Lady Sunshine und Mister Moon
…“
„Was sollen diese tausend Fragen?“ Niklaus warf seine Serviette auf den Tisch, während er sich vom Tresen abstieß. „Arbeitest du jetzt als gottverdammter Klatschkolumnist oder so was in der Art? Na gut, hier ist die ganze Geschichte: Natalie ist eine Cheerleaderin, und sie muss um halb neun am Stadion sein. Deshalb treffen wir uns so früh. Um zu arbeiten. Ich habe keine Ahnung, mit wem sie geht. Und weiß nicht, was sie nach dem Spiel vorhat. Ich kenne ihre Pläne nicht. Und was zum Teufel geht dich das alles überhaupt an? Was hat es mit dir zu tun, ob du weißt, wie mein Projekt vorankommt oder mit wem Natalie zusammen ist?“
Wolf blickte ihm fragend ins Gesicht. „Nik …“
„Ich muss los.“ Weil Niklaus sich nicht für den perplexen Gesichtsausdruck seines Onkels verantwortlich fühlen wollte, schnappte er sich seine Tasche und eilte zur Wohnungstür. „Ich muss nämlich den Bus kriegen, weil jemand, den ich kenne, mit mir nicht einmal darüber diskutieren würde, mir sein Auto zu leihen.“
Wolf folgte ihm in den Flur. „Ich würde dich gern bringen. Ich muss nämlich auch zur Arbeit.“
„Tu mir bloß keinen beschissenen Gefallen, okay? Ich komm schon klar.“ Nik riss an der Klinke, stürzte hinaus und schlug seinem Onkel die Tür vor der Nase zu. Dabei wusste er nicht einmal genau, warum er so wütend war.
Er suhlte sich bis zur Bibliothek in seinem Ärger. Doch als er im oberen Stockwerk ankam und Natalies Lächeln sah, begann irgendetwas in seinem Innern zu leuchten.
Er dachte daran, was Onkel Wolf darüber gesagt hatte, dass sie sich am Freitagabend mit ihm in der Bibliothek traf, und schon fühlte er sich noch besser. Doch selbst wenn ein Wunder geschehen und sich herausstellen würde, dass sie ihn lieber mochte als Rushman – was dann? Die Gründe, die ihn schon am Mittwoch dazu gebracht hatten, ihr nicht zu nahezukommen, galten schließlich auch heute noch. Er würde sich nie, niemals! , freiwillig in die Lage bringen, in der irgendein Mädchen die Macht bekam, ihm das Herz aus der Brust zu reißen. Er hatte seiner Mutter schon zu oft dabei zugesehen, um es selbst ausprobieren zu wollen.
So. Dann wäre das also auch geklärt. Er war cool. Er wusste genau, wohin die Beziehung zwischen ihm und Natalie gehörte: Sie war und blieb nur oberflächlich.
Sie waren Projektpartner.
Nichts anderes.
Basta!
Er war dankbar, dass sie heute Abend ihr kleines burgunderrot-weißes Cheerleaderkostüm trug. Das sollte helfen, ihre deutlich voneinander abweichenden Positionen zu unterstreichen. Es war fast so gut wie ein Schild, auf dem stand: Ich gehöre dazu. Und du nicht.
Ja, Sir. Das einzig Wichtige war das Projekt, an dem sie arbeiteten; darauf wollte er sich konzentrieren. Sich in die Arbeit hineinknien, einen guten Job machen. Und dann würde ihn die daraus resultierende Note seinem Stipendium wieder einen Schritt näher bringen. Von nun an gab es kein persönliches Interesse mehr an Natalie. Und zwar unter keinen Umständen. Wer brauchte schon ein Privatleben? Nik konnte sehr zielstrebig sein, wenn es um die Arbeit ging.
Er stiefelte zum Bibliothekstisch, warf seine Tasche lässig auf den Boden und ließ sich gegenüber der braunhaarigen Cheerleaderin auf den Stuhl fallen. „Also, was läuft zwischen dir und diesem Arschloch Rushman?“
Ihre großen braunen Augen weiteten sich. „Wie bitte?“
Oh Mann! Hatte er das gerade etwa laut ausgesprochen? „Sorry, ich hätte ihn nicht so nennen dürfen. Ich vermute, er ist dein Freund, hm? Peter, meine ich. Vergiss einfach, dass ich gefragt habe. Es geht mich ja eigentlich sowieso nichts an.“
„Er ist nicht mein Freund.“
Niklaus, der nicht wusste, wie er sich aus dieser Situation herauswinden sollte, starrte sie groß an. Sie sah so schön aus mit ihren geröteten Wangen und wie sie ihn mit diesen großen Augen anblickte. „Er ist nicht dein Freund?“
„Nein. Und ich weiß, dass er manchmal ein echter Schwachkopf sein kann, aber ich glaube, es ist vielleicht nur seine Art, alles unter Kontrolle haben zu wollen.“
„Kontrolle? Über diese Stiernacken, mit denen er herumhängt?“
Natalie lächelte. „Über alles. Aber wenn du glaubst, dass er ein Arsch ist, dann müsstest du erst einmal seinen Vater sehen. Ich habe einmal mitbekommen, wie Mr. Rushman Peter drüben bei der Tribüne ausgeschimpft hat. Das war nicht schön, Niklaus. Er hat ihm Sachen an den Kopf geknallt, die niemand von seinem Vater zu hören bekommen
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