Landleben
eine
aufgeregte, überintellektuelle Ausgangsstellung, die Füße
weiter auseinander und wieder näher zusammenschie-
bend, eng und offen der Stand, während der Schläger unsi-
cher umfasst und wieder neu umfasst wird – ein Fehlschlag
scheint zunehmend sicherer; der ernste Gavin Rust ein
eher komisches Hinhocken in letzter Sekunde, nach einer
Serie feierlichen Wippens mit geschlossenen Knien; der
vorsichtige Caleb Eppes ein überlangsames Zurücklehnen
wie der Tin Man nach einer Regennacht; der reizbare Co-
rey Cogswell ein unverbesserliches Aufblicken und dann
ein Hagel von Flüchen auf sich selbst, nach einem in der
Bewegung abgebrochenen Schlag – und so weiter. Seine
männlichen Freunde sind für Owen zu neunzig Prozent
Swings, er weiß so gut wie nichts über ihre beruflichen
Tätigkeiten oder über ihre religiösen Überzeugungen, die
den Rahmen für ihr Wohlbefinden abgeben, oder von den
erotischen Abenteuern, die sie in ihre gegenwärtigen häus-
lichen Situationen gesteuert haben. Tatsächlich sind die
meisten heute noch mit den Frauen verheiratet, die sie in
den fünfziger Jahren geheiratet haben. Die meisten spre-
chen in dem singenden neuenglischen Tonfall und legen
die für die Region charakteristische spielerische Zurück-
haltung an den Tag, perfektioniert in Generationen engen Kontakts, während der proportionale Anteil Neuenglands
am Volksvermögen schrumpfte. Owens Mangel an Kennt-
nis dieser Einheimischen ist jedoch zum Teil Absicht, ihre
scheinbare Ausdruckslosigkeit hat mit etwas in ihm zu
tun, ist eine Sperre gegen Input. Er interessiert sich nicht
für sie, weil er, wie Julia festgestellt hat, ihre Frauen nicht
begehrt. Ihre Frauen sind zwitschernde Tucken, hagere
krächzende einstige Debütantinnen, munter, mit tadello-
sen Manieren und so gut eingepasst in diese Gesellschaft
wie die Teile einer gut konstruierten Maschine. In Middle
Falls, am äußeren Rand des Gebiets der Metropole, hatte
keine der Frauen richtig dahin gehört – alle wollten etwas
anderes, auch wenn es schwer zu sagen war, schwer auch
für sie, was sie wollten. Eine weit verbreitete Unzufrie-
denheit hatte die Stadt mit einer unberechenbaren, weh-
mütigen Betriebsamkeit erfüllt, ähnlich der, die Owen
von seiner Mutter kannte. Heranwachsend hatte er eine
Atmosphäre wie kurz vor einer Explosion geatmet; die Re-
volte der Frauen, die sich in den romantischen Comedies
im Scheherazade ankündigte, bedrohte den Frieden in sei-
nes Großvaters Haus. Seiner Mutter mit ihrem feuerroten
Haar hatte die Möglichkeit für den Ausbruch in die Frei-
heit gefehlt, die Frauen der sechziger und siebziger Jah-
re dagegen übten weniger Zurückhaltung. Frisch mit der
Pille versehen, durch frühe Heirat und Mutterschaft von
den wilden Partys ausgesperrt – Liebesperlen und Hosen
mit Schlag, Pofbuden und Rockkonzerte, Acid und Pot –,
die sie auf der anderen Seite der Generationsmauer hören
konnten, waren die Frauen von Middle Falls rastlos, witzig
und liebenswert.
In Haskells Crossing ist es Julia, die die Frauen liebt.
Sie findet in ihrer Gesellschaft Realität und Trost – beim Bridgespielen, in den Komitees, beim jahreszeitlich be-
dingten Kreislauf der Partys, alle von demselben würdevol-
len Familienunternehmen mit den gleichen sechs Sorten
Partyhäppchen beliefert. Julia passt da so nahtlos hinein,
dass Owen sich wie ein Ersatzteil vorkommt. Er ist der
Ehemann, ein Phantasiegebilde, das sie beschwören kann,
wenn sie mit Klempnern, Tischlern, Baumchirurgen und
Rasenpflegern zu tun hat. «Sie mögen es nicht, wenn sie
mit einer Frau verhandeln müssen», gesteht sie, «deshalb
sage ich, du hast dies und das gesagt, und schon hören sie
bereitwilliger zu.» Bei Julias Kaffeeklatsch treffen werden
Ehemänner als hinderliche Einrichtungen beschrieben, auf
komische Weise zerstreut und unfähig. Der Feminismus
hat einen fröhlichen Männerhass mit sich gebracht. Die
Weigerung der Männer, nach dem Weg zu fragen, wenn sie
sich verfahren haben, die Blindheit der Männer gegen die
simpelsten Fakten von Inneneinrichtung und Bekleidung,
die Unfähigkeit der Männer, zwischen Zinnien und Phlox
zu unterscheiden, oder zwischen Kühlschrank und Besen-
schrank, das Ungeschick der Männer bei den simpelsten
häuslichen Arbeiten und sogar, wenn der Wermut geflossen
ist, die sexuellen Forderungen der Männer, so ungeduldig,
primitiv und ohne Ausdauer – all dies wird fröhlich ver-
spottet. Die vornehme gesellschaftliche Oberfläche
Weitere Kostenlose Bücher