Lakefield House (German Edition)
nichts Genaues. Er lebt und wird es auch überleben, aber ob das Bein gerettet werden kann, ist noch unsicher.“
Rebecca ballte die Fäuste. Norrington hatte noch nichts weiter hören lassen, also war die Mörderin noch immer auf freiem Fuß … und vermutlich über alle Berge.
„Miss Turner, ich hoffe, Sie nehmen Connors und meine Einladung, für die nächsten Tage bei meiner Frau und mir zu wohnen, an. Ich bestehe darauf, dass Connor bei uns bleibt, wenigstens bis die Wunden keiner weiteren Behandlung mehr bedürfen, und würde mich freuen, wenn sie mir den gleichen Gefallen täten.“
Rebecca warf einen Blick hinauf zu Connor, dessen strenger Blick sie offenbar davor warnen sollte, zu widersprechen. Sie hatte es ohnehin nicht vor.
„Das ist sehr freundlich von Ihnen, vielen Dank.“
Die Fahrt im schlichten und gleichzeitig eleganten schwarzen Range Rover von Connors Eltern führte sie erst durch die Straßen Sligos und schließlich hinaus auf eine wenig befahrene Landstraße. Sie saß neben Connor auf dem Rücksitz, der ihre Hand festhielt, während die immergrüne Landschaft mit ihren sanften Hügeln und grauen Steinmauern an ihr vorbeiflog.
Obwohl die Sonne schien, wirkte das Licht dumpf, ein Sturm war aufgezogen und die vereinzelten schwarzgesichtigen Schafe schienen sich regelrecht in den Halmen festgebissen zu haben, damit sie nicht fortgeweht wurden.
Weder Connor noch sein Vater sagten etwas, und so hing Rebecca ihren eigenen Gedanken nach. Sie war wütend und enttäuscht, weil Constance Steppens offenbar über alle Berge war, ängstlich bei dem Gedanken an das, was hätte passieren können und nicht zuletzt froh und dankbar, dass es nicht passiert war.
Je länger die Fahrt dauerte, desto unwegsamer und rauer wurde die Landschaft, aber deswegen auch immer schöner. Das hohe Gras, das die sanften Hügel bedeckte, wogte im Sturm, die Schafe wurden immer zahlreicher, während gleichzeitig immer weniger Autos entgegen kamen. Die Straße führte hinab in ein Tal, und gab den Blick auf einen gigantischen moosbewachsenen Tafelberg an dessen Ende frei.
„Ist das der Knocknarea?“, fragte Rebecca.
Connors Vater schüttelte den Kopf. „Das ist der Ben Bulben. Der Knochnarea ist etwas weiter östlich.“
„Aha.“ Sie sah zu Connor hinüber. „Wo wohnen deine Eltern denn?“
„In Drumcliff“, antwortete er. „Es ist ein kleines Dorf. Meine Familie lebt dort schon sehr lange. Direkt auf den Steilklippen der Drumcliff Bay.“
Rebecca zog die Stirn kraus. „Das klingt ja spektakulär.“
Und das war es auch. Der Wagen bog auf einen Kiesweg ein, der zwischen Bruchsteinmauern und niedrigen Zäunen, an denen in engen Abständen immer wieder Büschel von Schafwolle hingen, hindurchführte. Vom sanften Grün der Weiden hob sich die imposante Fassade eines Hauses im Tudorstil ab, mit großen Fenstern, einem gekiesten Innenhof und sogar einem Turm. Es sah beinah aus, wie ein Schloss.
Als der Wagen zum Stehen kam, fiel Rebeccas Blick auf einen älteren Mann mit grüner Latzhose und Strohhut, der von den Rosenbüschen abließ, sogleich an den Wagen kam und allen einen flüchtigen Gruß zunickte.
„Connor, ist alles in Ordnung?“ Der Mann war alt, aber rüstig, schlank und hatte wache hellblaue Augen, die besorgt beobachteten, wie Connor und Rebecca vorsichtig ausstiegen.
Er zog den Strohhut und verneigte sich vor Rebecca. „Miss … Maldoon, richtig?“
„Sozusagen“, antwortete Rebecca mit einem halbherzigen Lächeln und gab dem freundlichen älteren Mann die Hand.
„Mary hat mir schon alles erzählt.“ Er schüttelte den Kopf. „Wir sind alle ganz außer uns.“
Connor hätte ihm gerne gesagt, dass Mary übertrieb. Leider war das nicht der Fall.
Der alte Mann wandte sich an Connors Vater.
„Sir, Lady Cassandra lässt ausrichten, dass sie ein zweites Frühstück auftragen lässt.“ Er wandte sich wieder an Connor. „Der Fraß im Krankenhaus kann doch nichts gewesen sein.“
„Ein zweites Frühstück klingt großartig“, gab Connor zurück, während Rebecca noch immer den Innenhof des Hauses musterte und durch ein Tor hindurch den Blick in einen ausladenden Park mit Rhododendren und mannshohen Rosenbüschen erhaschte.
„Und Sir Lucas hat angerufen und bittet Sie um Rückruf“, sagte der Gärtner an Connors Vater gewandt.
„Danke, Richard. – Ihr beide entschuldigt mich für einen Augenblick?“
„Natürlich.“ Connor ließ Rebeccas Hand nicht los. Sein Vater verschwand
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