Lady Chesterfields Versuchung
die Aufmerksamkeit der gesamten Gesellschaft dem letzten Gegenstand auf dem Auktionstisch – ihrem Taschentuch.
Als Viscount Brentford es hochhielt, lag ein neckisches Lächeln um seinen Mund. „Gentlemen, darf ich Sie bitten, ein Gebot für dieses entzückend bestickte Taschentuch abzugeben?“
Michael hob die Hand. „Eintausend Pfund“, sagte er ruhig.
Aufgeregtes Gemurmel setzte ein.
„Wofür, Lieutenant?“, fragte der Viscount verdutzt.
„Für Lady Hannahs Taschentuch“, erwiderte Michael, ohne den Blick von Hannah abzuwenden. „Das ist mein Gebot.“
Plötzlich wurde es still im Salon, und Hannah wäre am liebsten im Boden versunken. Liebe Güte. Wusste er eigentlich, was er da getan hatte? Jetzt glaubten alle Anwesenden, dass sie beide eine Affäre hatten. Allein der Gedanke trieb ihr die Schamröte ins Gesicht.
Es gab keine weiteren Gebote. Michael nahm das Taschentuch und steckte es ein, dann verließ er wortlos den Raum. Er hatte ebenfalls keine Gegenleistung verlangt, und Hannah fragte sich, ob er erwartete, dass sie ihm folgte.
Missbilligend schüttelte der Graf den Kopf, und Hannah wusste nicht, was sie tun sollte. Das Spiel war noch nicht zu Ende, ganz zu schweigen davon, dass Michael keine eintausend Pfund besaß.
Plötzlich stand Miss Nelson neben ihr. „Wollen Sie dem Lieutenant nicht seine Uhr zurückgeben?“
Hannah brauchte einen Moment, bis sie verwirrt feststellte, dass sie in der Tat immer noch Lieutenant Thorpes Taschenuhr in den Händen hielt. „Oh, irgendwann schon, schätze ich.“
„Warum hat er eintausend Pfund für Ihr Taschentuch geboten?“, erkundigte Miss Nelson sich neugierig. „Sind Sie etwa miteinander verlobt?“
„Ich weiß nicht, warum er das getan hat.“ Hannah zuckte mit den Schultern. „Vielleicht, weil er einen Vorwand brauchte, um sich von dem Spiel zu entfernen.“
Doch ihre Erklärung schien die junge Frau nicht zufriedenzustellen. „Möchten Sie, dass ich ihm die Uhr zurückgebe?“
Hannah schloss die Finger um die Uhr. Es wäre eine Möglichkeit, den Lieutenant nicht noch einmal treffen zu müssen. Doch als sie Miss Nelson ansah, entdeckte sie ein hoffnungsvolles Leuchten in ihrem Blick. Die junge Dame schien ernsthaft zu glauben, dass Lieutenant Thorpe adlig und als Heiratskandidat in Betracht zu ziehen war.
„Nein, vielen Dank.“ Hannah schüttelte den Kopf. „Ich kümmere mich darum.“
Die anderen Damen hatten in der Zwischenzeit ein neues Spiel begonnen, bei dem es darum ging, einen versteckten Gegenstand zu finden. Sichtlich enttäuscht, dass Hannah ihr Angebot nicht angenommen hatte, schloss Miss Nelson sich ihnen an.
Hannah war schon an der Tür, als Graf von Reischor sie einholte. „Tun Sie das nicht, Lady Hannah“, bat er eindringlich und legte ihr die Hand auf den Arm. „Es würde Ihrem Ruf schaden.“
„Was immer von meinem Ruf übrig war, hat der Lieutenant durch sein Gebot endgültig ruiniert. Er ist mir eine Erklärung schuldig“, entgegnete sie kühl.
Ihr blieben weniger als vierundzwanzig Stunden, in denen sie noch ihre eigenen Entscheidungen treffen durfte, und auch wenn der Graf die Aufgabe hatte, auf dieser Reise über sie zu wachen, würde sie nicht zulassen, dass er ihr heute Abend Vorschriften machte. „Ich gebe ihm lediglich die Uhr zurück“, fügte sie hinzu und setzte entschlossen ihren Weg fort.
Der Graf bedeutete Estelle, ihre Herrin zu begleiten, und hielt Hannah die Tür auf. „Denken Sie daran, dass er Sie nicht heiraten kann“, sagte er leise, als sie an ihm vorbeiging. „Gleichgültig, was zwischen Ihnen vorgefallen sein mag.“
Lieutenant Thorpe heiraten? Einen Mann, der behauptete, dass sie ihm nichts als Schwierigkeiten eingebracht hatte? Wütend umfasste Hannah den Griff ihres Fächers fester. „Sie sehen Dinge, die es nicht gibt.“
„Ich sehe klarer als Sie, wie mir scheint.“ Von Reischor folgte ihr in den Treppenaufgang. „Weder Ihre Mutter noch Ihr Vater würde Ihnen gestatten, allein mit einem Mann zu sprechen.“
„Ich werde nicht alleine sein.“ Sie blieb stehen und atmete tief ein, um sich zu beruhigen. „Und Sie beleidigen mich, wenn Sie mir unterstellen, ich sei auf der Suche nach einer Affäre.“
„Eine Affäre wäre alles, was Sie sich jemals mit ihm erhoffen könnten.“
„Wieso? Weil Sie glauben, dass er mit dem Fürstenhaus von Lohenberg verwandt ist?“, mutmaßte sie aufs Geratewohl, schien aber ins Schwarze getroffen zu haben, denn der Graf
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