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Lange Finger - flinke Beine

Lange Finger - flinke Beine

Titel: Lange Finger - flinke Beine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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fertig und hält mich für einen Feigling. Na, wer will das schon, was?«
    »Dann hole ich ihn jetzt.«
    »Ich bitte darum.«

    Es war nicht zu leugnen, der Ex-Staatssekretär machte auch jetzt eine gute Figur. Seine Bewegung, sein Kopfnicken hatten etwas Aristokratisches. Und als er Hiller die Hand hinstreckte und sagte: »Aber bitte, behalten Sie doch Platz, Herr Hiller!«, da konnte man glauben, nicht er sei der Besuchte, sondern der Zeitungsmann.
    Er setzte sich Fred Hiller gegenüber und schlug die Beine übereinander.
    Hiller holte ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche, öffnete es und reichte es seinem Visavis.
    »Darf ich Ihnen...«
    Der Häftling wehrte mit freundlicher Geste ab. »Danke, ich bin Nichtraucher!« Als er sah, daß Hiller die Zigaretten wieder zurückstecken wollte, sagte er: »Sie können gern rauchen, es stört mich nicht.«
    »Ich bin ebenfalls Nichtraucher. Ich hatte sie nur Ihretwegen gekauft.«
    »Sehr freundlich!« nickte der ehemalige Beamte, und plötzlich streckte er die Hand aus. »Lassen Sie sie hier. Es gibt eine Menge armer Teufel, die mit ihrem Vorrat nicht auskommen.«
    »Sie scheinen wirklich ein Menschenfreund zu sein«, meinte Hiller und lächelte. Dann erinnerte er sich plötzlich der Kürze der Besuchszeit und kam geradewegs zur Sache:
    »Wir haben fürs erste leider nur eine halbe Stunde bewilligt bekommen. Dürfte ich gleich zum Grund meines Besuchs kommen, Herr...«
    Der andere hob die Hand. Entgegenkommend, jedoch bestimmt bat er: »Bitte keinen Namen...«
    »Aber mit irgendeinem Namen muß ich Sie doch benennen...«
    »Nennen Sie mich Otto.«
    »Otto?«
    »Ja, so wie man mich bei all den kleinen Expeditionen nannte.«
    »Aber gern — Otto!« nickte Hiller, sichtbar amüsiert. »Betrachten Sie den Otto als meinen Künstlernamen«, empfahl Otto. Dann rieb er sich die Hände, sah zum vergitterten Fenster und sagte:
    »Ein kühler Tag heute...«
    »Ein ungemütlicher Tag!« pflichtete Hiller bei.
    »Ihre Zeitung möchte also eine Reportage über die Verirrungen meines Lebens veröffentlichen.«
    »Ganz recht. Und wir sind Ihnen sehr dankbar für Ihr Einverständnis, Herr... « Hiller schluckte den Namen gerade noch rechtzeitig hinunter und ergänzte ihn durch »Otto«. »Fein, dann schießen Sie mal los mit Ihren Fragen.«
    »Sie haben beispielsweise während der Gerichtsverhandlung nie Antworten auf zwei Fragenkomplexe gegeben: Einmal blieben Ihre Mittäter bis zum heutigen Tag unbekannt...«
    »... und werden es auch weiterhin bleiben!« warf Otto lächelnd ein.
    »Und zum anderen hüllten Sie sich über Ihre Motive in Schweigen. Wie kommt ein hoher, finanziell unabhängiger Staatsbeamter dazu, unter die Räuber zu gehen?«
    »Ich bin nicht sicher, ob Sie meine Antwort befriedigt.«
    »Versuchen Sie es.«
    »Begonnen hat es mit Diskussionen unter Freunden. Unter alten Freunden. Es ging um Kriminalität, ihre Ursprünge, Umfänge und Aufklärungsquoten. Nicht nur hier in diesem Lande, nein, überall in der Welt. Wir sprachen über große und kleine Gauner, über kluge und weniger kluge. So zog dann ein Wort das andere nach, und schließlich waren wir mittendrin in der Planung einiger Ereignisse, die man mit Fug und Recht als kriminell bezeichnen kann.«
    »Sie sagen immer >wir<. Der Kopf der Planung waren doch Sie allein.«
    »Das lag einzig und allein daran, daß ich aufgrund meiner gesellschaftlichen Stellung den besten Überblick besaß und über die interessantesten Informationen beziehungsweise Informationsquellen verfügte.«
    »Liege ich richtig, Herr... Otto, wenn ich vermute, daß Ihre Komplizen...«
    Otto schüttelte mißbilligend den Kopf. »Welch ein schreckliches Wort.«
    »...nun, dann die anderen freien Künstler, ebenfalls einen Künstlernamen besaßen?«
    »Da liegen Sie durchaus richtig. Und auch diese bewegten sich durchweg auf höchster Ebene. Sie alle trugen wie ich die Namen gekrönter Häupter.«
    »Ich würde bei meiner Reportage gern den umgekehrten Weg gehen. Also nicht mit dem ersten, sondern mit dem letzten...«
    »...vorläufig letzten!« unterbrach Otto lächelnd. »Natürlich, mit dem vorläufig letzten Fall beginnen. Mit anderen Worten...«
    »Mit anderen Worten, Sie möchten die Geschichte des Faschingsballs hören.«
    »So ist es. Auch dann, wenn gerade dieser Fall besonders schmerzliche Erinnerungen in Ihnen wachrufen wird.«
    »Aber, aber... das ist halb so schlimm. Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich bei meinem Bericht ein wenig auf

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