Lakritze - Thueringen Krimi
nicht geklappt.«
»Das ist ein Traum von vielen Mädchen. Die Talentshows sind voll von ihnen. ›Deutschland sucht den Superstar‹.«
»Marie hat gelispelt«, sagte Feuerbirk. »Eine Karriere im Musikgeschäft kam deshalb nicht in Frage. Danach wollte Marie Berger Model werden. Sie hatte wohl sogar ein Angebot für ein Fotoshooting, jedenfalls hat sie damit vor ihren Kollegen angegeben. In den einschlägigen Erfurter Agenturen wusste man aber nichts davon.«
»Manche Modelscouts reisen um die halbe Welt, um ihre Mädchen von der Straße aufzulesen. Sie könnte an sonst wen geraten sein«, sagte Carla.
»Stimmt, aber meine Kollegen aus dem Team der Soko haben nachgeforscht. Keiner der bekannten Scouts war in letzter Zeit in der Gegend. Entweder haben wir es mit einem großen Fremden zu tun, oder Marie hat schlichtweg geschwindelt.«
»Zumindest ihre Eltern sollten etwas davon wissen.«
»Fehlanzeige. Maries Familie ist 1992 nach Brasilien ausgewandert. Die Eltern und ein Bruder wurden dort bei einem Raubüberfall ermordet, niemand hat überlebt. Die Täter wurden nie gefasst. Vielleicht wollte Marie gerade wegen dieser Tragödie berühmt und reich werden. Geld hätte sie in die Lage versetzt, nach den Räubern zu fahnden.«
»Was wissen Sie über das zweite Opfer? Hatte das Mädchen ähnliche Ambitionen?«, fragte Carla.
»Lilly Mannasch war Studentin. Ursprünglich stammte sie aus Siegen, ein Heimkind. Ihre Eltern sind bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Voriges Jahr ist Lilly nach Weimar gezogen.«
»Sind Sie deshalb mit mir hierhergefahren?«
Feuerbirk nickte. »Ich habe vor, mit ihren Kommilitonen zu sprechen. Vielleicht bekomme ich den entscheidenden Tipp.«
»Was ist mit den übrigen Toten? Die früheren Fälle? Hatten die jungen Frauen auch keine Eltern mehr?«
Feuerbirk grinste. »Sie sollten zur Kripo gehen.«
»Weil ich mir die gleichen Fragen stelle wie Sie?«
»Unter anderem«, sagte Feuerbirk. Niemand könnte wohl vor Carlas bernsteinbraunen Augen etwas verheimlichen. Er hatte gar nicht vorgehabt, das Gespräch auf die Morde der letzten Jahre zu bringen. Nun aber ließ er sich darauf ein.
»Alle Frauen waren alleinstehend und hatten keine Familie mehr. Ich weiß«, sagte er schnell, als Carla den Mund öffnete, um etwas einzuwenden. »Es ist ein schwaches Verbindungsglied. Leider ist es das Einzige, das ich bis jetzt entdeckt habe.«
»Wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann, lassen Sie es mich wissen.«
»Mir ist schon geholfen, wenn Sie Ihre Berichte vor der Veröffentlichung mit mir absprechen.« Carla wurde rot. Feuerbirk gab es einen Stich im Herzen. Er hatte sie nicht in Verlegenheit bringen wollen.
»Sie wissen, dass ich die Artikel in der Thüringer Allgemeinen geschrieben habe?«
»Ich bin schließlich Polizist, und für gewöhnlich bin ich gut im Ermitteln. Aber ich nehme Ihnen die Artikel nicht übel. Es ist Ihr Job, die Bevölkerung mit Nachrichten zu versorgen. Ich möchte nur nicht davon überrascht werden, das ist alles.«
Carla lächelte ihn an. Sie musste ihm angemerkt haben, dass er es ehrlich meinte.
»Am besten, Sie stimmen Ihre Artikel in Zukunft mit mir ab.«
DREIZEHN
Durch die Tür drangen Geräusche. Helene Ritter rumorte irgendwo auf dem Gang herum. Vielleicht sortierte sie die frisch gewaschenen Handtücher in die Wäschekammer. Ralph hatte sie mit dem Korb aus dem Garten kommen sehen. Da sie die Handtücher in der Pension erst gestern gewechselt hatte, würde sie kaum ins Zimmer kommen. Trotzdem räumte Ralph die auf dem Tisch liegenden Zeitschriften in den Schrank. Die Musik aus dem Radio erstarb, ein Sprecher meldete sich. Dreizehn Uhr fünfundfünfzig, Nachrichtenzeit. Seit Carla mit diesem Kommissar auf dem Motorrad davongebraust war, schlichen die Minuten zäh dahin. Immer wieder tigerte Ralph vom Fenster zur Tür. Fünf Schritte am Fußende des Doppelbettes vorbei, dann eine Drehung und fünf Schritte zurück. Schließlich blieb er am Fenster stehen und schaute hinaus.
Der Hof des Waldidyll lag ausgestorben und träge in der Nachmittagsglut. Nicht einmal dieser Knubbel war zu sehen, obwohl der doch sonst ständig in der Nähe des Stalles zugange war. Ob der wohl wusste, wohin Carla gefahren war?
Aber wenn schon, er würde den Kerl sowieso nicht fragen. Irgendetwas am Bruder der Wirtin irritierte Ralph. Er konnte den Grund nicht nennen, doch instinktiv fühlte er einen Widerwillen gegen den massigen Mann, der sich so sehr von Helene Ritter
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