Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.
alten Faß oder auch nur aus einem Niesen Informationen über alles extrahieren und sammeln wird, was war, was ist, was sein kann und was sein wird. Es gibt keinen Dämon über diesen Dämon, denn er ist Zweiter Ordnung, wenn du ihn also willst, dann rede gleich!«
Der Diplomräuber war mißtrauisch und ging nicht gleich auf die Bedingungen ein, zu guter Letzt legte er den Schwur ab, jedoch mit der Einschränkung, daß erst der Dämon entstehen und seine allinformatorische Macht beweisen müsse. Trurl nahm die Bedingungen an.
»Paß nun auf, Großmäuliger!« sagte er. »Hast du irgendwo Luft bei dir? Ohne Luft kann der Dämon nämlich nicht arbeiten.«
»Etwas wird wohl dasein«, sagte Mäuler, »aber ganz rein ist sie nicht, sie ist abgestanden.«
»Schadet nichts, sie kann sogar faulig sein, das hat keine Bedeutung«, sagten die Konstrukteure. »Führe uns dorthin, wo die Luft ist, und wir zeigen dir alles!«
Er ließ sie also aus dem Raumschiff, indem er sein Maul wegrückte, und sie folgten ihm, während er sie zu sich führte – Beine hatte er wie Türme, einen Rücken wie einen Abgrund, und sein ganzer Körper war seit Jahrhunderten ungewaschen und ungeölt, er knirschte also geradezu unsäglich. Sie folgten ihm in die Kellergänge; auf dem Wege lagen verschimmelte Säcke herum, in denen der Geizhals die geraubten Informationen hielt, gebündelt und in Packen geordnet, mit Schnüren umwunden, und alles Wichtigere und Wertvollere war mit Rotstift unterstrichen. Und an der Wand des Verlieses hing ein riesiger Katalog, mit einer von Rost zerfressenen Kette an den Felsen geschmiedet. Darin waren alle möglichen Fächer – bei A war der Anfang. Trurl sah sich das an und ging weiter – ein dumpfes Echo antwortete, er verzog das Gesicht, ebenso Klapauzius, denn obschon alles voll war von geraubten authentischen kostbaren Informationen, befanden sich doch überall, wohin sich das Auge wandte, Gerümpelhöhlen und Schmutzkeller. Alles war voll Luft, aber die war ganz stickig. Sie blieben stehen und Trurl sagte: »Gib acht! Die Luft besteht aus Atomen, diese Atome springen nach allen Seiten und prallen milliardenmal in der Sekunde in jedem Kubikmikromillimeter zusammen, und das ist eben das Gas, weil sie so ewig hüpfen und miteinander anstoßen. Aber wenn sie auch so blindlings und rein zufällig springen, so gibt es davon doch in jeder Ritze Milliarden über Milliarden; infolge dieser hohen Anzahl bilden sich aus jenen Sprüngen und Schwüngen unter anderem auch durch reinen Zufall verursachte sinnvolle Konfigurationen … Weißt du denn, du Kamel, was das ist, so eine Konfiguration?«
»Keine Beleidigung, bitte!« entgegnete Mäuler. »Ich bin nämlich kein einfacher ungehobelter Räuber, sondern ein feinsinniger, einer mit Diplom, und ich bin deshalb sehr nervös.«
»Gut. Aus diesen atomaren Sprüngen entstehen also gewichtige, das heißt sinnvolle Konfigurationen, etwa so, wie wenn du, ohne zu zielen, gegen eine Mauer schössest und die Treffer einen Buchstaben bildeten. Was im großen Maßstab selten und wenig wahrscheinlich ist, das ist im Atomgas alltäglich und stetig, eben wegen jener Billionen Zusammenstöße in jedem hunderttausendstel Teilchen einer Sekunde. Das Problem stellt sich nun folgendermaßen dar: In jeder Prise Luft formen sich durch das atomare Gezappel und Gehampel gewichtige Wahrheiten und bedeutsame Sentenzen, aber gleichzeitig entstehen dort ganz und gar sinnlose Sprünge und Abpraller; und von den letzteren gibt es tausendfach mehr als von jenen. Obschon man auch früher wußte, daß vor deiner Sägenase in jedem Milligramm Luft innerhalb des Bruchstücks einer Sekunde Fragmente jener Poeme entstehen, die erst nach einer Million von Jahren geschrieben werden, auch Teile verschiedener herrlicher Wahrheiten sowie die Lösungen sämtlicher Rätsel des Daseins und seiner Geheimnisse, so gab es noch Verfahren, diese Information vollends zu isolieren, um so mehr, als die Atome, die mit den Köpfen zusammenstoßen und sich zu einem Inhalt ordnen, gleich wieder auseinanderfliegen, und mit ihnen zerfällt auch dieser, vielleicht für immer. Der ganze Witz liegt also darin, daß man einen Selektor baut, der all das auswählt, was in dem Hin und Her der Atome sinnvoll ist. Das ist die Idee des Dämons Zweiter Ordnung, hast du davon etwas begriffen, du großer Mäuler? Es geht, bedenke, darum, daß der Dämon mir die wahre Information aus den atomaren Tänzen extrahiert, das heißt die
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