Lacunars Fluch 02 - Die Prinzen
auch?«
Es gab kaum etwas, das Gaidaron in diesem Augenblick weniger interessierte, aber er nickte eifrig und äußerte etwas Belangloses dazu. Er musste nur aufpassen, dass er nicht zu viel trank. Einen Schrecken hatte er schon verwinden müssen: Rastafan konnte lesen, sonst hätte er seinen Text nicht verworfen.
Rastafan indessen schwärmte weiterhin von den Kämpfern, und dass er sich demnächst auch mit ihnen messen wolle. Nach drei weiteren Bechern wagte Gaidaron den Einwurf, ob Rastafan sich nun den neuen Text durchlesen wolle. Er habe sich alle Mühe damit gegeben. Doch innerlich zerfraß es ihn, dass er so liebedienern musste.
»Die Einladung?« Rastafan tat, als sei er unsanft aus seinen Betrachtungen gerissen worden. »Ach so, ja. Die hätte ich beinahe vergessen.« Rastafan grinste und streckte die Hand aus. »Gib her!«
Gaidaron reichte ihm die Rolle. Rastafan rollte sie bedächtig auseinander, überflog den Text und nickte dann. Er schob sie Gaidaron hinüber. »Perfekt. Diesmal habe ich nichts daran auszusetzen.«
»Dann kann ich jetzt die Abschriften anfertigen?«
»Warte noch. Lass mich zuerst unterschreiben, damit alles seine Richtigkeit hat.«
Gaidaron musste seine Überraschung mit einem Räuspern kaschieren. »Ähm – ja, natürlich. Obwohl Euer Siegel …«
»Das kommt später.« Rastafan ließ sich die Feder geben und setzte schwungvoll seinen Namen darunter. »Ach«, entschlüpfte es ihm, während er sich an Gaidarons fassungslosem Gesichtsausdruck weidete. »Wie unaufmerksam von mir. Es bedurfte ja gar keiner Unterschrift, das ist doch nur eine Vorlage.«
»Nun, das macht ja nichts«, erwiderte Gaidaron gefasst, während seine Überlegenheit einen weiteren Dämpfer erlitten hatte. Rastafan konnte auch schreiben!
Er steckte die Pergamentrolle ein. »Ich benötige dann noch die Namen der Empfänger.«
»Welche Namen?«, tat Rastafan erstaunt.
»Nun, die der Würdenträger.«
Da lachte Rastafan schallend. »Ach, die! Mein lieber Freund: Ich hatte nie vor, ein Bankett für diese Bande zu geben. Oder glaubst du, ich wollte deren blasierte Gesichter einen ganzen Abend lang ertragen?«
Gaidaron wurde leichenblass. So war das also! Rastafan hatte ihn von Anfang an durchschaut und ihm mit gleicher Münze heimgezahlt. Er – Gaidaron – stand nun als Trottel da. Zum ersten Mal in seinem Leben musste er sich das eingestehen. Das war schwer zu ertragen.
»Du hast eine Falle für mich aufgestellt?«, murmelte er.
»In die du selbst hineingetappt bist. Oder was sollte dein erster Entwurf bezwecken?«
Gaidaron grinste schief. »Ein kleiner Scherz«, murmelte er.
»Der daneben gegangen ist«, erwiderte Rastafan kalt.
»Ich hätte die Einladungen so nicht verschickt.«
»Das behauptest du jetzt. Du bist hinterhältig zu Werke gegangen und wolltest mich am ganzen Hof unmöglich machen. Aber täusche dich nicht. Das wird dir den Thron nicht verschaffen. Was auch immer du vorhast: Vergiss es! Gib es auf! Es wird dir nicht gelingen. Du hast einen Klügeren gefunden.«
»Woran ich nie gezweifelt habe«, erwiderte Gaidaron rasch. »Ich gestehe, ich habe dir nicht geglaubt, dass du wirklich lesen und schreiben kannst, es war ein kleiner Test.«
»Zu dem du dich berechtigt fühltest?«
»Ich entschuldige mich hiermit in aller Form. Du hast unseren kleinen Kampf gewonnen. Sind wir wieder Freunde?«
Rastafan grinste. Der Triumph über Gaidaron und der Wein hatten ihn milde gestimmt. »Freunde waren wir nie, aber trinken können wir noch einen – auf meinen Sieg.«
Gaidaron musste lachen und hob den Becher. Verdammt! Rastafan gefiel ihm immer besser. Schade, dass er ihn beseitigen musste. Aber hatte dieser nicht sogar den eigenen Bruder für die Macht geopfert? Er bemühte sich, so wenig wie möglich zu trinken. Einmal hatte Rastafan ihn gedemütigt, er durfte seinen Verstand nicht ebenso ertränken wie dieser. Doch der nötigte ihm mehr auf, als er vertrug.
Tatsächlich hatte sich Rastafan so diebisch über Gaidarons kläglichen Anschlag gefreut, dass er alle Bedenken fahren ließ, und wo Gaidaron einen Becher leerte, trank Rastafan deren zwei. Bald war er restlos betrunken. Gaidaron wollte sich unbemerkt davonstehlen, denn er konnte Rastafans Handlungen in diesem Zustand nicht einschätzen. Doch obwohl dieser bereits seinen Wein verschüttete und halb zusammengesunken auf dem Diwan hockte, packte er Gaidaron immer wieder am Ärmel und zwang ihn zu bleiben. Solange Rastafan noch einen Funken
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