Lakefield House (German Edition)
schmerzender Rücken zugelassen hätte. „Das wird sie, Rebecca. Das wird sie auf jeden Fall.“
*
Elena spurtete zum Aufzug, dessen Türen sich gerade schließen wollten. Energisch warf sie sich dazwischen und schob sie auf. „Na, also“, murmelte sie und kaute vor Aufregung auf ihren Fingernägeln. Offenbar hatte sie einen Großteil der Geschehnisse verpasst. Aber das würde sich später alles aufklären. Wichtig war im Moment nur, dass Rebecca wohlauf zu sein schien. Mehr oder weniger.
Sie ließ ihren Kopf gegen die Aluverkleidung der Aufzugkabine sinken und schloss die Augen.
„Halten Sie bitte den Aufzug an!“
Eine Männerstimme ließ sie die Augen öffnen. Sie sah einen dunkelhaarigen Mann in einem grauen Anzug, mit einem kleinen Mädchen auf der Hüfte, das den Sprint zum Aufzug offenbar viel amüsanter fand, als sein Vater.
Elena hielt eine der Aufzugtüren fest, bis die beiden sie erreicht hatten.
Mit einem Ächzen ließ der Mann das Kind herunter und stellte sich neben Elena.
„Vielen Dank.“ Er zog sich atemlos ein Taschentuch aus der Hosentasche, das er dem kleinen Mädchen gab, in dessen hellblonden Locken zwei Lillyfee-Haarspangen saßen. „Wisch dir den Mund ab“, sagte er.
Sie verschränkte bockig die Arme vor der Brust. „Ich will nicht.“
Er beugte sich zu ihr hinter. „Wisch ihn dir ab, oder ich mache es. Mit Spucke!“
Sie verzog angewidert ihr kleines Puppengesicht und riss ihm das Taschentuch aus der Hand. Schicksalsergeben fuhr sie sich damit über die Lippen und gab es ihm zurück.
Elena fand die Szene sehr amüsant. Der Mann war elegant gekleidet wie ein Geschäftsmann und mit seiner blondgelockten Tyrannin offenbar mehr als überfordert. Vielleicht hatte seine Frau gerade noch einen kleinen Terrorzwerg zur Welt gebracht, spekulierte sie und drückte den Knopf für den dritten Stock.
Er wollte gerade die Hand ausstrecken, hielt aber dann inne und lächelte Elena aus offenen braunen Augen an. „Oh, da muss ich auch hin.“
Dann ging er in die Hocke, zupfte das Kleid des Mädchens zurecht und strich ihr die Haare glatt.
Elenas Kreissaal-Theorie war damit also widerlegt.
„Sehe ich so hübsch aus, Daddy?“, fragte die Kleine und drehte sich einmal im Kreis.
„Du bist das hübscheste Mädchen der Welt“, befand er stolz und sah dann entschuldigend zu Elena hinüber. „Unter einem Meter Fünfzig“, fügte er hinzu.
Das kleine Mädchen strahlte zu Elena empor, so dass diese lachen musste. So ähnlich hatte sie als Kind selbst ausgesehen. Und wenn man den Beschwerden ihrer Mutter Glauben schenken durfte, hatte sie sich auch so aufgeführt.
Als die Aufzugtüren aufgingen, ging Elena voraus.
„Einen schönen Abend noch“, sagte sie mit einem Lächeln und das Mädchen winkte ihr nach.
Als sie den Gang entlang ging und schließlich vor dem Zimmer, in dem Rebecca wohl liegen sollte, stehenblieb, traten der Mann und das Mädchen neben sie. Die beiden Erwachsenen sahen sich verwundert an.
„Möchten Sie ebenfalls zu Mr.Mc-“
„Möchten Sie auch zu Miss Tur-“
Nachdem sie die Sätze gleichzeitig angefangen hatten, lachten sie auch gleichzeitig.
„Wir klopfen einfach an und sehen, was passiert“, beschloss Elena.
„Ja?“
Da es eine Männerstimme war, die Elena hörte, warf sie nochmals einen Blick auf die Zimmernummer. Aber 3446 war richtig. Sie hatte ein gutes Zahlengedächtnis.
Als sie langsam die Tür aufschob, stürmte das Mädchen an ihr vorbei ins Zimmer.
„Onkel Connor! Onkel Connor!“, rief sie und sprang kurzerhand aufs Bett.
Rebecca schlief in dem breiten Krankenbett, während Connor mit einer Zeitung neben ihr saß und offenbar gelesen hatte, bis das kleine rosa Monster die Seiten mit ihrem gezielten Hechtsprung zerfetzte. Sie fiel dem Mann um den Hals und Elena erkannte fassungslos, dass dies der Schmied vom Nachbarhaus war, neben dem Rebecca da lag. Diese wachte langsam auf.
Elena und der Mann im Anzug wechselten einen Blick.
„Das ist mein Bruder“, stellte er fest und zeigte auf das Bett, wie auch Elena es tat, als sie sagte: „Das ist meine Chefin.“
Rebecca setzte sich auf und rieb sich die Augen.
„Wer ist das?“, fragte das Mädchen, während sie es sich auf Connors Schoß bequem machte und ungeniert mit ausgestrecktem Arm auf Rebecca zeigte.
Endlich erwachte der Vater aus seiner Starre. „Nora, komm sofort da runter!“ Er ging zum Bett und packte das Mädchen, während es sich gleichzeitig fest an Connors
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