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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Ich könnt ja selber Spieß machen, wenn ich wollte, mußte wissen. Könnt mir sogar ein Wochenendpatent kaufen. Ich hab Unmengen Killpunkte. Aber das liegt mir nicht. Das da, hier draußen, das ist besser. Und ehe ich abkratze, hab ich mehr Killpunkte zusammen als irgendwer sonst. Das isses, was ich brauch, nicht so’n Scheiß Krieg vom Büro aus, wie die Bleiärsche mit den dicken Brieftaschen voller Credits, die sich am Wochenende als Befehlshaber aufspielen.«
    Ich schiebe meine Ration halbgegessen beiseite und betrachte mir den Kerl. Ein häßlicher Mann mit einer häßlichen Nase, ein gewaltiger Wanst und ein winziges Hirn. Und trotzdem, der hat Männer getötet, wahrscheinlich bessere Männer, als er einer ist, und er kommt zurück, und andere müssen sterben. Warum? Ich will ihn danach fragen.
    Aber Stancato redet zuerst. »Sie haben Spaß am Killen«, sagt er, und seine Augen funkeln hart und gierig. Ihm wird es ebenfalls Spaß machen, das weiß ich. Es bringt ihm was, wenn er andern weh tut, er genießt es, Menschen in den Dreck zu treten, sie zu demütigen. Andern Menschen Löcher in den Bauch zu schießen, das ist genau sein Speed. Davon wird er wahrscheinlich high.
    »Ja, so ist nun mal der Krieg«, sagt der Wanst. »Hier in der Kampfzone, klar doch, okay, aber da draußen genauso. Bloß nennen wir es dort nicht Krieg, aber es ist trotzdem einer. Dort haste andauernd einen im Genick sitzen, Kerle, die deine Frau vögeln wollen, die es auf deinen Job abgesehen haben, die deinen Kindern Drogen andrehen, die dich auf irgend’ne feige Art in die Scheiße reiten wollen. Da mußt dich halt einfach wehren, und das hier ist eine Möglichkeit, dich zu wehren. Klar, ja, ich mag es. Warum nicht? Die Concoms da …« – sein Kopf ruckt aggressiv in Richtung des Dickichts hin – »also, die meisten von denen sind doch Nigger, weißte. Da drunten, wo die leben, machen die Concoms enorm viel Reklame. Außerdem hassen die uns sowieso. Warum soll ich mir also nicht den Spaß gönnen und ein paar von denen umlegen?« Er verzieht angriffslustig das Gesicht, als wollte er uns herausfordern, ihm zu widersprechen. Das werde ich bestimmt nicht tun. Er ist zwar ein Trottel, aber er kann mir möglicherweise nützlich sein.
    Bei Maneuver, Inc. sind sie sicher überglücklich, wenn sie Kerle wie den da kriegen. Die sind voller Haß, und die killen, und die kommen an jedem Wochenende immer wieder. Klar, die kriegen Rabatt. Aber der Company bringen sie trotzdem noch Geld ein. Die stapelt Punkte, bis sie genug haben, und auf einmal hat Maneuver, Inc. den Krieg gewonnen, und Consolidated Combat muß mit einem dicken Creditpaket rüberkommen, anstatt umgekehrt.
    Ich möchte wetten, der Wanst ist in einem Krieg nach dem anderen immer zur Stelle. Und das sagt einem ’ne Menge über die Menschen, und es ist ziemlich widerlich. Seit fünfzig Jahren keinen echten Krieg mehr gehabt, also erfinden wir uns blutige Spiele, damit viehische Kerle wie dieser Wanst da was zum Spielen haben und zu ’nem Orgasmus kommen.
    Stancato, der wird sich dabei auch prima machen, o ja. Vielleicht wird mit der Zeit auch noch ein Wanst aus ihm. Das wär zu schön. So ein Schicksal würde ich ihm gönnen, er verdient es. Ich? Nein. Ich spiele nach diesem Wochenende nicht mehr mit.
    Der Wanst steht auf und fuchtelt mit den Händen herum. Wir nehmen unsere Gewehre und folgen ihm zurück in den Wald.
     
    Spät am Nachmittag. Der Krieg ist jetzt überall um uns herum, und der Modder ist wieder halbgefrorener Schneematsch geworden. Aber darunter liegt Fels, also kommen wir besser voran.
    Es stinkt scheußlich in diesem Wald. Und es ist laut. Eine wilde Schießerei irgendwo in der Nähe. Wir ziehen gebückt drauf zu. Wir stolpern so leise wie möglich weiter. Mir geht es jetzt leichter mit der Pumpe. Ich hab zwar Schiß, aber ich hab’ jetzt wieder ein bißchen mehr Energie. Und die Muskeln tun auch nicht mehr ganz so weh. Ich spüre sie eigentlich überhaupt nicht.
    Vor uns ein vermoderter Baumstamm, darübergebreitet eine Leiche, das Gesicht in den blutigen Schneematsch gepreßt. So richtig wie ein Szenenfoto aus einem Film. Es packt mich überhaupt nicht – bis ich begreife, das ist ja echt! Und dann gehe ich plötzlich auf das Ding da zu.
    Das Ding ist schon eine ganze Weile lang tot. Der Gestank nimmt zu, je näher wir herankommen. Dann, dicht davor, sehe ich das verquollene Fleisch, und der Aasgestank erstickt mich fast. Das Helmvisier ist

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