Lady meines Herzens
wusste sie nicht. Es würde nicht allzu lange ein Geheimnis bleiben, dass er ihr den Laufpass gab.
Sie würde nicht den Rest ihrer Tage als Mrs Matthew Fletcher verbringen, sondern als die »arme Sophie Harlow« oder schlicht »das Mädchen, das sitzen gelassen wurde«.
Sophie drehte sich um und wollte gehen, obwohl sie die brennenden Blicke aller Anwesenden auf sich spürte. Matthew folgte ihr.
»Wie konntest du mir das antun?«, fragte sie, sobald sie im Vorraum der Kirche angelangt waren. Hier bot sich ihnen wenigstens ein Mindestmaß an Privatsphäre, und sie waren vor den neugierigen Blicken Dutzender Hochzeitsgäste geschützt. Deren Neugier war durchaus verständlich; an ihrer Stelle würde auch Sophie beim Versuch zu lauschen fast von der Bank fallen. Im Augenblick aber lief sie auf und ab.
»Ich weiß, der Zeitpunkt ist denkbar schlecht gewählt«, gab Matthew zu. »Aber wir sind jetzt schon so lange zusammen.«
Sechs Monate hatte er um sie geworben, und anschließend folgte eine einjährige Verlobungszeit. Seit dem Tag ihres Debüts hatte sie Matthew Fletcher gewollt. Kein anderer sollte es sein. Darum hatte sie zwei Heiratsanträge ausgeschlagen, während sie darauf wartete, dass er sie bemerkte, und zwei weitere, während er um sie warb.
Jetzt war sie einundzwanzig und beschädigte Ware. Sophie, die alte Jungfer, ach, das hatte doch was.
»Und wir wollten den Rest unseres Lebens miteinander verbringen«, fuhr er fort.
»Ja, das weiß ich!«, fauchte sie, ohne ihr Auf und Ab zu unterbrechen. Sie bewegte sich hin und her wie läutende Kirchenglocken.
»Aber es gibt so vieles, was ich erleben möchte, ehe ich mich mit einer Frau für den Rest meines Lebens niederlasse«, sagte er im vergeblichen Versuch, sich zu erklären. Etwas daran, wie er »eine Frau« sagte, ließ sie aufhorchen. Sie blieb stehen.
»Wer ist sie, Matthew?«, fragte Sophie kalt.
Sein Blick glitt zur Decke hinauf.
»Matthew.«
»Bei Lavinia empfinde ich etwas, das ich so noch nie empfunden habe! Wir sind uns erst vor zwei Wochen begegnet, und dennoch …« Er konnte sie nicht ansehen. Erneut fummelte er an den Knöpfen seiner Weste herum.
»Lavinia?« Was für ein schrecklich dummer Name.
»Wir sind uns im Swan begegnet«, erklärte er. The Swan war ein Gasthaus im fünf Meilen entfernten Amersham. »Nach dem Tod ihres Ehemanns hat sie sich auf Reisen begeben. Sie hat mich eingeladen, sie zu begleiten.«
»Matthew, ich fürchte, ich verstehe nicht ganz, was das heißt. Du verlässt mich – deine Liebste, deine Verlobte, deine Braut – wegen einer Frau, der du vor weniger als einem Monat in einem Gasthaus begegnet bist?«
Matthew antwortete nicht darauf, aber sein Schweigen genügte ihr als Antwort.
»Oh mein Gott«, flüsterte sie, weil sie erst jetzt das ganze Ausmaß der Katastrophe begriff. Die vielen kleinen Risse in ihrem Herzen wurden größer, und es zerfiel zu einem Häuflein Staub. Sophie drückte ihre Hände gegen die Brust und sank auf die Knie. Ihr Hochzeitskleid bauschte sich auf dem Steinboden um ihren Körper.
Sie hatte ihn geliebt. Hatte sich ihm versprochen und ihm aus tiefstem Herzen vertraut. Sie hatte ihm ihre Zukunft anvertraut! Und jetzt verließ er sie und das Leben, das sie gemeinsam geplant hatten.
Er raunte ihren Namen und versuchte, sie wieder aufzurichten. Sein Arm legte sich um ihre Taille.
»Nein.«
Sie schüttelte seine Hände ab. Sie ertrug es nicht länger, von ihm berührt zu werden. Nicht, nachdem er wahrscheinlich die andere Frau mit diesen Armen umfasst und mit diesen Lippen geküsst hatte.
Für über ein Jahr waren seine Arme und seine Küsse der beste Trost gewesen, den sie sich hatte vorstellen können. Auch den hatte er ihr genommen, ausgerechnet in dem Augenblick, in dem sie ihn am meisten brauchte.
Du treuloser, herzensbrechender Mistkerl.
» Sophie«, flüsterte er. »Sophie, es tut mir leid.«
»Oh! Wie konntest du nur?« Sie sprang plötzlich auf. Er folgte ihr.
»Sophie, ich …«
Sie versetzte ihm einen Schlag gegen die Schulter. »Wie konntest du mir das bloß antun?«
»Es tut mir leid«, wiederholte er. Sie wollte nichts davon hören. Er konnte sich tausendmal bei ihr entschuldigen und sie aus seinen braunen Augen unterwürfig anschauen. Sie bezweifelte, ob sie ihm das hier je würde vergeben können.
Sie ballte die Hände zu Fäusten und hämmerte auf seine Brust ein. »Wie konntest du uns das antun?«
Matthew versuchte nicht, sie aufzuhalten, aber er
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