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Lady Daphnes Verehrer

Lady Daphnes Verehrer

Titel: Lady Daphnes Verehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeline Hunter
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in diesen Farben gesehen.
    Sie war gewiss keine Frau, die er übersehen oder vergessen oder nicht begehren würde. Deshalb war er, als sie den Gartenweg heruntergekommen war, sicher gewesen, dass er sie schon einmal gesehen hatte, aber er wusste nicht, wo. Möglicherweise waren sie sich auch nur auf den Straßen Londons begegnet.
    Nun waren ihre Wangen natürlich gerötet, und in ihren Augen schwelte eine ungeheure Glut. Es gefiel ihm, dass sie nicht so kühl war, wie ihre Farben und ihr Auftreten vermuten ließen. Leidenschaftliche Gefühle standen ihr gut zu Gesicht. Doch sie schien nicht zu wissen, was sie mit ihrer Rage anfangen sollte, und so vermutete er, dass sie sich heftige Emotionen gleich welcher Art nicht sehr oft gestattete.
    Er wies auf die Laube. »Vielleicht sollten Sie sich hinsetzen, Mrs Joyes, und sich erst einmal fassen.«
    Sie folgte seinem Vorschlag, setzte sich so steif auf die Bank, als hätte sie einen Stock im Rücken, und umklammerte die Vorderkante der Sitzfläche mit ihren schönen schmalen Händen. Dann starrte sie zu Boden. Er sah, dass sie versuchte, sich zur Ruhe zu zwingen, aber es gelang ihr nicht. Er konnte beinahe hören, wie es in ihr brodelte.
    Er blieb am Eingang der Laube stehen. Die Blätter der Kletterrosen flatterten über seinem Kopf, und er bemerkte, dass der Wind – passend zu ihrer Stimmung – Gewitterwolken von Westen herübertrieb.
    »Sie haben damit gerechnet, dass Becksbridge Ihnen dieses Anwesen vermacht, nicht wahr?«, fragte er, als ihre Anspannung ein wenig nachließ.
    Sie sah zu ihm auf, und ihr Blick war vernichtend.
    »Hat er es versprochen?«
    Sie zögerte und schaute wieder zu Boden. Dann schüttelte sie kaum merklich den Kopf.
    Plötzlich fiel Castleford wieder ein, wo er sie schon einmal gesehen hatte: vor Jahren, bei einer Gartenparty von Becksbridge in London. Bevor er mit Latham gebrochen hatte. Im Verlauf des Fests waren Becksbridges Töchter aus zweiter Ehe mit ihrer Gouvernante auf die Terrasse gekommen.
    Er sah vor sich, wie Mrs Joyes mit den Mädchen gescherzt und gelacht hatte. Damals war sie nicht so kühl gewesen. Und selbst noch nicht viel älter als ein Kind.
    Sie war bei Becksbridge angestellt gewesen, und nun lebte sie zu einem symbolischen Pachtzins auf einer seiner Liegenschaften. Sie war eine Pächterin, an deren Wohlergehen ihm sehr gelegen war, wie er geschrieben hatte, die er aber in seinem Testament nicht hatte nennen wollen, damit die anderen Tugendbolde in seiner Seitenlinie des Familienstammbaums nichts von ihr erfuhren.
    Sie hatte erwartet, das Anwesen durch das Testament für immer übertragen zu bekommen. Und wenn ihn seine Augen nicht täuschten, rührte die Röte in ihrem Gesicht nun weniger von Zorn her als vielmehr von Beschämung.
    Sieh an, sieh an. Becksbridge, du unerträglicher, scheinheiliger Trottel!
    »Zu Ihrer Beruhigung kann ich …«
    »Ich bin nicht beunruhigt. Nur überrascht, Hoheit.«
    »Dieser
kolossalen
Überraschung kann ich vielleicht abhelfen, indem ich Ihnen mitteile, dass der Herzog dem Wunsch Ausdruck verliehen hat, dass Sie hier wohnen bleiben, zu den gleichen Bedingungen wie bisher.«
    Das war wenigstens etwas. Nicht das, was sie erwartet hatte. Nicht das, was ihr angedeutet worden war. Aber immerhin fiel das Anwesen nicht dem neuen Becksbridge in die Hände.
    Der Gedanke, dass sie von Glück sagen konnte, dass es so gekommen war, war ihr jedoch kein Trost. Sie kämpfte immer noch gegen den schier unbezwingbaren Drang an, jemanden zu schlagen. Castleford zum Beispiel. Er überbrachte ihr nicht nur schlechte Nachrichten, sondern schien auch noch in einem ungehörigen Maß Freude an ihrer
kolossalen Überraschung
zu haben. Trotz seiner beflissenen Anteilnahme beobachtete er sie auf die Art und Weise, wie die Augen in einer Menge ein brennendes Gebäude beobachteten.
    Als sie sich etwas beruhigt hatte, ging ihr noch einmal der genaue Wortlaut seiner letzten Äußerung durch den Kopf. »Sie sagten, der Herzog habe den Wunsch geäußert, dass alles so bleibt, wie es ist. Beabsichtigen Sie, diesem Wunsch nachzukommen?«
    Castleford überlegte. »Ich habe mich noch nicht entschieden.«
    »Bei den vielen Ländereien, die Sie besitzen, haben Sie doch gar keine Verwendung für so ein kleines Stückchen Land.«
    »Man kann nie wissen.«
    Wollte er sie necken? Sie noch weiter aus der Reserve locken? »Wenn Sie um die Einnahmen bangen, kann ich selbstverständlich einen höheren Pachtzins zahlen. Dann hätte

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