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Laennaeus, Olle

Laennaeus, Olle

Titel: Laennaeus, Olle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das fremde Kind
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Hemd und eine Krawatte. Sein weißes Haar ist akkurat gekämmt. Ihn
umgibt ein Geruch von Rasierwasser.
    Klas stößt erst Gertrud und dann Konrad
in Richtung des Sofas. Fuchtelt irritiert mit seiner Schrotflinte herum. Die beiden
sinken nieder, und ihre Blicke fliegen auf der Suche nach einem Ausweg verzweifelt
im Raum umher. Beide atmen flach.
    Dann wendet sich Klas an Linder. Er
spuckt die Worte aus wie stinkende Schleimpfropfen:
    «Ich bin gekommen, um dich zu töten,
du Scheißkerl!»
    Arvid Linder sitzt vollkommen reglos
da. Er starrt Klas an, als erwarte er, dass allein schon sein Blick dafür sorgen
werde, dass der andere kapituliert. Doch Klas zieht nur verächtlich die Nase hoch
und hält Linders Blick mit vor Hass gerötetem Gesicht stand.
    «Aber vorher musst du ihnen noch haarklein
erzählen, was geschehen ist.»
    «Lieber Klas, ich verstehe nicht, was
...»
    Ohne Vorwarnung macht Klas einen Schritt
vor und schlägt Arvid Linder mit dem Lauf seiner Schrotflinte ins Gesicht. Der Kopf
des alten Mannes wird zurückgeworfen, sein Haar wirbelt durcheinander, und von einer
Schnittwunde an der Nase rinnt Blut herab. Zum ersten Mal blitzt so etwas wie Angst
in seinen Augen auf.
    «Ich bin schließlich nicht mehr ganz
jung ...»
    Klas schlägt erneut zu, dieses Mal
etwas härter. Eine weitere Wunde entsteht, diesmal auf der Stirn.
    «Erzähl schon, wozu du uns gezwungen
hast!»
    Die Schläge bewirken eine abrupte Veränderung
in Linders Blick. Die Freundlichkeit ist verflogen, ebenso das Erstaunen und der
Anflug von Angst. Jetzt nehmen seine Augen einen gekränkten Ausdruck an.
    «Du verdammter Bauerntölpel», zischt
er. Sein Blick trieft nur so vor Verachtung. «Dich musste man nicht zwingen. Du
hast genau das bekommen, was du haben wolltest.»
    Er zieht ein Taschentuch aus der Tasche
seiner Strickjacke und tupft sich die Stirn.
    «Eine verdammte Polackenhure ...»
    Seine Worte treffen Konrad wie Messerstiche
in die Brust. Er spürt Gertruds Hand auf dem Sofa nach der seinen tasten.
    «Sag's ihnen!», schreit Klas.
    «Du weißt ganz genau, dass ich sie
schon viele Male zuvor hier gehabt habe», schnaubt Linder. «Und sie war freiwillig
hier. Ich hab sie gut bezahlt. An diesem Abend, tja, ging es möglicherweise etwas
unsanft zu.»
    Konrad hält die Luft an. Erahnt eine
keimende List in den stahlblauen Augen. Der Professor beugt sich vorsichtig vor,
ergreift das Weinglas mit einer Hand, die nur leicht zittert, und führt es an seine
Lippen. Wendet sich dann wieder Klas zu, der schwer keuchend an der Tür steht.
    «Ihr wart immerhin meine Lehrjungen,
du und deine Kameraden. Oder? Ihr habt meinen Darlegungen zu einer neuen Weltordnung
doch gerne zugehört. Ich hatte den Eindruck, ihr wart aus dem rechten Holz geschnitzt.»
    Er nippt erneut an seinem Wein und
stellt dann bedächtig das Glas ab.
    «An dem Abend hatte ich vergessen,
dass wir ausgemacht hatten, unser Schießtraining abzuhalten. Und als ihr dann mitten
in meinem ... wie soll ich es sagen ... kleinen Schäferstündchen aufgetaucht seid,
dachte ich, dass es an der Zeit sei, richtige Männer aus euch zu machen.»
    «Wir waren gerade mal sechzehn Jahre
alt», zischt Klas.
    Mit gewaltiger Kraft schlägt Arvid
Linder mit der Faust auf den Tisch. Konrad und Gertrud fahren beide zusammen, als
hätte sie der Schlag getroffen.
    «Es gab viele tapfere Jungs, die ihr
Leben für das Dritte Reich geopfert haben und weitaus jünger waren!», brüllt der
Professor.
    Er lehnt sich in seinem Sessel zurück
und fährt schließlich bedrohlich ruhig und gefasst fort.
    «Ich brauchte euch ja nicht gerade
zu zwingen, das Polackenluder zu besteigen, oder? Ihr wart doch eifrig wie kleine
Stierkälber.»
    Klas schaut hastig zu Boden und murmelt
etwas Unverständliches. Arvid Linder wendet sich unterdessen Konrad und Gertrud
zu, als würde er sich jetzt erst ihrer Anwesenheit bewusst werden. Als er sie anspricht,
klingt es, als erzähle er ein paar Gästen eine lustige Anekdote.
    «Sie verstehen, als die Jungen mit
dieser Frau fertig waren, hab ich sie auf ein paar Gläser eingeladen, um sich zu
stärken. Ich hatte den Eindruck, dass sie es gebrauchen konnten. Doch dann tauchte
die kleine Hure plötzlich mit einem Küchenmesser in der Hand auf. Wie sie sich befreit
hat, weiß ich nicht. Noch bevor ich es abwenden konnte, hat sie mir ins Bein gestochen.
Sie haben bestimmt gemerkt, Konrad, als wir uns neulich begegnet sind, dass ich
noch heute einen höchst lästigen Gehschaden

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