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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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und im Schneematsch platsch-platsch machen. Er schreibt die Seriennummer jeder Waffe auf, die er ausgibt. Wahrscheinlich verlangen sie Extragebühren, falls einem das verdammte Zeug abhanden kommt. Sie lassen sich alles bezahlen. Dieses Wochenende kostet mich ein Vermögen. Ich frage mich schon wieder, was, zum Teufel, ich eigentlich hier soll. Tennis ist verdammt viel billiger. Und nachher kommst du nach Hause und bist noch am Leben. Immer. Jedesmal.
    Jetzt bin ich dran. Der Waffenmeister schielt mich schief an, prüft die Seriennummer des Gewehrs in seiner Hand, schreibt sie auf und reicht mir die Waffe. Name, will er wissen. »Birch«, sage ich. »Andrew Birch.« Das schreibt er ebenfalls auf. Ich nehme das Gewehr und ziehe ab. Hinter mir patscht der nächste Freiwillige an den Tisch heran.
    Das Gewehr ist aus glattem schwarzem Plastikmaterial, so lang wie mein Arm, und alle Konturen laufen elegant auf die Mündung am Lauf zu. Fühlt sich kalt an und glatt in der Hand, riecht nach Öl. Nicht geladen. Ich ziehe ein Magazin aus dem Patronengurt und schiebe es rein, es klickt beim Einrasten. Jetzt bin ich bereit. Genau wie die Burschen in den Werbespots. Meine erste Patrouille. Ein Soldat im Kampf. Ein Mann. Genau!
    Was für ein Scheiß!
    Ich glaube, ich bin kein guter Soldat. Ich halte meine Waffe zu ungeschickt, trotz des Hypnotrainings, das einem die Firma bietet. Ich weiß nicht so recht, wie ich damit umgehen soll. Und wenn ich es wüßte, ich würde es nicht tun wollen. Ich spiele sonst am Wochenende Tennis. Ich bin hier fehl am Platz. War idiotisch, daß ich da mitmachen wollte. Und was ist, wenn sie mich abknallen? Die Concoms haben ja schließlich auch ihre Waffen.
    Ich drehe mein Gewehr herum und untersuche es. An der Unterseite des Laufs ist eine unebene Stelle. Ziffern. Buchstaben und eine Seriennummer: EIGENTUM VON MANEUVER, INC.
    Stancato gleitet zu mir rüber, den Schießprügel unterm Arm. Er kippt das Nachtvisier am Helm nach oben. Der Helm sitzt ein bißchen schief auf seinem Schädel. Soll wohl verwegen aussehen, nehme ich an. Echt Stancato. Was die Sache noch ärgerlicher macht, bei ihm sieht das wirklich schick aus. In Kampfstiefeln, und mit dem Helm und dem Kotzbrei von Braun und Grün, den Maneuver einem als Uniform andreht, schafft Stancato es, prima auszusehen. Markig-männlich. Ich fühle mich hier draußen ganz zu Hause, sagt seine ganze Haltung. Stimmt aber nicht. Es ist nämlich auch für ihn das erstemal. Das weiß ich genau.
    Aber Stancato wirkt immer und überall natürlich. Er ist größer als ich, und er besteht ausschließlich aus Muskeln und südländisch-dunkler Hübschheit. Ich bin ziemlich kurz und stämmig, habe ein Mondgesicht und wischiwaschi-braune Haare. Stancato frißt wie ein Pferd, und es macht seiner knappen körperlichen Eleganz überhaupt nichts aus. Ich, wenn ich mal eine Sekunde lang nicht aufpasse, setze ich überall Speck an. Im Büro trägt Stancato immer das Allerneueste. Im Moment sind das diese ausgestellten Kragen und die halblangen Capes, im letzten Monat war’s was anderes. Er sieht immer kühl und modisch-schick aus. Wenn ich die gleichen Sachen trage, sehe ich aus wie ein aufgetakelter idiotischer Bourgeois.
    Ich fürchte, ich sehe auch jetzt wie ein Idiot aus. In dieser blöden Uniform. Sie sitzt nicht. Sie beult an sämtlichen falschen Stellen und ist zu eng, wo man es grad nicht haben will. Außerdem ist sie nicht einmal warm. Da bläst der Wind glatt durch. Man sollte doch verlangen dürfen, daß die einem was Besseres bieten würden, bei den Gebühren, die sie uns abknüpfen. Ich hätte fast Lust, die beim Verbraucherschutz anzuzeigen. Falls ich hier lebend zurückkomme.
    Stancato streichelt sein Gewehr und lächelt mich an. »Eine hübsche Kanone«, sagt er. »Die wird uns gute Dienste leisten.« Woher, zum Teufel, will der das wissen? Es ist sein erster Trip, und er redet schon wie ein Veteran. Aber wahrscheinlich hat er recht. Ihm wird das Ding sicher gute Dienste leisten.
    Am anderen Ende der Abmarschbasis geht der Motor des Einsatzhubschraubers auf Touren, aber es dauert noch, bis wir abfliegen können. Die anderen Freiwilligen schlurfen noch immer durch den Matsch. Ich fühle mich veranlaßt, etwas zu sagen. Das geht mir oft so, besonders wenn Stancato dabei ist. Der hat so eine Art, auf einen zuzukommen und was zu sagen, was mich dann fast zwingt, blöd herumzustottern.
    Diesmal denke ich zuerst nach. Ich will nicht, daß er merkt, wie

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