L.A. Woman
den Gedanken gleich wieder. Sie hatte ihr Erlebnis niemandem erzählt, am allerwenigsten natürlich Benjamin.
Nicht dass er nach der Geschichte mit dieser Jessica etwas dagegen hätte sagen können, aber das alles lag jetzt einfach weit hinter ihr. Schnell dachte sie an etwas anderes. Judith hatte sehr hart reagiert, sie hätte ihren Entschluss doch wenigstens akzeptieren können. Mädchen sollten bei ihrer Hochzeit einfach eine Brautjungfer haben.
„Wie geht es mit der Präsentation voran?“
Sarah sah den Mann an, der sie so ungeduldig ansprach. „Ich bin fast fertig.“
„So?“ rief er spöttisch. „Das ist wohl kaum möglich. Hier geht es um achtzig Seiten.“
Sie zuckte die Achseln und zeigte auf den Bildschirm. „Ich habe sie ein wenig aufgemöbelt.“
Er starrte auf den Monitor und sah gar nicht erfreut aus.
Ach so. So einer bist du!
Nach den krassen Gegensätzen zwischen Becky der Strengen und Richard dem Chaoten konnte nichts mehr sie aus der Ruhe bringen. Vor allem kein rechthaberischer kleiner Depp, der nichts anderes zu Wege brachte, als eine Aushilfe durch die Gegend zu scheuchen.
„Nun, wir brauchen möglicherweise noch ein paar Änderungen am Freitag“, sagte er.
Sarah schüttelte den Kopf. „Ich werde am Freitag nicht hier sein.“
Er zog die Augenbrauen in die Höhe. Das war offenbar etwas, das er oft tat. „Das hier ist eine längerfristige Stelle. Sie hätten …“
Sarah hob eine Hand. „Ich habe der Agentur Bescheid gegeben, und sie wird sich um alles kümmern. Ich heirate am Freitag. Ich werde aus L.A. wegziehen. Wenn das ein Problem für Sie ist, bin ich sicher, dass Ihnen schnell eine andere Aushilfe zugewiesen werden kann.“
Er schnappte wie ein Fisch nach Luft. „Aber … aber …“
„Sie hat absolut Recht!“
Sarah sah auf und erblickte eine Frau in einem roten Anzug mit kurz geschnittenem dunklen Haar. Ihr Lächeln passte hervorragend zu ihrem selbstbewussten Auftreten. „Um genau zu sein hat ihre Agentur heute Morgen angerufen, und wollte Sie sprechen, Bob. Wann sind Sie denn heute zur Arbeit erschienen?“
Nun hatte Bob offenbar ganz andere Probleme, sein Ton wechselte von aggressiv zu unterwürfig. „Ich war unten im vierten Stock … habe mit dem Mann im Versandraum gesprochen …“ Er schwindelte ziemlich schlecht, wie Sarah feststellte.
„Ich bin Erica Ross“, sagte die Frau und schüttelte Sarahs Hand.
„Sarah Walker. Schön, Sie kennen zu lernen.“
Die Frau zog die Augenbrauen in die Höhe. „Sie wissen nicht, wer ich bin, oder?“
Sarah kniff die Augen zusammen und erforschte das Gesicht der Frau. Sie hatte nicht die geringste Ahnung – vielleicht musste man sie ja aus dem Fernsehen kennen oder so?
„Ich bin die Geschäftsführerin dieser Firma.“
Sarah wartete. Okay, also nicht Fernsehen. Sie wusste nicht, ob die Frau nun erwartete, dass sie ihr gratulierte oder was?
Die Frau lächelte und betrachtete die Präsentation. „Sehr gute Arbeit“, sagte sie und klickte sich durch die Seiten. „Das werde ich am Montag präsentieren. Um ehrlich zu sein überrascht es mich, dass Sie bereits damit fertig sind.“
Sarah zuckte die Achseln. „Das war gar kein Problem.“
„Sie gefallen mir, Sarah“, sagte Erica mit einem Nicken. „Sie suchen nicht zufällig einen festen Job?“
Sarah spürte einen Adrenalinstoß. Vor Glück? Vor Aufregung? Doch so schnell das Gefühl gekommen war, so schnell verschwand es auch wieder. „Ich glaube nicht.“
Erica sah sie überrascht an. „Warum nicht? Wir zahlen ziemlich gut, und unserer Sozialleistungen sind hervorragend. Ich bin immer auf der Suche nach talentierten Leuten.“ Sie warf einen kurzen, geringschätzigen Blick auf Bob. „Die eine oder andere Position wird sicher bald frei werden.“
Bob wurde weiß wie ein Bettlaken.
„Nun, ich … mein künftiger Mann wird wahrscheinlich einen Job in Nordkalifornien annehmen.“ Sie zögerte. „Davon abgesehen, ziehe ich die Freiheit, die ich jetzt habe, vor.“
Warum habe ich das gesagt?
Das Lächeln der Frau wurde ein wenig schärfer, ihre Augen glitzerten. „Verstehe. Nun, wir hätten Sie wirklich gerne in unserem Team. Mir gefällt es, wenn jemand nicht herumschleimt, nur weil die Chefin in der Nähe ist.“
Bob stand kurz vor einem Herzinfarkt. „Sollte Ihr zukünftiger Mann aus irgendeinem Grund hier bleiben und Sie dann doch einen Job wollen, rufen Sie mich jederzeit an.“
Sarah lächelte unverbindlich, aber ihre Gedanken
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