Lakefield House (German Edition)
ersten Spaziergang gesessen hatten, beschloss sie ihren Weg bis dorthin fortzusetzen. Die Sonne, die gerade über den Rand der Klippen spitzte, wärmte ihr Gesicht. Es war einer der letzten schönen Sommertage.
Die Bank war schmal und klein, die Sitzfläche von einer dünnen Sandschicht bedeckt, die Rebecca mit einer Hand fortwischte, bevor sie sich setzte. Außer einem Jogger, den sie in einiger Entfernung sah, und der offenbar genau wie sie den Tag genoss, war sie ganz allein in der Drumcliff Bay.
Für einen Augenblick schloss sie die Augen, genoss die Ruhe und Abgeschiedenheit, dachte an ihr Glück, die Geborgenheit, die sie empfand, wenn sie in Connors Nähe war und seinen innigen Blick, als er sie mit dem Kind auf ihrem Schoß beobachtet hatte.
Wie schnell sie doch in dieser Familie aufgenommen worden war, wie selbstverständlich wohl sie sich unter den Menschen fühlte, die ihr eigentlich Fremde hätten sein müssen und es doch nicht waren. Menschen, die sie als Kind gekannt, die um sie getrauert und geweint hatten. Vielleicht war sie eine Art verlorene Tochter für sie, die zurückgekehrt war, überlegte sie und beobachtete gedankenverloren den Jogger, der in einigen Metern Entfernung vornübergebeugt die Hände auf die Oberschenkel stützte und dann anfing Dehnübungen zu machen.
Sie sollte auch irgendeinen Sport machen, ermahnte sie sich bei diesem Anblick. Connor war weitaus fitter als sie selbst, obwohl er mehr als zehn Jahre älter war; auch wenn er bei Gott nicht so aussah.
Nachdem der Jogger, der sich die Kapuze seines dicken Sweatshirts weit ins Gesicht gezogen hatte, um dem starken Wind zu trotzen, gestreckt hatte, setzte er sich auf einen der Felsen am Ufer und blickte in die brodelnden Fluten. Rebecca schloss die Augen und genoss die sanfte Wärme der Sonne auf ihrer Haut.
Robert kontrollierte zum hundertsten Mal sein Aussehen im Rückspiegel. Die Schwellungen seines Gesichtes waren größtenteils zurückgegangen, auch wenn die Haut rund um sein rechtes Auge noch in verschiedenen Blau- und Gelbtönen schillerte. Da sich seine Befürchtung, dass der Spatenhieb des alten Gärtners ihn doch noch umbringen würde, und sei es nur durch die schreckliche Übelkeit, nicht bestätigt hatte, wollte er sich nun von Shannon McHugh die Klammerpflaster entfernen lassen.
Da er nun ihren legeren Kleiderstil kannte, hatte er sich lediglich sein weißes Hemd angezogen, die Ärmel über die Ellbogen hinaufgekrempelt, und trug eine unauffällige schwarze Stoffhose dazu. Endlich stieg er aus und blickte an der imposanten Fassade von Cunningham Hall empor. Er mochte das satte Grün des Efeus, das sich einer Seite des Hauses bemächtigt hatte.
Bevor er entscheiden konnte, ob er nun an der Haustür klingeln oder nochmals über den Garten das Grundstück betreten sollte, kam ihm der Gärtner entgegen.
„Ich hoffe, Sie kommen diesmal in Frieden“, sagte er leichthin, und der alte Mann fing an zu lächeln. Sein Gang war etwas schleppend, er wirkte knochig, aber seine Augen blitzten fröhlich.
„Tut mir Leid, Sir. Ich hatte sie natürlich nicht derart schwer verletzen wollen. Ich hoffe, Sie sind mittlerweile auf dem Wege der Besserung.“
„Ja, vielen Dank. Für diesen Spaten bräuchten Sie eigentlich einen Waffenschein“, gab Robert scherzhaft zurück. „Ich wollte zu Lady Shannon McHugh. Ist sie da?“
„Werden Sie erwartet?“
„Ja“, log er.
„Nun denn. Sie ist im Garten.“ Er zeigte auf das niedrige offenstehende Tor. „Und wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf – und nicht zuletzt als kleine Wiedergutmachung für meinen Schlag – sie möchte nicht Lady genannt werden.“ Mit diesen Worten ging der Gärtner weiter, und Robert wurde das Gefühl nicht los, dass der alte Mann genau wusste, wie es um ihn stand.
Er fand sie im hintersten Winkel des weitläufigen Parkgeländes. Sie trug eine tief sitzende Jeans, eine taillierte, karierte Bluse, die ein wenig hochgerutscht war und einen Streifen nackte Haut entblößte, weil sie vornübergebeugt in eine Art Teleskop schaute. Ihr rotgoldenes Haar hatte sie im Nacken zu einem Pferdeschwanz gebunden, aus dem sich einige Locken befreit hatten und einladend um ihren milchweißen Nacken spielten.
Das Wort Feuergöttin schoss ihm durch den Kopf und löste eine Hitzewelle in seinem Inneren aus, die ihn für Sekunden lähmte. Gott sei Dank hatte sie ihn noch nicht bemerkt, so dass er wenigstens Gelegenheit hatte sich ein wenig zu sammeln. Er
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