Lacunars Fluch 02 - Die Prinzen
sich die beiden besser als ich glaube. Es ist ihr Leben. Spricht sie mit dir darüber?«
»Selten, aber wenn sie ihn erwähnt, dann nur mit großer Hingabe und Liebe.«
»Blödsinn! Meine Mutter kann mit diesen Begriffen gar nichts anfangen. Jedenfalls nicht, seit Bagatur gestorben ist. Ich wette, sie macht dir etwas vor.«
Du bist verdammt schlau, Rastafan, dachte Gaidaron, aber das wird dir auch nichts mehr nützen …
*
Nachdem sie die Hälfte der Arbeit geschafft hatten, legte Rastafan die Feder zur Seite. Ihn langweilte die Tätigkeit außerordentlich. Er reckte sich ausgiebig und sagte: »Wir machen morgen weiter. Ich verstehe dich nicht, wie du es aushältst, dich ständig mit diesem Schreibzeug zu beschäftigen.«
»Meine Arbeit besteht auch nicht darin, nur Namen einzutragen. Genauer gesagt bestand sie niemals darin.«
»Hm, dann habe ich dich wieder einmal mit meinem Anliegen erniedrigt?«
Das ›wieder einmal‹ hatte Gaidaron sehr wohl bemerkt. Aber jetzt hatte er einen Plan, und es traf ihn nicht mehr. Er zuckte die Achseln. »Wenn es dem Prinzen nur gefällt.«
Rastafan zwinkerte ihm zu. »Es gefällt ihm. Komm morgen wieder, dann erledigen wir den Rest. Bei Vennagor! Das wird eine riesenhafte Hochzeit. Es kommen sicher über tausend Gäste, was meinst du?«
»Vielleicht noch mehr. Doron will sich eben von seiner besten Seite zeigen.«
»Und seinen Reichtum und seine Macht zur Schau stellen.«
»Wer ist eigentlich Vennagor?«
»Ein Waldgott, der in den Rabenhügeln haust.« Rastafan grinste. »Wenn das Fest auf dem Höhepunkt ist, dann werden wir beide Hochzeit feiern. Was hältst du davon?«
»Hochzeit?«, fragte Gaidaron vorsichtig, obwohl er wusste, worauf Rastafan hinaus wollte.
»Ja. Natürlich nicht so etwas Herkömmliches wie zwischen Doron und meiner Mutter. Eine richtig urwüchsige Männerhochzeit muss das werden.«
»Ich glaube nicht, dass du in dieser Hinsicht über mich verfügen kannst.«
»Nein, aber du wirst freiwillig kommen, nicht wahr?«
»Wenn du mir Genugtuung gewährst?«
»Jederzeit, wenn du dazu in der Lage bist. Ich unterwerfe mich nie einem Schwächeren.«
*
Am nächsten Tag erledigten sie die noch anstehende Arbeit. Rastafan unterschrieb alle Briefe, dann siegelte Gaidaron sie in seinem Beisein. Er verstaute die Pergamentrollen in einer großen Tasche, um sie in den Mondtempel zu bringen. Von dort wurden die Boten in alle Richtungen ausgeschickt. Aber ein Pergament hatte Gaidaron zurückbehalten.
Ganz Margan fieberte dem großen Fest entgegen. Tasman und die Eiserne Garde hatten alle Hände voll zu tun, denn die verbotene Stadt hatte ihre Tore schon lange nicht mehr so weit geöffnet. Wer eine Einladung vorweisen konnte, durfte sie durchschreiten. Die Kontrollen waren streng, aber es strömten so viele Besucher in die Stadt, dass der eine oder andere unliebsame Gast durchrutschen könnte.
Fünf Tage sollte das Fest währen. Sogar in die Vorstadt Kythenai sollten Lebensmittel und Wein geschickt werden. Der ungeheure Reichtum Jawendors wurde sichtbar, allerdings nur einem kleinen Kreis. Doron hoffte, damit auch diese hässliche Angelegenheit mit dem Bruderkampf vergessen zu machen. Alle sollten davon überzeugt werden, in goldenen Zeiten zu leben.
Was würden künftige Geschichtsschreiber über das Fest sagen? Es war überdimensional, alle machten fröhliche Gesichter. Selbst Doron entfloh hin und wieder ein Lächeln. An seiner Seite saß eine wunderschöne Frau, die aus einem geheimnisvollen Land stammte. Der bestechend gut aussehende Mann neben ihr war ihr Sohn und der neue Prinz. Die Sonnen- und Mondpriester saßen getrennt voneinander, und ihre Gewänder glitzerten golden und silbern. Die Würdenträger und Höflinge trugen farbenprächtige Gewänder und stolze Mienen. Die Tische bogen sich von Speisen und Getränken, es traten Musikanten und Tänzer auf, selbst Gaukler und Akrobaten waren herbeigeholt worden. Ja, über dieses Fest würde man noch lange sprechen!
Während die Gäste weiter feierten, entschwand das Brautpaar unbemerkt. So war es Brauch, und niemand vermisste die beiden. Jeder wusste, dass sie jetzt nicht gestört werden wollten. Rastafan war schon wieder betrunken. Er grölte lauthals seine unpassenden Späße in den Saal. Aber heute war er nicht der Einzige, der dem Wein und noch schärferen Getränken reichlich zugesprochen hatte. »Gaidaron, wo bist du?«, nuschelte er, bevor er auf die Bank kippte, auf der er saß. Kurze Zeit
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