Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana
Schwüre wie „das machen wir niemals. Wer in die Natur zieht, muss mit der Natur leben“.
Hatten wir uns nicht über andere lustig gemacht, die sich einzäunten und gepflegte Gärten anlegten, als ob sie Klein-Deutschland-Idyllen importieren wollten? Ein Zaun ist spießig, kleinkariert, hässlich. Basta.
Bis die Wildschweine es übertrieben. Also ehrlich!
Der Einwurf, bei uns sei das ganz was anderes, versandete, mangels Argumenten, sehr schnell und es gab trotzdem den einfachen Beschluss: Wir wollen einen Zaun.
Das ist nicht so einfach im schönen überbürokratisierten Italien,
wo gewiss nicht einmal Goethes Zitronen einfach so blühen dürfen, wo sie wollen. Erst mussten wir einen Geometer, das ist eine Mischung aus Architekt und öffentlich vereidigten Sachverständigen, engagieren, der die geplante Strecke vermisst. Anschließend erstellt er ein imposantes sechsseitiges Gutachten mit hübschen Farbfotos auf denen man Bäume und Wiese,Wiese und Bäume sieht. Dieses reicht er mit dem entsprechenden Antrag bei der Kommune ein, die das Anliegen sorgfältig prüft und gegen die Zahlung von vielen Euro genehmigt. Dazu kommt das Honorar für den Geometer.
Als diese Prozedur endlich erledigt war, ging alles sehr schnell. Zwei Kilometer Weidezaun samt Pfosten gekauft, zwei Tore und zwei Türchen gebastelt, zwei Wochen Arbeit und schon waren wir eingezäunt.
Und wir hatten wie befürchtet, das Problem. Das grüne Drahtgeflecht ist zwar kaum zu sehen. Farblich passend zur Landschaft und weit weg vom Haus. Aber wir wissen eben, dass der Zaun da ist. Und immer wieder frage ich mich, sind die Wildschweine ausgesperrt? Oder sind wir eingesperrt? Kein schöner Gedanke.
Die Wildschweine sind auch unglücklich. Immer wieder rennen sie gegen den Zaun an nach dem Motto „Lasst uns hier rein!“ Unglaublich, wie sie entlang der Sperre wühlen und graben. Jeden Tag müssen wir den Zaun reparieren und verstärken. Nachbarn trösten uns, dass Wildschweine den Kampf nach einigen Wochen aufgeben. Hoffen wir’s.
Wir haben dann noch viele Schilder gemalt, die den Zaun entlang auf das nächste Tor oder Türchen weisen. Unverschlossen natürlich. Die einheimischen Jäger würden ein Durchgangsverbot als sehr unfreundlichen Akt empfinden. Zu Recht, finde ich. Wir sind hier die Gäste.
Unabhängig davon müsste man sich das Jagdverbot sehr teuer bei der Kommune erkaufen.
Wollen wir gar nicht. Schließlich sind wir große Freunde von Wildschweinsalami und Wildschweinschinken.
Und Wildschweinfleisch. Die netten Jäger bringen ein großes Stück davon als Dankeschön für die Tore vorbei.
Hier mein Lieblingsrezept für Gulasch.
Ein Kilo Fleisch in große Würfel schneiden und über Nacht mit zwei Rosmarinzweiglein und einigen Thymian-Stängeln marinieren. Am nächsten Tag abgießen und abtrocknen.
Zwei bis drei Zwiebeln grob und fünf Knoblauchzehen fein würfeln, drei Stangen Sellerie und drei Karotten in Scheiben schneiden. Zwei Zweige Rosmarin fein wiegen und alles mit zwei Lorbeerblättern und drei bis vier Esslöffeln Olivenöl in einer großen Pfanne oder in einem Schmortopf kurz andünsten. Die Fleischwürfel zugeben und auf großer Flamme anbraten. Mit Salz und Chili würzen, ein Glas Rotwein und 4 gewürfelteTomaten zugeben. Falls notwendig ein wenig Fleischbrühe zugeben.
Auf kleinster Flamme zwei Stunden köcheln lassen. Dreißig Minuten vor dem Servieren schwarze entsteinte Oliven unterrühren und das Gulasch mit Muskatnuss abschmecken.
Wer mag, gibt noch einen Becher saure Sahne zu.
Der Dachs hat es besser bei uns als die Wildschweine. Nachdem die Familie feststellte, dass der Zaun quer durch ihr Territorium läuft, hat sie einfach einen weiteren Ausgang jenseits der Barriere gegraben. Dachse sind sehr höflich und überlassen die obere Etage ihrer Behausung, ohne erkennbare Gegenleistung, gerne einer Fuchsfamilie. Für die liegt der Haupteingang praktischerweise gleich neben dem Komposthaufen, den sie gerne nach Essbarem durchstöbern. Ratlos lässt sie jedoch die Toilette ihrer WG-Kollegen. Nur ein paar Meter neben dem Eingang hat Familie Dachs ein tiefes Loch gegraben und als WC genutzt. Als es vor drei Tagen voll war, gruben sie direkt daneben ein neues.
XLIII
Es ist wieder Zeit, „Holz zu machen“ . Und damit Zeit, Marcello zu besuchen. Die Kette einer Motorsäge muss
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