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Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Titel: Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem , Daniel E. Mroz
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Feudalherren und Lehnsmänner programmiert, was wird dann nach den Wahlen, wenn diese ihr Schicksal ändern? Erst müßtest du die ganze Struktur dieses Staates zerbrechen und von neuem fügen …“
    »Aber wo hört der Strukturwandel auf und beginnt die Umformung der Geister?!« rief Trurl. Klapauzius antwortete ihm nicht, und sie flogen in düsterem Schweigen, bis sie den Planeten des Exilius erblickten. Als sie ihn vor der Landung umkreisten, bot sich ihren Augen ein ungewöhnlicher Anblick.
    Unzählige Anzeichen vernünftigen Handelns bedeckten den ganzen Planeten. Mikroskopische Brücken überspannten wie Striche die Bäche, und die Teiche, in denen sich die Sterne spiegelten, waren voll hobelspangroßer Schiffchen … Die sonnenabgewandte, nächtliche Halbkugel war bedeckt mit den Pocken lichterglänzender Städte, und auf der hellen sah man Siedlungen, wenn man auch die Bewohner selbst wegen ihrer Winzigkeit nicht einmal durch die stärksten Gläser wahrnehmen konnte. Nur von dem König war keine Spur zu finden, als hätte sich unter ihm die Erde aufgetan.
    »Er ist weg …«, flüsterte Trurl verwundert seinem Gefährten zu. »Was haben sie mit ihm gemacht? Es ist ihnen gelungen, die Wände des Kastens zu sprengen, sie haben den gesamten Brocken eingenommen …«
    »Sieh nur!« sagte Klapauzius und wies auf ein Wölkchen in Form eines winzigen Stopfpilzes, das langsam in der Atmosphäre verging. »Sie kennen schon die Atomenergie … Und dort hinten – siehst du die Formen aus Glas? Das sind Reste des Kastens, die sie zu einem Heiligtum umgestaltet haben …«
    »Ich verstehe das nicht. Es war doch nur ein Modell. Nur ein Prozeß aus zahlreichen Parametern, ein monarchisches Trainingsgerät, eine Imitation, verkoppelt aus Variablen im Multistat …«, murmelte der verblüffte, verdutzte Trurl.
    »Ja, aber du hast den unverzeihlichen Fehler übermäßiger Perfektion in der Nachahmung begangen. Da du kein Uhrwerk bauen wolltest, hast du ungewollt aus Pedanterie bewirkt, was möglich und notwendig ist – also das Gegenteil des Mechanismus …«
    »Hör auf!« schrie Trurl. Sie schauten also nur hin, bis etwas an ihr Raumschiff stieß, aber nur in ganz leichter Berührung. Und sie sahen den Gegenstand, denn ein schmaler Lichtstreif aus dem Hintergrund beleuchtete ihn. Es war ein Fahrzeug oder nur ein künstlicher Satellit, verblüffend ähnlich einem der stählernen Schuhe, die der Tyrann Exilius getragen hatte. Und als sie die Blicke hoben, sahen sie hoch über dem Kleinplaneten einen leuchtenden Körper, den er früher nicht besessen hatte. Sie erkannten an seiner runden, vollkommen kalten Oberfläche die stählernen Züge des Exilius, der auf diese Weise zum Mond der Mikrominianten geworden war.
     
     
     

Die Geschichte von den drei geschichtenerzählenden Maschinen des Königs Genius
     
     
    Eines Tages erschien ein Fremder bei Trurl, und gleich als er aus seinem Photonen-Phaeton stieg, war klar, daß er kein gewöhnliches Wesen war, sondern aus den ganz entlegenen Regionen des Kosmos stammen mußte, denn wo alle von uns Arme haben, hatte er nur eine leichte Brise, und wo sich normalerweise Beine befinden, hatte er nichts als einen schimmernden Regenbogen, und anstelle eines Kopfes trug er einen kostbaren Federhut; seine Stimme kam aus der Mitte des Körpers, denn er war eine vollkommene Kugel, eine Kugel von äußerst gewinnendem Aussehen, ganz umschlungen von einem reich verzierten Plasmagurt. Nachdem er Trurl begrüßt hatte, erzählte er, er bestehe eigentlich aus zwei Wesen, nämlich der oberen und der unteren Halbkugel; die obere hieß Synchronicus, die untere Symphonicus. Trurl war begeistert von dieser genialen Problemlösung bei der Konstruktion intelligenter Wesen und gestand bereitwillig ein, daß er noch nie ein so präzise gearbeitetes Individuum gesehen hatte, geschweige denn eine derart abgerundete Persönlichkeit mit solch geschliffenen Manieren. Der Fremde lobte Trurls ausnehmend schönen Körperbau seinerseits in den höchsten Tönen und brachte das Gespräch nach diesem Austausch von Höflichkeiten auf den eigentlichen Zweck seines Besuchs. Als guter Freund und treuer Diener des berühmten Königs Genius sei er zu Trurl gekommen, um bei ihm drei geschichtenerzählende Maschinen zu bestellen.
    »Mein allergnädigster Herr und König«, sagte er, »hat sich schon längst von allen Regierungsgeschäften und herrscherlichen Pflichten zurückgezogen, zu diesem Verzicht hat ihn die

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