Längst vergangen: Thriller (German Edition)
Waschlappen unter das Wasser, dann kniet sie vor mir und fängt an, das Blut von meinem Gesicht abzuwischen.
Ich fasse sie sanft am Handgelenk. »Ich mach das.«
Sie gibt mir den Waschlappen.
Ein paar Minuten sind wir alle still. Dann stößt sich Doug von der Arbeitsplatte ab und sagt: »Ich weiß nicht, Jake. Ich glaube ... das ist ein schlechter Schachzug.«
»Heißt das etwa nein?«
»Das hab ich nicht gesagt. Ich glaube nur, dass es ein schlechter Schachzug ist. Hast du dir das gut überlegt?«
»Wir müssen irgendwohin, je weiter weg, desto besser. Alles andere überlegen wir uns unterwegs.«
Doug zieht einen Stuhl vom Tisch und setzt sich. »Es ist spät. Bleibt heute Nacht hier. Wir können morgen früh reden.«
»Wir sollten weiterfahren.«
»Ich bringe euren Wagen in die Garage, dort sieht ihn keiner.«Er blickt von Diane zu mir. »Ihr beide könnt euch eine Nacht richtig ausschlafen. Wenn ihr morgen früh immer noch weg wollt, gebe ich euch den Schlüssel für das Strandhaus.«
Diane sieht mich an und zuckt mit den Achseln.
»Ich will, dass ihr euch sicher seid«, sagt Doug. »Wenn ihr nämlich flieht, müsst ihr immer auf der Flucht bleiben.«
Ich wende mich an Diane. »Was meinst du?«
Sie nimmt mir den Waschlappen ab, tupft damit meine Stirn ab und sagt: »Ich glaube, er hat recht.«
– – –
Doug führt uns ins Gästezimmer und schaltet das Deckenlicht ein. »Zum Bad geht’s hier durch den Flur. Ihr wisst ja schon, wo ihr Handtücher findet.« Er zeigt über die Schulter nach hinten. »Mein Zimmer ist dort, falls ihr mich braucht. Ruht euch aus, wir reden morgen.«
Wir danken ihm und schließen die Tür. Ein Doppelbett steht an einer Wand und ein Schaukelstuhl in der Ecke. Das Zimmer ist voller Umzugskartons und Stapel von Literaturzeitungen und -zeitschriften.
Ich setze mich auf die Bettkante und lehne mich zurück.
»Bist du okay?«, fragt Diane.
»Es tut weh, aber es wird schon.«
Diane klettert auf das Bett und legt sich neben mich. »Nimm ein heißes Bad, das hilft.«
Ich sage, ja, vielleicht, aber ich rühre mich nicht.
»Glaubst du, er hat recht? Dass wir für immer auf der Flucht bleiben müssen?«
»Vermutlich.«
»Ich glaube, das kann ich nicht.«
»Wir haben keine Wahl.«
»Was, wenn wir mit der Polizei reden?« Sie stützt sich auf einen Ellenbogen und sieht mich an. »Ich habe gehört, was Doug gesagt hat, und ich glaube, er hat recht. Vielleicht solltest du ihre Fragenbeantworten. Sie können dich nicht wegen etwas anklagen, das du nicht getan hast.«
Ich lache. »Selbst wenn dem so wäre, was sollten wir dann tun? Unser altes Leben wiederaufnehmen? Ich unterrichte wieder, du gehst wieder in die Galerie? Kannst du dir das nach allem, was passiert ist, vorstellen?«
»Doch, schon.«
Ich schüttle den Kopf. »Das ist vorbei.«
Keiner von uns sagt noch etwas.
Diane beobachtet mich noch eine Weile, dann legt sie sich wieder aufs Bett. Ein paar Minuten später höre ich sie leise weinen.
Ich rolle mich auf die andere Seite und versuche zu schlafen.
– 47 –
Als ich die Augen aufschlage, weiß ich einen Moment nicht, wo ich bin. Ein dünner Streifen Morgensonne kommt durch den Spalt in den Vorhängen herein und taucht das Zimmer in ein kaltes Blau. Diane liegt mit dem Rücken zu mir auf dem Bett. Ich setze mich langsam auf und bemühe mich, sie nicht zu wecken, dann gehe ich auf den Flur hinaus.
Aus der Küche höre ich leises Geschirrklappern und als ich um die Ecke biege, sehe ich Doug an der Spüle eine Kaffeetasse abwaschen.
»Morgen«, sage ich. Er sieht sich zu mir um, dann zeigt er auf den Tisch. »Setz dich. Möchtest du Kaffee?«
»Klar.« Ich ziehe mir einen Stuhl heran und setze mich. Ein silberner Schlüsselring liegt neben einer gefalteten Karte auf dem Tisch.
»Ich bin früh aufgewacht«, sagt Doug. »Konnte nicht schlafen.«
Ich setze zu einer neuen Entschuldigung dafür an, dass ich so spät vorbeigekommen bin, aber er lässt mich nicht ausreden.
»Das war es nicht. Ich musste nur über eure Situation nachdenken.« Er zeigt in Richtung Diele. »Schläft Diane noch?«
Ich nicke.
Doug greift nach der Kaffeekanne und füllt zwei Tassen. Eine reicht er mir, dann zieht er einen Stuhl heran und setzt sich. »Ich habe gestern Abend nicht viele Fragen gestellt. Ich weiß, du sagst mir nur, was du mir sagen willst, darum hielt ich es für zwecklos weiter zu bohren.«
»Das weiß ich zu schätzen.«
»Tja, gleich vielleicht nicht mehr.«
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