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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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nervös ich bin. »Meinst du, der alte Dolecek wird uns sehen?« sage ich schließlich. Dolecek ist unser Boß. Der Grund, warum ich überhaupt hier bin. Der Scheißer zieht an jedem Wochenende ins Manöver, seit ganzen zwanzig Jahren macht der das schon. Er sagt, ein Mann ist erst dann ein richtiger Mann, wenn er Blut gerochen hat. Klingt genau wie einer von diesen Werbesprüchen für die Kampfzone. Aber der alte Arsch hat eine Beförderung zu vergeben, und ich bin seit zwei Jahren nicht mehr höher eingestuft worden. Also mach ich diesmal besser einen guten Eindruck auf ihn.
    Stancato ist genau aus dem gleichen Grund hier, nur würde der das natürlich nicht zugeben. Er sagt, Tennis langweilt ihn, und Golf auch, und inzwischen auch Wandern – er will was Aufregenderes erleben. Stancato ist ein ehrgeiziger Saukerl. Zwei Jahre jünger als ich, und trotzdem sind wir beide in der gleichen Gehaltsstufe. Und heute will er mich überrunden.
    »Dolecek hat sich für diese Exkursion ein Majorspatent gekauft«, sagt Stancato und grinst. »Der kriegt uns nicht zu sehen, Andyboy. Der hat keine Ahnung, daß du auch hier bist. Also nimm es leicht und genieße es!«
    Jetzt haben alle ihre Gewehre. Der Spieß bellt irgendwas, und wir traben alle auf den Einsatzhubschrauber zu. Ein großes lärmendes Ding, diese Mühle, lauter grünes Metall und brüllende klatschende Rotorflügel in der Luft. An der Seite das Firmenzeichen von »Maneuver, Inc.«. Im Rumpf längsseits lange Bänke, unser Zug besetzt sie rasch. Ich lande zwischen Stancato und einem älteren Mann mit Knautschnase und einem riesigem Bauch. Der ist zwar auch bloß ein Frontschwein wie der Rest von uns armen Ärschen, aber ich sehe, daß er Oldtimer-Streifen am Ärmel hat. Der hat sowas also schon mal gemacht und sich dabei ’ne Menge Killpunkte eingesammelt. Ich studiere sein Gesicht, versuche herauszufinden, was aus ihm einen Killer macht, anstatt ein Opfer. Aber da ist nichts zu erkennen.
    Der Pilot steigt mit uns auf. Die Gesichter ringsum sind ein wenig verkrampft, aber gezwungen fröhlich. Viele grinsen, ein paar machen Witze. Verdammt noch mal, worauf freuen die sich denn dermaßen? Wissen diese Trottel denn nicht, daß sie vielleicht abgeknallt werden? Mir ist jedenfalls leicht übel. Es war eine ziemlich blöde Idee von mir, bei so was mitzumachen.
    Stancato ist einer von denen, die grinsen. »Alles okay bei dir, Andy?« brüllt er mir durch das Gedröhn der Hackmühle zu. »Du siehst ja nicht grad super aus.« Und er grinst breit, damit ich auch ja kapier, daß er nur so ein bißchen rumblödelt. Aber mich täuscht er nicht. Es macht ihm einfach Spaß, mich in den Dreck zu treten.
    »Mir geht’s blendend.« Und ich werde ganz bestimmt nicht kotzen, auch wenn es mich noch so sehr im Hals würgt. Das wäre ein zu toller Spaß für Stancato. Aber wenn ich es wirklich gar nicht unterdrücken kann, dann werde ich ihn vollkotzen. »Ich bin bloß ein bißchen nervös«, sage ich.
    »Du willst sagen, du hast Schiß!« Er lacht mir ins Gesicht. »Na, komm schon Andy, gib’s schon zu! Wir haben doch alle Schiß. Kein Grund zum Schämen. Ich hab auch ’ne gräßliche Scheißangst. Da müßte einer schon ganz blöd sein, wenn er keine Angst hätte. Die Concoms schießen nämlich mit scharfen Patronen auf uns.« Und wieder dieses Lachen. »Aber das macht die Sache ja erst so richtig spannend, stimmt’s?«
    »Genau.« Na, das glaub jetzt mal!
    Der Fettwanst schaut rüber. »Genau, das isses«, sagt er. Tiefe Sandpapierstimme, die Hälfte der Zähne fehlen ihm. Ein ausgewachsener Prolet. »Ich zieh da jetzt schon seit zehn Jahren mit raus, und ich hatte jedesmal Schiß. Aber das ist eben das echte Leben.«
    »Ein Mann hat nicht gelebt, wenn er nie dem Tod ins Auge geblickt hat«, sagt Stancato mit seiner glatten spöttischen Stimme. Das war einer von den Werbeslogans von Maneuver, Inc.
    »Ein Kerl ist kein Kerl, ehe er nicht maneuvriert hat«, bringe ich den zweiten Werbespruch an. Und im gleichen Moment komme ich mir vor wie ein Esel. Stancatos Zitat war in der Unterhaltung irgendwie richtig. Passend. Meines klang einfach dumm. Zu spät. Ich habe es bereits ausgesprochen.
    Und jetzt lacht mir der Wanst auch noch direkt ins Gesicht. »Hoho – und ich wette, ihr Jungs seid jetzt grad dabei, Männer zu werden, wie?« Und er nickt beifällig zu seiner Expertenaussage. »Jooo, ihr seid alle zwei noch grün wie die Heuschrecken. So was seh ich.«
    »Ein Mann mit klarem

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