Kyria & Reb - Die Rückkehr
Schmuck. Zu derartigen Anlässen trugen wir Diademe, ebenfalls geformt als Jonquillen, aus Gold, Perlen und Brillanten. Das Amulett meines Vaters legte ich über das Gewand und streichelte es mit den Fingerspitzen.
Er hätte diesen Tag erleben sollen.
In der Berichterstattung liefen unentwegt die spektakulärsten Aufnahmen aus dem Rennen, überschlug sich Delberts Stimme immer wieder, bis ich ihn entnervt abmurkste.
Ja, es war ein Jahrhundertereignis.
Und wenn ich richtig vermutete, würde es gleich noch durch ein anderes überboten werden. Lady Umika hatte nämlich eine Überraschung vorbereitet.
In der Alten Oper ging es weit ruhiger zu als in der Arena. Der schimmernde Marmorboden, die Kristallleuchter, der üppige Blumenschmuck und die leise Hintergrundmusik erzeugten eine festliche Stimmung, das Rascheln von Seidenroben, die gedämpfte Unterhaltung, das Glitzern von Schmuck zeichnete die Besucher aus. Ich hielt mich an Ma Dama Ishas Seite, grüßte, lächelte, tauschte Komplimente, ebenso wie sie, und gemeinsam arbeiteten wir uns zu der Bühne hin, auf der unsere Landesmutter, umgeben von ihren Beraterinnen, saß. Der prachtvolle Pokal – oder wie Reb ihn genannt hatte, der vergoldete Eimer – stand auf einer gläsernen Säule und funkelte still vor sich hin.
Wir mussten, wie das bei derartigen Festakten so üblich war, einiges an Getue und Gerede über uns ergehen lassen, aber es hielt sich in Grenzen. Nach einer guten halben Stunde wurden die Wagenlenker erwartet, und sie hielten einen pompösen Einmarsch.
Man spielte die NuYu-Hymne, und an der Spitze der Männer schritt – Reb.
Ich hätte ihn fast nicht erkannt.
Er hatte nicht nur den Dreck von den Stiefeln gekratzt, nein, er hatte seine Haare glänzend gebürstet. Sie fielen ihm in schwarzen Locken über den hohen Kragen seines ärmellosen Gewandes.
Er bewegte sich darin, als hätte er nie etwas anderes getragen.
Cam folgte in gleicher Aufmachung, jedoch in Elfenbeinweiß.
Nach ihnen kamen die anderen, jeweils in ihre Rennfarben. Ein prächtiger Aufzug.
Sie nahmen vor der Bühne Aufstellung, und Lady Umika erhob sich, um ihre Rede zu halten.
Die begann zunächst harmlos, sie lobte die friedlichen Wettkämpfe, den Einsatz der NuMen für dieses Rennen, die Leistung der Fahrer. Dann wurde sie allgemeiner und kam auf das Zusammenleben von Männern und Frauen zu sprechen.
»Wir haben vieles aus der Vergangenheit gelernt, Bürgerinnen und Bürger von NuYu. Aber wir haben auch Fehler wiederholt und manche neue gemacht. Es ist mir ein Anliegen, in den letzten Tagen meiner Regierungszeit ein neues Gesetz zu verkünden. Vom heutigen Tag an, Bürger von NuYu, ist es allen Männern, ob Electi, Civitates oder Subcults, freigestellt, den Namen der väterlichen Linie zu führen.«
Stille.
Verblüffung.
Zaghafter Applaus.
Stärker Applaus.
Gewaltiger Applaus.
Er verklang, als Lady Umika wieder das Wort ergriff.
»Wir werden weitere Gesetze beschließen, wir werden ihre Umsetzung vorantreiben, um nicht nur den Männern gleiche Rechte zu geben, sondern auch die Ausgestoßenen in unsere Gemeinschaft zurückzuholen. Viel Arbeit, schwere Arbeit liegt vor uns. Aber heute wollen wir feiern und diese jungen Männer ehren, die uns gezeigt haben, dass auch der Wettkampf ein wichtiger Teil des Lebens ist. Ma Dama Isha, überreichen Sie Junor Reb terHag Alvarson den Pokal der UrSa. Überreichen Sie ihn dem Sieger eines Quadriga-Rennens, das mir fast das Herz hat stillstehen lassen: Rebell Reb!«
Er trat unter tosendem Applaus auf die Bühne. Ma Dama Isha hob den Pokal von seiner Säule und trat auf ihn zu.
Ich sah ihn lächeln, entspannt und glücklich.
Er nahm den Pokal. Stellte ihn auf die Säule zurück, verbeugte sich tief vor Ma Dama Isha und der Landesmutter und drehte sich zum Publikum.
»Im Rennen ging es nicht um den Pokal. Es ging um etwas weit Wichtigeres. Sie alle waren Zeuge, dass nicht ich der wahre Sieger bin, sondern mein Freund Ole MacFuga, einigen auch als Camouflage bekannt. Er hat auf den letzten Metern seinen Vorsprung aufgegeben, um mich als Ersten über die Ziellinie gehen zu lassen.« Reb streckte die Hand nach unten aus. Cam starrte nach oben. Xarina trat hinter ihn und stieß ihn kräftig in die Rippen. Irgendwas zischte sie ihm zu. Schließlich ergriff er Rebs Hand und sprang mit einer geschmeidigen Bewegung auf die Bühne. Meine Mutter schaute von einem zum anderen und flüsterte eine Frage. Reb schüttelte den Kopf, und sie trat
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