Lakritze - Thueringen Krimi
Zagemann«, stellte Feuerbirk seinen Kollegen vor.
»Wir kennen uns bereits.«
»Er war bei der Hochzeitsfeier im Schloss Sondershausen dabei«, erklärte Zagemann.
»Ich heiße Martin Sommer.«
Etwas in Feuerbirk machte klick. »Sie waren also in Sondershausen. Und Sie waren der Freund von Jenny Galle.«
»Exfreund. Wir waren nur drei Wochen zusammen.« Sommer sprach leise. Feuerbirk hatte Mühe, ihn zu verstehen.
»Hm. Wollen Sie ein Geständnis ablegen?« Feuerbirk glaubte selbst nicht daran, dass der junge Mann als Täter in Frage kam. Er wirkte wie ein Mädchen mit Männergesicht. Sein Pferdeschwanz hing ihm bis auf den Rücken hinab. Es war ein mehr als schmaler Rücken, nur Haut und Knochen, das konnte auch das weite Hemd nicht verbergen. Dazu die dünnen Arme und die feingliedrigen Hände. Feuerbirk konnte sich nicht vorstellen, dass ein so zierlicher Junge körperlich in der Lage war, jemanden zu erwürgen und durch die Gegend zu schleifen.
»Ich glaube, ich habe den Mörder gesehen.«
Ein Lichtblick, endlich. »Nehmen Sie Platz, Herr Sommer. Wir sind ganz Ohr.«
»Ich muss ein wenig ausholen. Geht das?« Sommer setzte sich auf den Stuhl, den Zagemann ihm hingeschoben hatte.
»Klar, was immer Sie wollen.«
Sommer verschränkte die Finger, löste sie jedoch gleich wieder. »Es war bei der Hochzeit. Ich hatte zu viel gegessen und getrunken, mir war schlecht. Da bin ich nach draußen gegangen.«
»Was haben Sie gemacht?«
»Ich bin auf und ab gelaufen. Ich dachte, ich muss kotzen – ‘tschuldigung – also, ich dachte, ich muss mich übergeben. Aber es kam nichts. Als ich da so herumstand, ist plötzlich ein Mann an mir vorbeigerannt.«
»Haben Sie ihn erkannt?«
»Es war niemand, den ich kannte.«
»Versuchen Sie, ihn zu beschreiben.«
»Er war ziemlich alt, viel älter als ich jedenfalls, und kräftig.«
»Warum haben Sie das nicht schon gleich zu Protokoll gegeben?«, fragte Zagemann.
»Ich habe nicht mehr daran gedacht, ehrlich, ich habe das glatt vergessen. Erst am Freitag, da ist es mir wieder eingefallen. Da habe ich denselben Mann in Süßenborn gesehen, genau vor dem Supermarkt.«
»Was wollten Sie dort?« Zagemann stand auf.
»Blumen kaufen, vielleicht. Das ist doch nicht verboten, oder?«
»Natürlich nicht.« Feuerbirk warf Zagemann einen strafenden Blick zu, und der setzte sich wieder.
Martin Sommer schaute auf den Boden. »Ich dachte, ich könnte Jenny überreden, dass wir es noch einmal miteinander versuchen.«
»Ich glaube Ihnen«, sagte Feuerbirk.
Sommer schaute auf. Tränen glitzerten in seinen Augen.
»Es ist sehr gut, dass Sie zu uns gekommen sind. Kommissar Zagemann wird Sie zu unserem Zeichner führen. Ein Phantombild des Mörders hilft uns bestimmt weiter, damit wir den Kerl endlich schnappen.«
»Ich hoffe, Sie kriegen ihn.« Sommer wischte sich mit dem Handrücken über die Augen.
»Da bin ich ganz sicher.«
Kaum hatten Zagemann und Sommer den Raum verlassen, packte Feuerbirk zusammen. Die Akte und sein Notizbuch verstaute er in der Tasche. Die restlichen Unterlagen wanderten in den Schreibtisch. Den Einsatzplan der Soko ließ er auf der Tischplatte liegen. Sein Blick streifte die Landkarte an der Wand, auf der mit roten Fähnchen die Fundorte der Leichen markiert waren. Wenn das Phantombild fertig war, würde sich Zagemann bei ihm melden. Auf seinen Partner war Verlass. Er konnte getrost ins Waldidyll fahren.
Auf der Fahrt in die Pension legte Feuerbirk sich im Geist die Sätze zurecht, mit denen er Carla erklären wollte, weshalb er sich nicht eher gemeldet hatte. Bestimmt war sie sauer auf ihn, und zu Recht: Er hatte sie in Weimar zurückgelassen. Er hätte sie ins Waldidyll bringen müssen, doch da war der Mord an Jenny gewesen. Er hatte ihm einfach keine Zeit gelassen.
Feuerbirk holte zu dem vor ihm fahrenden Wagen auf, der weit unter dem Geschwindigkeitslimit durch die Gegend kurvte. Fluchend bremste er. Suchte der etwa einen Parkplatz auf der Landstraße? Feuerbirk wartete die nächste Biegung ab, ehe er ausscherte und überholte. Schnell verschwanden die Scheinwerfer des BMW s in seinen Rückspiegeln.
Linker Hand tauchten vereinzelte Gehöfte auf, mit Rosenrabatten vor den Mauern, umkränzt von blauen Blumenpolstern, die in der Dunkelheit wie dicke Schläuche wirkten.
Feuerbirk bremste hart. Als die Harley stand, stieg er ab und schnitt mit dem Taschenmesser einen Rosenstängel ab. Frauen mochten Blumen, selbst Carla war da bestimmt keine
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