Langenscheidt Hund-Deutsch, Deutsch-Hund

gerade gut genug – liegt sie auch 600 Kilometer oder noch weiter entfernt … Komischerweise fällt der Abholtag immer auf einen Samstag. Es scheint eine Art „Welt-Welpen-Abholtag“ zu geben, den „WWA“ sozusagen.
    Da die wenigsten Welpen bereits beim Züchter ans Autofahren gewöhnt wurden und manche sie vor der Fahrt noch einmal füttern, wissen die neuen Hundehalter in aller Regel nach 15 Minuten, wie sich Welpenerbrochenes anfühlt. Und zwei Tage später erinnert man sich auch noch an den Geruch. Dabei glaubte man, jedes noch so kleine bisschen aus den Ritzen der Autositze entfernt zu haben.
    „Keine Panik, das tut der Liebe absolut keinen Abbruch. Winsele danach einfach intensiv, dann darfst du auf den Schoß von Frauchen. Ignoriere aber gekonnt, was sich unmittelbar danach im Auto abspielt: Denn ab jetzt wird sie an Herrchens Fahrstil herumkritteln. Für dich ist das die erste kleine Übung, bei den passenden Gelegenheiten wegzuhören. Das wirst du später im Park sicher noch öfter tun, wenn dich die Menschen zurückpfeifen wollen, während du gerade ‚Fang den Jogger‘ spielst.“
    Um dem lieben Kleinen die Ankunft so schön wie möglich zu gestalten, haben die frischgebackenen „Hundeeltern“ zu Hause natürlich schon alles längst vorbereitet. Selbstredend wurden alle informiert, damit am „WWA“ der süße Welpe auch gebührend empfangen wird. Und so warten inzwischen folgende Personen ungeduldig auf die Rückkehr der stolzen Welpenbesitzer und deren „Nachwuchs“:
    Alle Kinder aus der Nachbarschaft – mindestens aber 34 an der Zahl, denn der Welpe soll sich von Anfang an gut an Kinder gewöhnen.
    Jedes dieser Kinder hat ein lärmerzeugendes Spielzeug dabei. Der Hund soll sich ja nicht nur an Kinder gewöhnen, nein, er soll auch von Beginn an laut spielende Kinder schätzen und lieben lernen. So stehen also bereit: Fahrrad mit Klingel, Babyrasseln, Knallerbsen, Luftballons, Spielzeugpistolen, Schiedsrichterpfeife, Trompete, gasbetriebene Hupe (kennt man von den Fußballspielen), batteriebetriebener CD-Player, CD von Tokio Hotel und natürlich ein Schlagzeug ...
    Alle Nachbarn, mindestens aber 13 Personen, die bereits seit Stunden warten. Wer hätte denn damit rechnen können, dass so ein bisschen Welpenerbrochenes zu einer mehrstündigen Fahrtpause führt? Die Nachbarn haben die Wartezeit aber für eine spontane Feier mit reichlich Alkoholkonsum genutzt. Auf diese Weise kann der Welpe gleich lernen, dass sich alkoholisierte Menschen nicht automatisch negativ verhalten.
    Mutter und Vater mütterlicherseits. Schließlich sollen die aufpassen, wenn die Familie in den Urlaub fährt.
    Mutter und Vater väterlicherseits. Schließlich sollen die ja aufpassen, wenn die anderen Großeltern nicht können ...
    „... oder ihnen etwas zustößt! Seien wir doch mal ehrlich!“
    Die beste Freundin, die unter einer Hundephobie leidet. Sie soll vom ersten Tag an Freundschaft mit dem Welpen schließen und noch Jahre später davon berichten, dass ER es war, der sie geheilt hat.
    Der beste Freund, der allergisch auf Hundehaare reagiert. Bei dem neuen Wollknäuel wird er schon merken, dass der damalige Anfall von akuter Atemnot mit darauffolgendem Luftröhrenschnitt im Notarztwagen plus dreitägigem Aufenthalt auf der Intensivstation rein psychosomatischer Natur war.
    Endlich zu Hause angekommen, fällt die Begrüßung durch das Empfangskomitee doch weniger stürmisch aus, als zu befürchten war – denn der Welpe ist von der langen Fahrt so erschöpft, dass er eingeschlafen ist. Und zwar so tief und fest, dass er all die „Ohs“ und „Ahs“ und „Der ist ja süüüß“ gar nicht mitbekommt. Selbst, dass die Menschen bereits am ersten Tag versuchen, dem Hund kahle Stellen ins Fell zu streicheln, bleibt vom Neuankömmling ungewürdigt.
    Nachdem alle Menschen, außer die Omas und Opas natürlich, wieder von dannen gezogen sind und der Welpe im Wohnzimmerkörbchen deponiert wurde, geschieht das Sensationelle: Er erwacht. Endlich lernt das Tier seine neue Heimat kennen. Doch noch bevor der Welpe sich aufmacht, all die Dinge zu würdigen, die Sie extra für ihn erworben haben, entscheidet er sich für einen winzig kleinen Schnüffler am Teppich und für einen umso größeren See auf demselben. Spätestens jetzt wissen alle Beteiligten, dass Welpen direkt nach dem Schlafen mal müssen.
    Nun wird der Welpe in den Garten gebracht. Die ganze Familie fiebert förmlich dem ersten Haufen des eigenen Hundes