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Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition)

Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition)

Titel: Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Young
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1. Kapitel
    Die Luft in dem Raum schmeckt steril. Es riecht noch immer nach Bleichmitteln, und dieser Geruch verbindet sich mit dem der frischen weißen Wandfarbe. Ich wünschte, die Leh rerin würde ein Fenster aufmachen, um eine Brise hereinzulassen. Aber wir befinden uns hier im dritten Stock, und so lässt sich keines öffnen – vorsichtshalber, falls jemand plötzlich den Drang zu springen verspüren sollte.
    Ich starre noch auf den Fragebogen auf meinem Pult, als sich Kendra Phillips herumdreht, ihre Augen mit den purpurfarbenen Kontaktlinsen auf mich richtet und mich eingehend mustert.
    »Bist du immer noch nicht fertig?«
    Ich schaue an ihr vorbei nach vorn, um mich zu vergewissern, dass Mrs. Portman nicht aufpasst, dann lächele ich. »Es ist noch viel zu früh am Morgen, um sich selbst genau zu analysieren«, flüstere ich. »Da hätte ich doch fast schon lieber Physik.«
    »Vielleicht würde dir ein Kaffee helfen, mit QuikDeath gewürzt, dich auf den Schmerz zu konzentrieren.«
    Mein Gesichtsausdruck gerät mir plötzlich außer Kontrolle, mein Herz beginnt zu rasen. Einfach nur, weil sie dieses Gift erwähnt hat. Dennoch halte ich Kendras leerem Blick stand – der so leblos ist, dass selbst die purpurnen Kontaktlinsen es nicht verbergen können.
    Unter ihren Augen liegen tiefe Ringe, die Anzeichen des Schlafmangels, ihr Gesicht ist schmal geworden, hat scharfe Linien bekommen. Typen wie sie können mir mächtig Ärger einbringen, und doch vermag ich nicht wegzusehen.
    Ich kenne Kendra schon ewig, aber richtige Freundinnen sind wir nicht. Vor allem jetzt nicht. Nicht, wenn sie sich so depressiv verhält, seit fast einem Monat schon. Sonst bemühe ich mich, ihr aus dem Weg zu gehen, aber heute hat sie etwas so Verzweifeltes an sich, dass ich es einfach nicht ignorieren kann. Irgendwie scheint ihr Körper zu zittern, obwohl sie ganz still dasitzt.
    »Mein Gott, jetzt schau nicht so ernst drein«, sagt sie und hebt eine knochige Schulter. »War doch nur ein Scherz, Sloane. Ach ja«, fügt sie hinzu, als sei ihr gerade der eigentliche Grund eingefallen, weshalb sie sich umgedreht hat. »Rat mal, wen ich gestern Abend im Wellness Center gesehen habe? Lacey Klamath«, sagt sie und beugt sich zu mir hin.
    Mir verschlägt es die Sprache. Ich hatte keine Ahnung, dass Lacey zurückgekommen ist.
    In diesem Moment öffnet sich die Tür mit einem Klicken. Ich erstarre, als ich den Blick wieder nach vorn richte, und plötzlich ist mir, als würde mir die Luft abgeschnürt. Der Tag ist mit einem Mal definitiv mieser geworden.
    Zwei Betreuer in gestärkten weißen Jacken und mit glatt gekämmten Haaren stehen im Türrahmen, die Gesichter ausdruckslos, während sie nach jemandem suchen. Als sie sich in Bewegung setzen, mache ich mich ganz klein.
    Kendra dreht sich schnell nach vorn, den Rücken gestrafft. »Lass es nicht mich sein«, murmelt sie, die Hände wie zum Gebet gefaltet. »Bitte, nicht mich!«
    Vorn an ihrem Pult beginnt Mrs. Portman mit dem Unterricht, als gebe es keine Unterbrechung. Als würde es quasi zu ihrem Vortrag über die kinetische Theorie der Materie gehören, dass Leute in weißen Kitteln in den Klassenraum schlendern. Es ist das zweite Mal in dieser Woche, dass Betreuer in den Unterricht platzen.
    Die beiden Männer teilen sich auf, übernehmen jeder eine Seite des Klassenraums, kommen näher. Ihre Schritte hallen auf dem Linoleumboden wider.
    Ich schaue aus dem Fenster, tue so, als würde ich beobachten, wie die Blätter draußen von den Bäumen fallen. Es ist Oktober, aber der Sommer hat sich hier in Oregon noch einmal in den Herbst geschlichen und verwöhnt uns mit unerwartetem Sonnenschein. Ich wünschte, ich könnte jetzt sonst wo sein.
    Die Schritte halten inne, doch ich weigere mich, Schlüsse daraus zu ziehen. Dabei rieche ich die Betreuer bereits in meiner Nähe – antiseptisch, wie Franzbranntwein und Wundpflaster. Ich wage nicht, mich zu rühren.
    »Kendra Phillips«, sagt eine sanfte Stimme, »würdest du bitte mit uns kommen?«
    Ich halte den Laut zurück, der versucht, aus meiner Kehle zu entfliehen und der sowohl Erleichterung als auch Mitleid entspringt. Ich weigere mich, zu Kendra hinzusehen, starr vor Angst, dass die Betreuer auf mich aufmerksam werden könnten. Bitte, achtet gar nicht auf mich .
    »Nein«, sagt Kendra zu ihnen, »ich bin nicht krank.« Ihre Stimme klingt erstickt.
    »Miss Phillips …« Da ist die andere, die sanfte Stimme wieder, und diesmal muss ich

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