L.A. Woman
musst dich auf den Job konzentrieren“, wiederholte sie langsam.
„Ich habe mir überlegt, dass ich mir eine eigene Wohnung nehme, und dass du mich jedes Wochenende besuchen kannst, genauso, wie wir es vorher auch gemacht haben. Wahrscheinlich können wir uns sogar öfter sehen. Wir haben im letzten Collegejahr doch so gut wie zusammengelebt.“
Aber nie wirklich, dachte sie. „Du willst also nach Los Angeles kommen aber nicht mit mir zusammen wohnen, damit du dich ganz auf deinen Job konzentrieren kannst?“
„So ist es“, antwortete er, offenbar erleichtert darüber, dass sie nicht laut wurde. „Genau so.“
„Martika hatte Recht“, sagte sie verwundert. „Du
bist
ein Arsch!“
„Wie bitte?“
„Du … bist … ein … Arsch.“ Sie sprach die Worte langsam und betont. „Welches Wort davon verstehst du nicht?“
„Vielen Dank, Sarah“, sagte er mit eiskalter Stimme. „Tausend Dank. Ich erzähle dir von meiner Beförderung, und das ist alles, was du zu sagen hast? Danke, dass du dich für mich freust, ich meine, schließlich kann man das von seiner Freundin doch wohl erwarten?“
„Oh nein, spar dir diesen Mist“, schrie sie und sprang aus dem Stuhl. „Versuch nicht, mir Schuldgefühle einzureden. Ich habe neunundzwanzig Stunden am Stück für eine Idiotin gearbeitet, ich hätte auf dem Heimweg einen Unfall bauen können. Und alles was du zu meiner Unterstützung tust ist zu sagen, dass jeder seine Pflicht erfüllen muss. Und jetzt, nachdem wir seit verdammten vier Jahren verlobt sind, willst du in die Stadt ziehen, in der ich wohne …“ Sie holte tief Luft: „UND ZWAR NUR DEINETWEGEN WOHNE, UND JETZT WILLST DU ALLEINE LEBEN? WEIL ICH EINE VERDAMMTE ABLENKUNG BIN?“
„Schrei mich nicht an“, zischte er warnend. „Im Ernst, Sarah, ich muss mir das nicht anhören.“
„Nein, das musst du nicht. Nie mehr.“ Ihre Stimme zitterte. Sie rieb sich die Tränen aus den Augen und schmierte sich dabei Mascara über die Wangen. „Such dir jemanden, der weiß, was man tun muss, um deine Freundin zu sein, Vollidiot. Verpiss dich.“
Sie legte auf. Eine Sekunde später klingelte es wieder.
„Was ist?“
„Es ist aus, Sarah“, sagte er. „Und wage es nie mehr, einfach aufzulegen.“ Und damit hängte er ein.
Sie sank zitternd aufs Sofa, unfähig zu glauben, was gerade geschehen war. Ich bin arbeitslos, dachte sie und jetzt auch noch Single, was ich seit, mein Gott, seit fünf Jahren nicht mehr gewesen bin. Seit ich zwanzig war. Und schon damals war ich nicht besonders gut im Flirten. Sie stand auf und lief durch die Wohnung, am liebsten hätte sie geschrien oder irgendetwas Verrücktes getan. Dann glaubte sie, sich übergeben zu müssen, aber als sie es versuchte, ging es nicht. Schließlich begann sie zu heulen, was zwar ein wenig half, aber nicht genug. Sie musste ihre Wut rauslassen. Irgendwie.
Was würde Martika jetzt tun, fragte sie sich.
Nach einem Augenblick ging sie zum Kühlschrank und nahm die Flasche Wodka heraus, die Martika dort aufbewahrte. Dann griff sie nach der Flasche Preiselbeersaft und vermischte beides mit der Sorgfalt eines Chemikers.
„Frieden innerhalb des Sturmes“, sagte sie entschlossen und leerte das Glas mit einem einzigen großen Schluck.
Dieser komplette Idiot macht mich krank.
Martika kam gegen zehn Uhr abends nach Hause. In letzter Zeit versuchte sie das Heimkommen immer so lange wie möglich hinauszuzögern, was ein Zeichen dafür war, dass sie sich bald wieder eine andere Bleibe suchen musste. Sie konnte nicht begreifen, wie Taylor ihr hatte vorschlagen können, bei Sarah einzuziehen.
„Sie ist süß“, hatte er vorhin erst in dieser typischen Taylor-Art geschwärmt. „Wie eine kleine Puppe, die man am liebsten in die Tasche packen, mit nach Hause nehmen und unter Glas stellen möchte. Ihre Stimme klingt wie die der kleinen Zeichentrick-Figuren … du weißt schon, diese japanischen Comicmädchen, die die ganze Zeit mit aufgerissenen Augen nichts anderes sagen als ‚oh!‘.“
„Und warum genau sollte ich weiterhin mit ihr zusammenwohnen wollen?“
„Weil du einen guten Einfluss auf sie ausüben könntest, Darling“, hatte er geschnurrt, weil er genau wusste, dass ein ausgeprägter Mutterinstinkt ihre Schwachstelle war. Sie war schließlich die selbst ernannte „Mutter des Santa Monica Boulevard“!
Die Vorstellung, Sarah zu helfen, war tatsächlich reizvoll. Beim ersten Treffen hatte sie geglaubt, dass da noch was zu machen wäre. Sie
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