reisen erinnern. Er hatte sie allein unternommen, weil Klapauzius von dringenden Pflichten festgehalten wurde, so daß er ihn nicht begleiten konnte.
    Trurl war damals grenzenlos überheblich, und die Zeichen der Verehrung, die man ihm entgegenbrachte, nahm er als etwas ganz Gewöhnliches hin. Mit seinem Raumschiff flog er nach Norden, weil diese Richtung ihm am wenigsten bekannt war. Lange flog er durch die Leere, mied Globen voll Kriegsgeschrei und solche, die schon die Stille vollständiger Leblosigkeit einte, bis ihm zufällig ein kleiner Planet in den Weg kam, eigentlich ein geradezu mikroskopischer Brocken verirrter Materie.
    Auf der Oberfläche dieses Felsblocks lief jemand hin und her, sprang in die Höhe und machte seltsame Gebärden. Erstaunt über solche Einsamkeit und beunruhigt von diesen Anzeichen der Verzweiflung oder des Zorns, landete Trurl eilends.
    Ein Mann von riesiger Gestalt kam ihm entgegen, ganz aus Iridium und Vanadium, rasselnd und klirrend, und tat ihm kund, er heiße Exilius Tartareus und sei der Herrscher von Pankrycia und Cenendera; die Bewohner dieser beiden Monarchien hätten ihn in einem Anfall königsmörderischen Wahnsinns von seinem Thron gestoßen, vertrieben und auf diesen wüstenhaften Brocken gesetzt, damit er in alle Ewigkeit mit ihm in den dunklen Driften der Gravitation umherirre.
    Nachdem er erfahren, mit wem er es zu tun hatte, begann jener Monarch zu fordern, Trurl als gewissermaßen berufsmäßiger Wohltäter solle ihn unverzüglich in seine früheren Würden wieder einsetzen; schon der Gedanke an eine derartige Wendung der Dinge ließ seine Augen im Feuer ersehnter Rache aufleuchten, und seine stählernen Finger krallten sich zusammen, als packten sie die treuen Untertanen bereits bei der Kehle.
    Weder konnte noch wollte Trurl die Wünsche des Exilius erfüllen, denn das hätte viel Böses und viele Verbrechen nach sich gezogen, zugleich aber wünschte er, die beleidigte Majestät irgendwie zu besänftigen und zu trösten, er meditierte also eine gute Weile und gelangte zu der Überzeugung, auch in diesem Falle sei nicht alles verloren, man könne nämlich beides bewerkstelligen, den König befriedigen und seine Untertanen

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