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Lange Finger - flinke Beine

Lange Finger - flinke Beine

Titel: Lange Finger - flinke Beine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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zu ihnen. »Alles okay!« sagte er leise.
    Cäsar ging auf de la Monte zu und stieß ihn sanft mit dem Lauf der Pistole in den Bauch.
    »Seien Sie ein Vorbild! Raus mit der Brieftasche, der goldenen Uhr und dem diamantbesetzten Medaillon, das Sie auf Ihrer mageren Brust tragen!«
    De la Monte rang nach Luft, seine Augen suchten seine Frau, die in dieser Sekunde unauffällig die schwarzen Perlen im Ausschnitt ihres weißen Kleides verschwinden ließ. Als er allerdings den Harlekin Barbarossa auf einen Stuhl klettern sah und das Geräusch des Durchladens der Maschinenpistole hörte, erstarb in ihm der Anflug von Widerstand.

    Drei Minuten waren vergangen, als Cäsar auf Madame de la Monte zutrat.
    »Ein hinreißendes Kleid«, sagte er, und man hörte trotz der Maske, daß er es mit einem anzüglichen Lächeln sagte.
    »Seit wann haben Gangster Geschmack?« fauchte ihn Christine de la Monte an.
    »Wie nicht alle Millionäre Geschmack haben, Gnädigste, so gibt es im Gegensatz hin und wieder Gangster mit Geschmack.« Cäsar hielt ihr die Hand entgegen. »Darf ich bitten!«
    Christine streifte zuerst ihren Trauring, dann einen hochkarätigen Brillantring vom Finger.
    Cäsar reichte ihr den Trauring zurück. »In Kleinigkeiten bin ich großzügig. Geben Sie mir dafür Ihre schwarzen Perlen.«
    Christine de la Monte war zusammengezuckt, ihre Augen hatten sich vor Schreck und Angst geweitet, und ihre Vorstellung jetzt war schlechtes Theater.
    »Ich verstehe kein Wort«, stieß sie schrill hervor. Sie legte ihre Rechte an den Hals und fragte: »Von welchen Perlen sprechen Sie?«
    »Teuerste!« zischte Cäsar sie ungehalten an und fuhr so laut fort, daß alle ihn hören konnten: »Damen, die Schmuck in ihren Kleidern verschwinden lassen, nehmen wir im ganzen mit!« Wieder zu Christine de la Monte gewandt: »Es wird mir ein Vergnügen sein, Sie als erste im Wagen zu verstauen.« Wieder streckte er ihr die Hand zu: »Ein letztes Mal — bitte!«
    Die Frau des Hosenfabrikanten drehte ihm den Rücken zu und begann in ihrem Ausschnitt zu nesteln. Als sie ihm die schwarzen Perlen reichte, zitterte ihre Hand. »Dafür werden Sie büßen, mein Lieber!«
    »Selbstverständlich«, nickte Harlekin Cäsar. »Alles zu seiner Zeit. Vielleicht dauert es mit dem Büßen auch ein bißchen länger, die Aufklärungsquoten sind nicht die allerbesten.«

    Nur noch wenige Momente blieben den Harlekinen, wollten sie den Rahmen ihres Zeitplanes nicht sprengen. Es war 21 Uhr 24, als Cäsar laut rief: »Es ist Zeit!«
    Er und Barbarossa tauschten Platz und Waffen.
    »Bitte, meine Damen und Herren, legen Sie sich flach auf den Rücken. Das verschafft unserem Rückzug etwas mehr Sicherheit!«
    Fast eine Minute verging, bis auch der letzte der Aufforderung nachgekommen war. Cäsar gab das Zeichen zum Aufbruch. 21 Uhr 26 hatten die Harlekine Otto, Barbarossa, Titus und Napoleon das Haus verlassen. Nur Cäsar stand nach wie vor mit der Maschinenpistole im Anschlag auf dem Stuhl.
    21 Uhr 28: Cäsar sprang vom Stuhl, ließ die Maschinenpistole (Attrappe) fallen und stürmte mit Riesenschritten in Richtung Küche. Als die ersten Opfer begriffen, daß der Spuk zu Ende war, riß Cäsar bereits die Tür zur Garage auf. Augenblicke später hatte ihn die Dunkelheit des Parks verschluckt...

Ein später Gast

    Während Otto im Höchsttempo der Tiefgarage in unmittelbarer Nähe des Ministeriums zustrebte, fuhren die vier anderen Harlekine in östlicher Richtung davon. Genau um 22 Uhr erreichten sie das leerstehende Landhaus des Seifenfabrikanten Lohner, der auf Ibiza das Ende der hiesigen kühlen Jahreszeit abwartete. Hier würden sie nach Ottos Eintreffen im Laufe der Nacht die Beute sichten und schätzen und von hier am folgenden späten Nachmittag die Heimreise antreten. Das heißt bis auf Titus, der direkt nach Antwerpen zu einem Hehler fuhr, bei dem sie, wie üblich, ihre Beute zu einem vernünftigen Preis absetzten.
    Zehn Minuten früher als sie erreichte Otto sein Ziel. Im eleganten Smoking, mit zwei Dutzend Rosen in der Hand, steuerte er der Villa zu. Stutzte auffällig beim Anblick der zahlreichen uniformierten Polizisten und tat erschreckt, als sich ihm einer davon in den Weg stellte, als er den Vorgarten betreten wollte.
    »Um Gottes willen, was ist denn hier los?« stieß er hervor. »Ich kann Sie im Augenblick leider nicht durchlassen, mein Herr«, sagte der Uniformierte ebenso höflich wie bedauernd.
    »Was heißt das, >nicht durchlassen