Lakritze - Thueringen Krimi
Teppichbelag.
»Lilly hatte übrigens keine Verwandten«, sagte Frau Grünberg schließlich.
Feuerbirk horchte auf. Deshalb also fehlte in den Akten der Bericht über Angehörige. Er hatte deswegen schon Zagemann fragen wollen. Ein Gedanke durchzuckte ihn. Hastig wühlte er in den Papieren auf dem Tisch.
»Marie Berger war ebenfalls Waise«, murmelte er.
»Wer?«
»Das erste Opfer. Oder sollte ich sagen, das erste Opfer in diesem Jahr?« Triumphierend tippte er auf eine Seite aus der Ermittlungsakte. »Hier steht es. Keine der ermordeten Frauen hatte lebende Verwandte oder war in einer Beziehung. Dass diese Gemeinsamkeit niemandem zu denken gegeben hat …«
»Das könnte für den Täter ein Auswahlkriterium sein. Wer keine Verwandten hat, wird nicht so schnell vermisst.«
»Frau Grünberg, Sie sind ein Ass.«
Zum ersten Mal wirkte die Psychologin weniger steif. Das Lächeln erreichte nun auch ihre Augen, und ihr Gesicht wirkte auf einmal weich.
Der Anblick ließ Feuerbirk schmunzeln. Er hatte es also immer noch drauf, aus Frauen das Beste herauszukitzeln. Selbst aus einer vertrockneten Psychotante.
Frau Grünberg stand auf. »Wenn Sie noch etwas wissen wollen, rufen Sie mich an.«
Feuerbirk griff schon zum Telefonhörer. »Geht klar. Ich melde mich bei Ihnen.« Dann informierte er Zagemann, dass er den Rest des Tages nicht im Büro sein würde. Sein Ziel war Weimar. Er brannte darauf, die Freunde des Mädchens zu befragen.
Bevor Feuerbirk allerdings den Weg nach Weimar einschlug, fuhr er zum Waldidyll. Er hatte sein Notizbuch auf dem Nachttisch vergessen. Ohne das Buch fühlte er sich nur wie ein halber Kommissar.
Als er das Motorrad vor der Ritter’schen Pension ausrollen ließ, trat gerade Carla aus dem Haus. Er winkte, als sie zu ihm hinüberschaute, und registrierte erfreut, dass sie auf ihn wartete.
Carla war ausnehmend hübsch in ihrem sportlichen hellblauen Kleid. »Wenn Sie wollen, entführe ich Sie. Ich muss nach Weimar, begleiten Sie mich?«
Carla zögerte.
»Ach, kommen Sie schon, Weimar ist nicht das Ende der Welt. Rühren Sie sich nicht von der Stelle. Ich hole die Helme, ich bin gleich zurück.« Feuerbirk stürmte hoch in sein Zimmer.
Mit den Helmen unter dem Arm kam er zurück. Carla hatte inzwischen eine Jacke und ihre Handtasche geholt. Er half Carla, den Verschluss einzustellen. Er hätte die ganze Welt umarmen können. Daran änderte sich auch nichts, als sie eine Dreiviertelstunde später in Weimar ankamen, als er geplant hatte.
Feuerbirk stellte das Motorrad in der Nähe der Musikhochschule ab.
»Trinken wir erst einmal einen Kaffee?«, fragte er.
»Haben Sie es nicht eilig mit Ihren Ermittlungen?«
»Für einen Kaffee ist noch Zeit.«
In der Mensa holten sie am Selbstbedienungstresen zwei Kaffee und suchten nach einem Platz. Es war Mittagszeit, der Saal war überfüllt, doch sie hatten Glück. Ein Pärchen verließ einen Zwei-Personen-Tisch, der halb hinter einem großen Gummibaum verborgen war.
Feuerbirk besetzte die Stühle. »Das klappt ja mal hervorragend.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich bin zu beneiden. Ich habe einen ungestörten Platz an der Seite der schönsten Frau hier im Saal.«
»Das nennen Sie ungestört?« Carla nickte zu den sich um sie herum lautstark unterhaltenden Studenten. Eine Studentin telefonierte nebenbei.
»Die sind mit sich selbst beschäftigt.«
Carla nippte an ihrem Kaffee. »Was macht der Fall?«
»Es könnte besser laufen. Mein Chef drängt, aber ich habe zu wenige Fakten, geschweige denn einen Tatverdächtigen.«
»Das sieht schlecht für Sie aus.«
»Allerdings.« Feuerbirk nestelte ein Stück Zucker aus dem Papier. Ohne lange zu überlegen, rührte er ein zweites Stück in seine Tasse.
»Passen Sie auf, dass Sie keinen Zuckerschock kriegen«, sagte Carla und zwinkerte ihm zu.
»Das wäre nicht das Schlimmste. Ich falle um, und Sie müssen mich retten. Mund zu Mund beatmen zum Beispiel.«
Als Carla lächelte, machte Feuerbirks Herz einen Sprung.
»Wie steht es nun wirklich um Ihre Ermittlungen? Oder dürfen Sie mir das nicht sagen?«
Und schon holte sie ihn wieder auf den Boden zurück. Feuerbirk rührte in seiner Tasse.
»Die Ermittlungen laufen noch. Einzelheiten darf ich Ihnen nicht verraten. Nur so viel: Das erste Opfer, Marie Berger, hat in einem Angelgeschäft gearbeitet. Das wissen Sie ja schon. Mittlerweile hat die Soko ihre Bekannten befragt. Marie Berger wollte hoch hinaus. Sängerin wollte sie werden, das hat
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