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Lakritze - Thueringen Krimi

Lakritze - Thueringen Krimi

Titel: Lakritze - Thueringen Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylke Tannhaeuser
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transportieren Sie bloß?«, fragte Ralph und holte tief Luft.
    Knubbel zog wortlos an der Deichsel.
    »Sind da Wackersteine unter dem Heu?«, stöhnte Ralph.
    Knubbel knurrte etwas, das wie »Quatsch« klang. Ralph war nicht sicher, ob er richtig verstanden hatte, und beschloss, es zu überhören.
    Plötzlich gab es einen Ruck, und der Wagen rumpelte vorwärts. Direkt vor der Stalleinfahrt stoppte Knubbel.
    »Danke«, murmelte er und machte sich daran, die Ballen abzuladen.
    Ralph schaute kurz zu, dann kramte er in seiner Hosentasche. »Wollen Sie auch eins?« Er hielt ihm ein Lakritzbonbon hin.
    Ein Lächeln glitt über Knubbels Gesicht, und er griff sofort nach dem Bonbon. »Die mag ich am liebsten.«
    »Setzen wir uns.« Ralph steuerte die Bank an, auf der er am Abend zuvor mit Helene gesessen hatte. Knubbel folgte ihm. Einvernehmlich lutschten sie vor sich hin. Der herbe Geruch lockte eine Biene an. Sie ließ sich auf Knubbels Arm nieder, der wischte sie beiseite.
    »Ihre Schwester hat mir gesagt, dass Sie sich ganz allein um den Hof kümmern«, sagte Ralph schließlich.
    »Hier ist nicht viel zu tun.«
    »Tiere machen immer Arbeit, was?«
    Knubbel hob die Schultern und bückte sich dann, um ein paar Strohhalme von seinem Bein zu pflücken. Aus seiner Hosentasche fiel eine Schachtel. Es schepperte, als sie auf dem Pflaster aufschlug.
    Ralph entzifferte die Aufschrift. Angelhaken. »Angeln Sie etwa im Dorfweiher?«, fragte er.
    Knubbel bemühte sich, die Schachtel hastig in seine Tasche zu stopfen, doch der Karton war sperrig, und er brachte ihn nicht hinein. »Im Weiher gibt es keine Fische«, polterte er.
    »Schon gut.« Seltsam, dass Knubbel auf einmal so ungehalten war.
    Endlich hatte er den Karton wieder in der Hosentasche verstaut. »Mich hat mal jemand ausgehorcht. Wo ich angle und so. Der war ganz freundlich gewesen, dabei wollte der mir mein Revier wegschnappen, das Schwein.«
    »Hat er es geschafft?«
    »Leider.« Knubbel bückte sich schon wieder und zog seine Pantinen aus. Mit der nackten Zehe polkte er den Sand aus den Ritzen zwischen den Steinen. »Wenn ich daran denke, könnte ich verrückt werden.«
    Ralph warf ihm einen schnellen Blick zu. Knubbels Gesicht war ganz rot. Er atmete in kurzen Stößen. Mit dem war nicht zu spaßen, wenn er mal wütend wurde, dachte Ralph und sagte: »Jeder von uns hat unschöne Erinnerungen.«
    »Werfen-fangen, kauen-schauen«, flüsterte Knubbel.
    »Was?«
    Knubbel schrak hoch. Sein Blick flackerte. »Ich habe zu tun«, sagte er barsch und stand auf.
    Ralph hielt ihn nicht zurück. Ein Spruch von Cicero ging ihm durch den Sinn: »Das Gedächtnis nimmt ab, wenn man es nicht übt.« Wusste er nicht mehr, was in der Vergangenheit geschehen war, weil er sich scheute, sich mit seinen Erinnerungen auseinanderzusetzen? Hatte er sein Gedächtnis wirklich erst durch den Kopfschuss verloren? Oder gab es dafür einen ganz anderen Grund? Ein ganz normales Wort wie »Libyen« konnte Erinnerungen bei ihm auslösen, wenn er es nur zuließ. Wovor fürchtete er sich?
    Die Antwort machte ihn atemlos. Energisch streckte er den Rücken. Er war vielleicht anders als die meisten Menschen. Ja, er verfügte über seltsame und ungewöhnliche Fähigkeiten. Aber er war kein Mörder.
    Das Fenster über Ralph öffnete sich. Helene beugte sich hinaus und schüttelte ein Staubtuch aus.
    »Sie machen es richtig«, sagte sie, als sie Ralph entdeckte. »Nutzen Sie die Sonne, solange Sie es noch können.«
    Ralph zuckte zusammen. Hatte Helene die Bemerkung ehrlich gemeint, oder verbarg sich hinter ihren Worten eine Drohung?
    »Warum leisten Sie mir nicht ein Weilchen Gesellschaft?«, fragte er.
    Helene zögerte. »Eigentlich wollte ich Wäsche bügeln.«
    Ralph hob die Schultern und lächelte sie an.
    »Aber das kann warten, ich bin gleich da«, sagte Helene schnell, fast so, als fürchtete sie, er könnte davonlaufen.
    Erstaunt registrierte Ralph, dass ihm der Gedanke gefiel.
    Helene kam um das Haus gelaufen und setzte sich zu ihm auf die Bank. Er freute sich, dass sie sich umgezogen hatte. Statt der Kittelschürze über dem langen Rock trug sie eng anliegende Caprihosen, die ihre Beine gut zur Geltung brachten. Sie wirkte dadurch jünger und lebendiger.
    »Schick sehen Sie aus«, sagte er.
    Helene wurde rot.
    An der Stalltür war Knubbel dabei, Heuballen vom Wagen auf die Mistgabel zu spießen und ins Innere zu schleppen.
    »Ihr Bruder legt sich mächtig ins Zeug«, sagte Ralph, um Helene die

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