Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten
an.
»Folgende Abmachung«, sagte sie. »Wir kämpfen. Wenn du gewinnst, gehe ich fort und behellige dich nie wieder. Wenn ich gewinne, gehst du mit mir. Dann bist du mein Gefährte und wirst für immer bei mir bleiben.«
Er hätte fast geflucht.
Raffiniert, was sonst?
Ihr Schwert wies in seine Richtung. Cerise betrachtete seine Waffe. »Du verlierst. Ich schneide dich in Streifen.«
William schwang sein sperriges Schwert, um sein Handgelenk locker zu machen. »Schön.«
»Du bist ein dummer, dummer Wolf.«
»Red nicht, kämpfe.«
Sie prallten mit Stahlgedröhn aufeinander.
Dann ließ Cerise ihre Klinge fallen und schlang die Arme um ihn.
Epilog
Cerise nippte an ihrem Tee. Der Morgen war grau und ein bisschen feucht. Die Nacht hatte die Rattansessel auf dem Balkon mit einigem Tau überzogen, sodass der Hosenboden ihrer Jeans nass wurde, doch das störte sie nicht. Sie saß gerne so da, in aller Frühe.
Der Wald reichte hier fast bis ans Haus. Richtiger Wald, dicke Eichen, Ahorn und Kiefern. Von ihrem Hochsitz aus hatte sie einen guten Blick über die Wiese bis zum Waldsaum. William streifte irgendwo dort draußen umher. Er ging gerne früh am Morgen auf die Jagd. Das Haus nervte ihn ein wenig. Er hätte lieber ein wesentlich kleineres Heim gehabt, so wie sie, aber dieses Haus war das einzige in Casshorns Beritt, das nahe genug bei Declans Anwesen lag. Es würde schon gehen. Im Laufe der Zeit würden sie ein Zuhause daraus machen. Oder sich etwas Kleineres bauen. Aber den riesigen steinernen Balkon mochte sie irgendwie. Und der Pool war auch schön. Gaston liebte ihn über alles. Trotzdem wäre ein kleineres Haus besser.
Cerise schlürfte ihren Tee. Es war so nett und ruhig hier. Gestern hatten die vier Kinder – Lark, Gaston, George und Jack – Rollschuhe angeschleppt, die irgendwer aus Declans Familie extra für sie gemacht hatte. Damit hatten sie in der langen marmornen Eingangshalle ein Wettrennen veranstaltet, das wie üblich zu einer Rauferei ausgeartet war.
Heute waren die Kinder bei Declan und Rose. Sie hatte die beiden vor etwa zwei Monaten kennengelernt. Lark und die Jungen hatten sich auf Anhieb prächtig verstanden, und Declan und William waren Freunde, auf Roses Gesellschaft war sie allerdings nicht so scharf. Das lag vor allem daran, dass William mal auf sie gestanden hatte.
Jetzt gehörte er ihr. War ihr Wolf. Cerise lächelte. Aber als sie Rose das erste Mal begegnete, hatte ihr dieses Wissen nicht viel gebracht. Rose war ungefähr zehn Zentimeter größer als sie, ihr Haar war honigbraun und perfekt frisiert, ihr Kleid sah kostspielig aus, und hübsch war sie auch noch. Zu hübsch.
Cerise hatte Jeans und eine weiße Bluse angehabt und ihr Haar offen getragen, weil es William so gefiel.
Die Kinder verschwanden in die eine Richtung, die Männer in die andere, sodass Cerise mit Rose allein auf der Terrasse sitzen musste.
»Sie sind also aus dem Moor im Edge?«, begann Rose nach einer Weile.
»Ja.«
»Daher die Jeans?«
»Tja, ich hab ein Kleid anprobiert«, gab Cerise zurück. »Es stand mir auch ganz gut, also hab ich’s lange genug angelassen, um ein Foto davon zu machen, und dann wieder ausgezogen. Es sieht sehr hübsch aus, wie es so im Schrank hängt.«
Rose sah sie an. »Würden Sie mich kurz entschuldigen?«
»Klar.«
Fünf Minuten später tauchte Rose in abgetragenen Jeans, T-Shirt und mit zwei Flaschen Bier wieder auf. »Die habe ich aufgehoben. Sie stammen noch aus dem Broken.«
Sie ließ die Verschlüsse knallen und reichte Cerise eine Flasche. Dann stießen sie klirrend an und tranken.
Nach einer Weile erschienen die Jungen und Lark zwischen den Bäumen.
»Mein jüngster Bruder hat gestern einen Luchs gerissen«, erzählte Rose. »Anscheinend war er in sein Revier eingedrungen und hatte seine Duftmarke hinterlassen. Er hat das Tier gehäutet, sich mit seinem Blut beschmiert und sich das Fell wie einen Umhang über die Schulter gelegt. So ausstaffiert kam er dann zum Frühstück.«
Cerise trank Bier. »Meine Schwester tötet kleine Tiere und hängt ihre Kadaver in einen Baum, weil sie sich für ein Monster hält und fest daran glaubt, dass wir sie früher oder später aus dem Haus werfen. Die Tiere sind ihr Essensvorrat. Für alle Fälle.«
Rose blinzelte. »Verstehe. Ich schätze, wir werden gut miteinander auskommen, wie?«
»Ja, ich denke schon.«
Und im Grunde kamen sie gut miteinander aus. Mittlerweile teilten sie sich das Babysitten: ein Wochenende
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