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Lakritze - Thueringen Krimi

Lakritze - Thueringen Krimi

Titel: Lakritze - Thueringen Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylke Tannhaeuser
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der Decke hatte sich ein Loch gebildet, Sonne schimmerte durch die Ritze zwischen den Brettern. Knubbels Blick fing sich an dem dünnen Lichtstreifen. Er musste das Dach reparieren, dachte er, doch gleich darauf kam ihm wieder Helene in den Sinn. Am vergangenen Abend hatte sie eine Ewigkeit neben Bartwick auf der Bank gehockt. Wer weiß, was sie geredet hatten. Jedenfalls hatte er ihr das schlechte Gewissen angesehen, als sie endlich ins Haus gekommen war. Der Bartwick hatte ihr gewiss den Kopf verdreht, der sollte sich zum Kuckuck scheren. Helene hatte genug von Männern, die sie begrapschen wollten. Basta.
    Ein Name waberte durch sein Hirn. Lattkowitz, der alte Knochen. Mädchenschänder.
    Knubbel knirschte mit den Zähnen. Er spuckte den Strohhalm aus. Ein anderer Name summte wie ein Bienenschwarm in ihm herum. Dann ein Gesicht, ein breiter Mund, der immer zu lachen schien. Fräulein Lilo, die Lehrerin, die schön wie seine Mutter gewesen war.
    Seine Rabenmutter.
    Er hatte Fräulein Lilo gemocht, regelrecht verehrt. Seine Schwärmerei hätte ewig währen können, aber dann war Ira sitzen geblieben und in seine Klasse gekommen.
    Ira hatte nie verstanden, was er an Fräulein Lilo gefunden hatte. Für sie war die Lehrerin eine Konkurrentin gewesen. Ira hatte sich zwischen ihn und Fräulein Lilo gedrängt.
    Knubbel wälzte sich auf die Seite. Hinter ihm raschelte es, wahrscheinlich eine Maus. Er hielt den Atem an und lauschte. Das Rascheln näherte sich, Knubbel öffnete den Mund. Er witterte wie ein Wolf. Die Maus roch dumpf und feucht. Sie kam heran, näher, noch ein Stück. Dann sah er sie. Ein kleines graues Tierchen, kaum größer als sein Zeigefinger.
    Seine Hand schnellte vor, die Maus zappelte in seinem Griff. Er zwinkerte ihr zu und raunte zärtlich: »Vorbei, kleine Ira, es ist vorbei.«
    Die Maus quiekte schrill, als er sie zwischen den Fingern zerquetschte.
    Die Soko hatte die Ermittlungsunterlagen zusammengefasst. Es waren sechs Ordner, die alles enthielten, was sie bisher herausgefunden hatten. Feuerbirk wälzte in seinem Erfurter Büro die Akten. Obwohl er sie schon mehrmals studiert hatte, hoffte er, wie durch ein Wunder doch noch einen Zusammenhang zu finden, der die getöteten Frauen miteinander verband. Er konnte es nicht begründen, doch er war fest davon überzeugt, dass er es mit ein und demselben Mörder zu tun hatte. Also musste es irgendeine Parallele zwischen den Opfern geben. Feuerbirk konnte sich nicht vorstellen, dass jemand wahllos tötete. Jeder Mörder hatte ein Motiv.
    Aber warum tötete der Thüringer Würger?
    Da war zunächst Bartwick, Carlas Freund. Er war ein sonderbarer Mensch, reichlich verdächtig. Er war an jedem der beiden Tatorte gewesen, auch wenn sie noch keine Beweise hatten, dass auch die Zeiten, an denen er dort gewesen war, mit den mutmaßlichen Mordzeiten übereinstimmten. Dann der Ritter, nicht minder sonderbar, wenn auch auf andere Art. Harmlos, hatte seine Schwester gesagt. Mag sein, dass es stimmte. Bis jetzt gab es keinen Hinweis, dass der geistig minderbemittelte Mann gefährlich war. Verdächtig war er dennoch, denn da war das fehlende Alibi für die Tatnacht. Helene Ritter hatte sich für ihren Bruder verbürgt, aber Feuerbirk konnte sich nicht vorstellen, dass sie ihren Bruder belasten würde, auch wenn er zur Tatzeit nicht zu Hause gewesen sein sollte.
    Zudem verfolgte die Ritter eigene Ziele. Sie hatte sich bitter beklagt, dass seine Anwesenheit im Waldidyll für Unruhe im Dorf sorgte. Sie wollte, dass endlich wieder Frieden in der Gegend einzog. Solange die Zeitungen über die Morde berichteten, würde sich kaum ein Urlauber in ihre Pension verirren.
    Feuerbirk bezweifelte, dass der fehlende Gästestrom auf die Morde zurückzuführen war. Das Waldidyll war zwar, wie der Name versprach, wirklich idyllisch gelegen, doch waren die Zimmer eher spartanisch. Und was eine Vollpension betraf – Fehlanzeige. Da musste man sich nicht wundern, wenn potenzielle Gäste dankend abwinkten und lieber in den großen Hotels wohnten.
    Feuerbirk rieb sich die Augen. Er hatte nur wenig geschlafen, der Fall ließ ihm keine Ruhe. Er zog das Vernehmungsprotokoll von Viola Gunder hervor. Die Studentin hatte Fragen offengelassen, die ihm zu schaffen machten. Wollte er ihr glauben, war die getötete Lilly allein losgezogen, um sich zu amüsieren. Ein Mädel Anfang zwanzig wollte sich alleine amüsieren in einer Gegend, in der sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagten. Das klang

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