Lady Daphnes Verehrer
vom Gewächshaus aus, Katherine. Sollte der Eindringling sich bedrohlich verhalten, wenn ich ihn anspreche, kommst du heraus und richtest die Pistole auf ihn. Aber schieß nur, wenn es unbedingt erforderlich ist.«
Daphne verließ das Haus, als wollte sie einen mittäglichen Rundgang machen. Sie schlenderte am Küchengarten vorbei, dann folgte sie dem Pfad durch die Beete mit den Sommerblumen. Das Gewächshaus grenzte an die Pflanzungen zu ihrer Rechten, und links von ihr säumte eine Mauer mit Spalierobstbäumen den Garten, in den man durch zwei Tore zu beiden Seiten des Gewächshauses gelangte. Der Eindringling musste durch eines von ihnen gekommen sein.
Sie hielt auf die Laube zu, die sich in der Nähe der Mauer befand. Die Kletterrosen, die Schutz vor der Sonne boten, waren noch nicht erblüht, aber ihre Blätter schufen einen lauschigen, schattigen Zufluchtsort. Als sie näher kam, sah sie den Mann auf der Bank im Inneren der Laube sitzen.
Er sah sie ebenfalls. Er hielt den Kopf ein wenig geneigt, als beobachtete er sie voller Faszination. Es schien ihn nicht im Geringsten zu beunruhigen, dass sie ihn entdeckt hatte. Er blieb ruhig sitzen – ja, er fläzte regelrecht auf der Bank. An das Rankgitter der Laube gelehnt, hatte er ein Bein ausgestreckt, sodass die Sonne auf seinen Stiefel schien.
Es war ein sehr hübscher Stiefel, stellte sie bei näherem Hinsehen fest. Von Meisterhand aus edlem Leder gefertigt und blitzblank poliert.
Bei dem Eindringling handelte es sich also um einen Mann von Stand.
Ungefähr fünf Meter vor der Laube blieb sie stehen und wartete darauf, dass er das Wort ergriff. Und vielleicht eine Entschuldigung vorbrachte. Oder Interesse an ihren Gärten bekundete. Doch er betrachtete sie nur stumm, als studierte er ein Gemälde, auf dem unerklärlicherweise eine Gestalt durch die Ölfarben gedrungen war.
Daphne wurde die Situation unangenehm. Sie schaute zum Gewächshaus und suchte hinter den kleinen Glasscheiben nach Katherines dunklem Schopf. Sie rechnete zwar nicht mit Problemen, war jedoch sehr erleichtert, als sie Katherine ausmachen konnte.
Da man, was solche Stiefel anging, mit Freundlichkeit mehr erreichte als mit Anschuldigungen, lächelte sie dem fremden Mann zu. »Willkommen bei The Rarest Blooms, Sir. Sind Sie gekommen, um die Blumen zu bewundern? Haben Sie ein besonderes Interesse am Gartenbau?«
»Damit kenne ich mich überhaupt nicht aus, aber dieser Garten ist wirklich bewundernswert.« Er erhob sich, wie es die Etikette verlangte, trat jedoch nicht aus der Laube, sondern blieb im Schatten.
Er war groß. Größer als sie, obwohl sie dank ihrer hoch aufgeschossenen Statur oft auf Augenhöhe mit Männern war, wenn sie nicht sogar auf sie hinuntersehen musste. Er hatte dunkles Haar und dunkle Augen und sah recht gut aus. Er war jung, aber kein Jüngling mehr. Um die dreißig, schätzte sie.
»Möchten Sie vielleicht eine Auswahl besonderer Blumen für Ihre Herzensdame erwerben?«
»Nein, das hatte ich nicht vor.«
Er schien ihr nicht verraten zu wollen, was sein Ansinnen war. Er benahm sich sogar so, als ginge es sie nichts an. Sie entwickelte allmählich eine Abneigung gegen ihn. Sie fand sein Verhalten arrogant und seine laxe Art herablassend.
»Vielleicht sollten Sie es in Erwägung ziehen. Für Damen sind Blumen etwas sehr Romantisches. Sie lieben solche Geschenke.«
»Sie tun nur so! Im Grunde sind sie enttäuscht. Sie bekommen lieber Schmuck als Blumen geschenkt, wie selten sie auch sein mögen. Ich würde sagen, das dünnste Silberkettchen findet mehr Gefallen bei ihnen als die exotischste Pflanze.«
»Sie reden wie ein Experte – als wüssten sie, was jede einzelne Frau auf der Welt will.«
»Ich habe genug Frauen kennengelernt, um Bescheid zu wissen.«
Nun war sich Daphne sicher, dass sie ihn nicht mochte. »Ich liebe Blumen sehr, wie diese Gärten erahnen lassen. Mir scheint, was die Wünsche von Frauen angeht, fehlt es Ihnen an Erfahrung.«
Das amüsierte ihn. »Hätten Sie die Wahl zwischen der seltensten Blume der Welt und einem Diamanten von hoher Reinheit, würden Sie sich für Letzteren entscheiden. Es wäre dumm, es nicht zu tun, und Sie machen wirklich keinen törichten Eindruck auf mich.«
»Hätte ich die Wahl zwischen exquisiter Vergänglichkeit und exquisiter Beständigkeit, und wäre der Diamant von höchster Güte, würde ich den Stein nehmen. Aber wäre der Diamant nicht lupenrein, würde ich es nicht tun. Und nun ist es – da Sie
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